Schitour Granatenkogel, 3.304m

Mächtig erhebt sich der Granatenkogel als Talabschluß des Ferwalltales, das von Obergurgl südostwärts zur Staatsgrenze verläuft. Die Schitour ist eine anspruchsvolle, rassige Hochtour mit verhältnismäßig kurzem Anstieg bis zum Hauptteil, dem Steilhang am Ende des Ferwalltales und dem anschließenden Gipfelgrat. Ein mäßig Maß an alpinistischem Können sind in der Steilrinne und an Stellen am Grat gefragt und notwendig.

Granatenkogel Gipfel, 3.304m

Granatenkogel Gipfel, 3.304m

Der schöne Gipfel trägt nach der einheimischen Bezeichnung im Ötztal auch den Namen Granatkogel1 und trägt somit auch zu einem Teil der Geschichte der Besiedelung des Ötztals bei.
Vom Parkplatz der Festkogelbahn (gleich die erste Umlaufbahn im Ort links, für das Parken mußten wir nichts bezahlen; danke liebe Festkogelbahn; allerdings wäre bis 8 Uhr früh Parkverbot angeschlagen) nimmt man den Aufstieg auf der Piste und stellt möglicherweise fest, daß Harscheisen im April für diese erste Steilstufe sinnvoll wären. Die Rillen der Pistengeräte schaffen einen gefrorenen Untergrund der uns einige Mühe gemacht und ein paar Höhenmeter gekostet hat.

nach der Piste im Talmund des Ferwalltales

nach der Piste im Talmund des Ferwalltales, noch ist das Ziel nicht sichtbar

Nach Überwindung dieser Steilstufe (ca. 400Hm von 1.900m bis 2.300m) und Erreichen des Talmundes verläßt man das markierte Schigebiet, das Tal beginnt. Wir befinden uns auf der westlichen Seite des Tales und diese Seite ist die richtige oder die bessere. Alte Spuren ziehen sich auf dem mäßig geneigten Hang dahin, den man nun bis zur alten Zollwachehütte auf einer Strecke von ca. 2,2km begeht und dabei nur ca. 200Hm Höhengewinn verbucht.

das Ziel nun im Hintergrund sichtbar. Ein toller Anblick dieser mächtige Berg

das Ziel nun im Hintergrund sichtbar. Ein toller Anblick der mächtige Granatenkogel

Bei der Zollhütte befindet man sich auf 2.500m, zu Füßen liegt dem Alpinisten nun ein respektabler Steilhang mit einer Höhe von mehr als 500Hm, der in einer Scharte endet.

Die Kollegen und die Kollegin beim Aufstieg nach der Zollwachehütte

Die Kollegen und die Kollegin beim Aufstieg nach der Zollwachehütte

Der Steilhang stellt sozusagen die zweite Steilstufe im Anstieg mit Tourenschi dar. Seine Steilheit – aus dem TIRIS entnommen – beträgt:
– im unteren Teil unter 30° (in der Hangneigungskarte unten weiß)
– im mittleren Teil 30° bis 35° (in der Hangneigungskarte unten gelb)
– im oberen Teil wieder unter 35° bis 40° (in der Hangneigungskarte unten orange)

Aufsteig im mittleren Teil des Steilhanges, Christian spurt

Aufstieg im mittleren Teil des Steilhanges, Christian spurt

Der schwierigere Teil, bzw. der Teil mit der größten Neigung  und gem. TIRIS von mehr als 40° (in der Hangneigungskarte unten rotbraun) ist der Aufstieg durch die Steilrinne zur Scharte.

Ab hier beginnt die Steilrinne, Schi auf den Rucksack

Ab hier beginnt die Steilrinne, Schi auf den Rucksack

Der Höhenunterschied vom Ende des Hanges ab dem man die Schi abschnallen muß beträgt ca. 100m und die Kollegen bezeichneten sie in guter Laune als „Schnapper“. Oben erreicht man auf 3.076m eine kleine Scharte, die als Schidepot dient, wenn man nicht die Nordflanke abfahren will.

violett markiert in etwa die Aufstiegsroute durch den Steilhang bis zum Gipfel

violett markiert in etwa die Aufstiegsroute durch den Steilhang bis zum Gipfel

Man beachte diese Daten und auch die nördliche Ausrichtung des Hanges bis zur Scharte (der Grat zieht sich dann südöstlich zum Gipfel) bei der Tourenplanung.

in der Steilrinne

in der Steilrinne

Wir waren heute eine Gruppe von zehn – eine Dame unter uns – und benötigten für den zu spurenden Aufstieg von der Zollwachhütte bis zur Scharte ein dreiviertel Stunden.

in der Scharte - Schidepot

in der Scharte – Schidepot

Von der Scharte aus zieht sich der – in seinem Höhenunterschied nicht zu unterschätzenden – Gratrücken noch 225Hm bis auf den Gipfel des Granatkogels hinauf. Der Grat ist nicht besonders anspruchsvoll, der Aufstieg vollzieht sich zumeist auf der Westseite.

Gratpartie, zumeist auf der Westflanke

Gratpartie, zumeist auf der Westflanke

Jedoch erfordert er Trittsicherheit, teilweise steigt man in der schneebedeckten Flanke mit großer Hangneigung und ein Rutscher wäre verhängnisvoll.
Die mitgebrachten Steigeisen blieben heute ohne Einsatz, die Schneedecke war zwar recht harschig, erforderte diese Maßnahmen jedoch nicht.

Partei am Grat mit steiler Westflanke

Partei am Grat mit steiler Westflanke

Die Südströmung der Wetterlage förderte heute enorme Luftfeuchtigkeit in unser Tourengebiet und daher sind die Fotos allesamt von bescheidener Qualität. Feinteile von Saharasand verstärkten die diffuse Sicht. Dies trübte jedoch nicht die Freude über den Gipfelsieg, der um 10:30 Uhr gefeiert werden konnte. Der Aufstieg vom Parkplatz war in dreieinhalb Stunden geschafft. Am Gipfel herrschte mäßig starker, böiger Südwind.

der Autor am Gipfel, heute am Foto nur teilweise zu sehen - leicht ausreichend

der Autor am Gipfel, heute am Foto nur teilweise zu sehen – leicht ausreichend

Zwei Kollegen aus der Gruppe nahmen ihre Schi bis zum Gipfel mit, um über die Nordwestflanke abzufahren. Diese wird als Abfahrt, die nur bei absolut sicheren Schneeverhältnissen unternommen werden soll, beschrieben und Angaben über ihre Steilheit reichen von 45 bis 50°.

Blick zur Liebener Spitze, 3.400m

Gipfelkreuz Granatkogel und Blick zur Liebener Spitze, 3.400m

Während die beiden Kollegen mit einer anderen Gruppe von drei für die gemeinsame Abfahrt den besten Einstieg in der oben noch weniger steilen Nordflanke suchten, stiegen wir anderen wieder am Grat hinunter zum Schidepot. Am Abstieg konnten wir die fünf Abfahrer in der Nordflanke sehen. Der offensichtlich steilste Teil von der Kameraposition aus gesehen (siehe nächstes Foto) ist jener zwischen den beiden Gruppen. Dies bestätigten unsere Kollegen dann auch und waren unisono der Ansicht, daß die Abfahrt in keinem Teil an 50° heranreicht.

Blick zu den Kollegen in der Nordflanke, zwei bereits im Steilhang, drei noch in der Flanke oben

Blick zu den Kollegen in der Nordflanke, zwei bereits im Steilhang, drei noch in der Flanke oben

Die Abfahrt für uns am Steilhang war nicht viel weniger steil und zwischen den Felsen der Rinne im oberen Teil auch schmal. Trotzdem reicht die Breite für die vier, fünf Schwünge, die man braucht um wieder in den breiten Steilhang zu kommen völlig aus. Wir hatten auch keinen Gegenverkehr. An Tagen mit viel „Verkehr“ dürfte diese Rinne ein kleineres Vergnügen sein.

Abfahrt durch die Steilrinne

Abfahrt durch die Steilrinne

Die Abfahrt am Steilhang war im oberen Teil noch recht akzeptabel, im mittleren und unteren Teil brach man durch den Harschdeckel ein.

Abfahrt im Steilhang

Abfahrt im Steilhang

Im untersten Teil und im recht flachen Tal bis hinaus zu den Schipisten der Bergbahn konnte man es „laufen lassen“ und wir erreichten ohne zutun durch Anschieben wieder die Piste.

Ausfahrt durch das Ferwalltal

Ausfahrt durch das Ferwalltal

Wir sind um 6:45 vom Parkplatz losmarschiert und um 12 Uhr dort wieder angekommen, haben also mit ca. 15min Gipfelrast 5 1/4 Stunden benötigt. Die gesamte Höhendifferenz betrug 1.400m.

Mils, 02.04.2016

1 Granatkogel – diese Bezeichnung wurde dem Verfasser von einer Ötztaler Bergsteigerin als die „einheimische“ Bezeichnung mitgeteilt. Es darf angenommen werden, daß sie mit der Besiedelung des hinteren Ötztals in Zusammenhang steht, die von Südtirol aus stattgefunden hat. Im Passeier, bzw. in Südtiroler Internetberichten ist die Bezeichnung Granatkogel für den Granatenkogel weitläufig zu finden.

 

 

 

 

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