Der höchste Stubaier Gipfel, das Zuckerhütl, ist des Winters als Schitour recht einfach vom Stubaier Gletscherschigebiet aus zu erreichen. Es kann mit Hilfe der Lifte als Tagesziel leicht absolviert werden, wobei man gar nicht als Erster die Gondelbahn erstürmen muß.
Der Aufstieg ab dem Hochpunkt am Eisjoch (3.155 m) mit der Abfahrt zum Tiefpunkt, zum eigentlichen Beginn der Schitour auf den Gipfel nimmt etwa zweidreiviertel Stunden in Anspruch. Sofern man verkühlt ist und unentwegt husten muß, wie die Attacke den Autor tags zuvor heimgesucht hat. Sonst geht es auch schneller. Am Eisjoch fällt das Ziel als imposante, rundliche Pyramide gegen den leichten Südosten sofort ins Auge, ebenfalls ihre nicht unbeeindruckende Nordostflanke, die den alpinen Abschluß bildet.
Angesichts des atemberaubenden Preises der Schitourengeherkarte würde man, selbst wenn nicht am Hungertuch leidend, die Tour mit den Gletscherbahnen nicht unternehmen, es sei denn im Rahmen eines Betriebsausflugs. So kam der Autor nach 45 Jahren seit der letzten Besteigung wieder zur Ehre, den höchsten Stubaier bequem begehen zu dürfen.
Die Erinnerung an die erste Begehung begann bereits an der Talstation des Schleppliftes, hinter dem damals über ein ruppiges Eisfeld zum Tiefpunkt abgefahren wurde. Heute steht ein Angestellter der Gletscherbahnen dort und weist die richtige Route auf dem schmalen vereisten Schneeband hinab in den Kessel unterhalb des Pfaffenferners.
Der Tiefpunkt auf etwa 2.840 m stellt eine markante Seitenmoräne dar, deren oberste Kante im völlig miserablen Winter 2024/25 nicht annähernd zugedeckt wurde, ja für die man ca. 20 m weit im Geröll auf den Auffellplatz dahinter abschnallen muß. Dort fellten wir auf und querten den Fernerkessel auf dem Südhang mit in starr gefrorenem Altschnee der bereits von dutzendfacher Umwandlung gequält wurde.
An der Geländestufe auf den flachen Ferner hinauf besserte sich die Schneeoberfläche durch den kleineren Einstrahlwinkel merklich. Hart blieb der gesamte Aufstieg bis zum Schidepot am Pfaffensattel.
Die knappen 800 m zum Pfaffenjoch ziehen sich länger, als das mit der Einschätzung nach der Geländestufe erwarten ließe. Der ebenfalls als flach erscheinende Anstieg erstreckt sich immerhin über 200 hm und mit einer Neigung von 15°. Wir ließen die Sicherungsmittel im Bus, da Anfang März und bei der zu erwartenden Frequentierung die zusätzliche Last entfallen durfte.
Die wenigen Spalten, die es im obersten Teil heute noch gibt, sind unsichtbar unter der Schneedecke verborgen, über die die Aufstiegsspur bereits Hunderte Male begangen wurde.
Am Pfaffenjoch überraschte den Autor der freigelegte Felsriegel quer hinüber zum Aperen Pfaff. Diese hat es damals noch nicht gegeben, soviel das Erinnerungsvermögen hergab. Der Übergang ist kurz und vereist, sodaß hier Vorsicht zwischen den Felsblöcken ratsam ist.
Nach der sehr kurzen Querung durch die Blöcke setzt die heutige Routenführung recht hoch an der steilen Nordflanke des Pfaffenkogels an. Früher ist man gefühlsmäßig eher weiter im Becken darunter weiter aufgestiegen, hat einen weiteren Bogen im oberen Sulzenauferner vollführt, bevor auf den Pfaffensattel aufgestiegen wurde.
Möglicherweise diente früher der Sommeraufstieg auch als Vorgabe für die Schitour, denn im Sommer müßte man bei der als Schitour heutigen engen Umrundung der Nordflanke des Zuckerhütls auf blankem Eis und zwischen Spalten aufsteigen.
Nach der Nordflanke des Pfaffenkogels erreichten wir den flachen Teil des oberen Sulzenauferners, von dem aus die Nordwand des Zuckerhütls gut zu studieren war. Am Aufstieg durch die flache Zone dominierten Harsch und Windgangln die verwehte Spur vor uns. Immer wieder jedoch trafen wir die kleinen Kerben der Schikanten an, die unsere Vorgänger in die harte Oberfläche gesägt hatten.
Für die Schitour auf das Zuckerhütl avancierten die Harscheisen zu einem unverzichtbaren Ausrüstungsgegenstand, den wir gleich nach dem Felsübergang am Pfaffenjoch wieder montierten und nun im Flachteil wieder demontierten.
Diesen Fehler büßten wir mit dem Abrutschen auf dem steiler werdenden Hang zum Pfaffensattel hin, Lukas rodelte sogar einige Meter abwärts und hatte Mühe mit der Bremsung. Über eine kleine Strecke half dort nur noch der Talstock als Sicherung für den Vorderschi.
Der stetige Föhn, neben der Schneearmut ebenfalls ein lästiger Begleiter des heurigen Winters, verstärkte sich um den Pfaffensattel herum zusehends, sodaß auch die Windgangln gegen die Jochhöhe hin an Profil zulegten.
Am Schidepot gibt es am Sattel keine Deckung vor dem Wind, daher rammten wir die Schi tief ein und rüsteten uns für den Aufstieg in der Ostflanke.
Auch hier scheint es aus der Erinnerung eine Veränderung insofern zu geben, als daß man früher eher direkt den Ostgrat genommen hat, hingegen sich der Aufstieg heute eher etwas nördlich der direkten Ostflanke abspielt.
Möglicherweise durch die Ausaperung der Ostflanke bedingt, wobei der Felsanteil damals auch schon höher war als beim heutigen Anstieg.
Also unternimmt man im Anstieg mit Steigeisen zuerst eine gewisse Strecke nach Nordwesten, bevor sich zwischen Ost und Nordanstieg dem Blick steil nach oben eine Schneeschneise öffnet, die bis zu den Gipfelfelsen völlig im Schnee verbleibt. Steigeisen und Pickel reichen für den Aufstieg über die durchschnittlich 50° steile Flanke aus. Der Aufstieg erfolgt in weichem Schnee mit unzähligen Stapfen, von denen man die tragfähigsten aussucht. Der Pickel in seitlich härteren Partien sichert den Schritt ab.
Das Zusammentreffen mit anderen Auf- und Absteigenden hielt sich in vernünftigen Grenzen, so konnte jeder sicher steigen. Bei den Gipfelfelsen oben harrte ein Sichernder lange aus, weil sich jeder an seinem Seil festhielt. Er möge es einziehen, sonst stehe er noch zwei Stunden, rieten wir ihm beim Abstieg und halfen ihm beim Abwurf etwas tiefer die Verhedderungen auszuschütteln.
Mit dem plagenden Husten keuchte der Autor seinen Bergkameraden hinterher, die, am Gipfel den Föhnböen ausgesetzt, zwischenzeitlich die Aussicht genossen. Ein Gipfelbild gab es dann von der gesamten Truppe durch einen dritten Kollegen, der ebenfalls auf seine Kollegen wartete. An die Einnahme von Höhenmedizin war nicht zu denken, Wind und Andrang ließen erst gar nicht die Idee zu diesem wichtigen Brauch aufkommen.
Wie könnte die Aussicht vom höchsten Gipfel eines Alpenbereiches besser beschrieben werden als mit der Eigenschaft „phänomenal“. Knapp 3.500 Gipfel zählt der Peak Finder vom Zuckerhütl aus als sichtbar, wobei die weitest entfernten Gipfel über 180 km entfernt sind.
Im Süden findet sich der Monte Cevedale in den Ortler Alpen, in den Ötztaler Alpen der Granatenkogel und alle Gipfel der Venter Runde, Similaun, Finailspitze und Weißkugel. Die Abrundung bildet in den hohen Ötztaler Alpen die Wildspitze.
Im Westen bildet der Wildgrat den Abschluss der Ötztaler Alpen. Die Parseierspitze, links des Wildgrates, eröffnet die schönen Gipfel in den Lechtaler Alpen. Im Nordwesten finden sich die nördlichen Stubaier Alpen mit dem Breiten Grieskogel und dem Schrankogel.
Zwischen beiden lugt die Gartnerwand durch, die in unmittelbarer Nähe des versteckten Roten Steins liegt und eine bärige Umrundung des Fernpasses vom Loreakopf bietet.
Von den nördlichen Stubaier Gipfeln seien hier als schöne Schitouren zu nennen:; Hoher Seeblaskogel, Zwieselbacher Rosskogel, Lüsener Spitze, Lüsener Fernerkogel und Ruderhofspitze. Mit der Schlicker Seespitze schließen die nordöstlichen Stubaier Gipfel ab.
Im Nordosten erheben sich jenseits der Furche, die das Inntal markant bildet, die Karwendelgipfel, von denen eine große Zahl hier beschrieben ist, beispielsweise die Schitour auf den Pleisenspitze.

Blick durch das Stubaital mit Schlicker Seespitze links und dahinter das Karwendel; rechts der Habicht und die Wetterspitzen
Im Nordosten schließlich die Unzahl an schönen Schitouren in den Tuxer Alpen, gut sichtbar davon der Rastkogel. Dahinter noch die Schitouren auf die Alpbacher Gipfel der Kitzbüheler Alpen mit dem Großen Galtenberg als höchsten Vertreter.
In einer Linie finden sich im Osten der Wilde Pfaff gegenüber dem Pfaffensattel, dahinter der Wilde Freiger und in 40 km Entfernung der Olperer sowie der Kleine Kaserer und in 7 km Entfernung die beiden Feuersteine.

Blick auf den Wilden Pfaff im Vordergrund, dahinter der Wilde Freiger, im weiteren Hintergrund der Olperer und der Zillertaler Hauptkamm
Der Großvenediger in 92 km Entfernung rechts neben dem Olperer wird gegen Südosten hin von Großglockner und dem Großen Möseler abgelöst, dann kommen Hochferner und Hochfeiler, die höchsten Zillertaler Gipfel, anschließend folgen die Pfunderer Berge und die Dolomitengipfel.
Weiter führt die Schau zur Hohen Kreuzspitze in Südtirol, auch der Piz Boè, Gipfelziel des letztjährigen Betriebsausflugs ist deutlich zu erkennen.
Südöstlich gegenüber im Südgrat vom Wilden Pfaff aus bietet sich ein schöner Blick auf die Sonklarspitze, die nach dem Militärgeologen von Sonklar benannt ist und auf die eine unvergessliche Schitour ebenfalls vom Eisjoch aus über den bärigen Triebenkarferner führt.
Am Abstieg gab es natürlich wieder Gegenverkehr, da auch nach der Mittagszeit noch recht viele Gruppen sogar tief unten am Sulzenauferner aufstiegen. Mit etwas Wartezeitklappte der Abstieg auch in der engen Stelle, wobei sich die Gruppen nicht ganz einig waren und erst ein Vorschlag unsererseits den unbeweglichen Knoten auflöste.
Das Seil des Sichernden, der als letzter Absteigender nochmals Stand machte, baumelte zwischen allen Gruppen hindurch, nachdem wir es an der Engstelle entwirrten.
Solche Aktionen geben meist Anlass, sich rasch von der Stelle zu entfernen, da nicht klar ist, was geschieht. Alle kamen jedoch gut hinauf bzw. wir hinab und für die Sicherungsspende bekam der Sichernde am Pfaffensattel von uns eine Gipfelmedizin.
Die Abfahrt vom Pfaffensattel zum Pfaffenjoch, bei dem der Autor saftig ausrutschte und ohne Blessuren davon kam, kann mit ruppig, hart und wenig erbauend beschrieben werden.

bei diesen Steigungsverhältnissen läßt es sich bequem ohne Verrenkungen durch die Beine fotografieren
Diese Beurteilung verdiente sich auch der Pfaffenferner, wobei mit etwas weniger Windeinfluß zumindest die Windgangln großteils seicht und somit halbwegs ohne Kraftanstrengung befahrbar waren.
Der Gegenanstieg vom Punkt 2.840 m zum Schlepplift Gaiskarferner bedingt ein nochmaliges Auffellen und den Aufstieg über knapp 80 Hm, um wieder ins Gletscherschigebiet zu gelangen.
Die Abfahrt über die sogenannte Wilde Grube sollte bei dieser Schitour nicht versäumt werden, sie führt durch ein wahrlich wildromantisches Tal nördlich der Dresdner Hütte zur Talstation.
Hierzu fuhren wir nach dem Bier in der Jochdohle über den Windacher Ferner zum Sessellift ab und vom Grat am Fuße der Stubaier Wildspitze über den Daunkogelferner direkt zur Einfahrt der Wilden Grube. Die Abfahrt vom Grat der Stubaier Wildspitze bis zum Parkplatz Mutterbergalm ist mit 1.680 Hm grandios.
Gesamt hatten wir für die schöne Schitour 4:20 Stunden benötigt. Der Gesamtaufstieg beträgt nach Messung mit der Bergsteigeruhr 780 Hm, nach der Karte 740 Hm. Die Strecke ist mit 3,6 km kurz.
Mils, 08.03.2025