Die Alternative des Anstiegs auf den Hirzer über das Wattental stellt die zehn Kilometer lange Schitour über den Kolsassberg und das Hirzerkar dar. Diese Schitour ist um einiges länger und im Hochwinter stellt sie die zweifellos schattigere Variante dar. Im Frühjahr beschränkt sich die Abschattung nur auf ein kurzes Stück von etwa einer halben Stunde Gehzeit, bei dem Grat und Wildofengipfel am Morgen im Weg stehen.
Der nordseitige Anstieg durch das Hirzerkar läßt auch im Frühjahr noch auf gute Abfahrten hoffen und die unsere war phänomenal angesichts der Schneeverhältnisse ringsum durch die Wetterfront ein paar Tage zuvor.
Startpunkt des grandiosen Anstiegs ist der kleine kostenlose Parkplatz beim Fanghaus (Anm.: Haus (Wirtschaftsgebäude) innerhalb einer Einzäunung) am Weerberg auf 1.025m. Von dort gibt es des Winters eine Tragestrecke über ein paar hundert Meter der Straße entlang und im Frühjahr müssen die Schi unterschiedlich weit geschultert werden – in unserem Fall bis weit in den Wald, etwa 220Hm, knapp unter die Jagdhütte.
Ab dem Schranken wäre zwar am Weg noch über nennenswerte Strecken Schnee gelegen, jedoch häufig unterbrochen, sodaß ein ständiger Wechsel erfolgen hätte müssen. Die Strecken durch den Wald waren schon sehr mit Flechten, Nadeln und abgebrochenen Zweigen belegt, sodaß die Felle jede Menge Wald auf die Klebeseite aufnahmen – aber: ohne Fleiß kein Preis.
Den Waldanstieg ab der vorletzten Kehre zur Studlalm war einigermaßen gut gangbar, mit weniger Gehölz als die enge Waldstrecke vorher. Auf dem Weg wäre es noch besser gewesen, jedoch auch um einiges länger.
Beim Zaun zur Studlalm (1.500m) erreichten wir dann gute Schneeverhältnisse, hart, durchgehend und immer noch genügend hoch. Gleich nach dem Erreichen des Almweges öffnet sich auch ein schöner Blick auf das Tagesziel, dem Hirzer, der im Morgenlicht majestätisch in der Ferne aufragt und seinen schönen Nordhang zeigt.
Die Alm wird links liegen gelassen und dem Weg noch über die Alm hinaus weiter gefolgt. An der Kehre zur Alm führt die Tour dann rechts zum Sagbach hinein und über die Brücke auf die Westseite des Tales. Die Alternative wäre auf der Ostseite des Sagbaches zu bleiben und durch diesen Wald aufzusteigen. Dieser Anstieg ist aber schattiger und wurde von uns zur Ausfahrt genutzt.
Nach der Überschreitung des Sagbaches wendet sich der Aufstieg auf dem Almweg zur Sagalm etwas nach rechts und nach ca. 200m wieder nach links auf eine Art Damm hinauf, die bei unserer Begehung bereits in Sonnenlicht getaucht war.
Der Damm läuft nach Süden gegen eine kleine Jagdhütte hin aus und geht in den Hang über, der vom Poferer Jöchl herunterzieht und auf dem ein schöner Kiefernwald wächst, den man querend bis zum Talende durchschreitet.
Am Ende dieser Waldstrecke wird die Route leicht abschüssig und man verliert ein paar Höhenmeter. Diesem könnte man aber vorausschauend entgegensteuern indem weit genug in den Wald aufgestiegen und oben ein Weg erreicht wird (haben wir erst bei der Abfahrt gesehen). Allerdings muß dann eine Lawinenrinne vom Poferer Jöchl herab gequert werden, die bei unserer Begehung bereits abgegangen war.
Bei unserer Variante über den Steig durch den Wald erreicht man am Talende auf 1.792m den Bach an dessen Westseite im Einschnitt zuerst steil, dann flacher aufgestiegen wird bis er auf einen pistenartigen Hang überschritten wird. An dieser Stelle vereinigen sich die Aufstiegsrouten wieder, die Route ostseitig neben dem Sagbach und unsere durch den Wald.
Die weiteren sanft gestuften Hänge ziehen mit mäßiger Steigung im noch breiten Tal empor. Der Baumbewuchs endet auf 1.950m.
Der Anstieg erfolgt an der rechten Begrenzung im Hirzerkar mit Spitzkehren durch eine nach oben hin schmaler werdende Rinne auf eine flachere Geländestelle auf 2.350m etwa 150Hm unterhalb des wenig ausgeprägten Kammes zwischen Hirzer und Sagspitze.
Dort dreht der Aufstieg wieder etwas nach links (Süd) und ein mittelsteiler Hang muß bis knapp unterhalb der Kammhöhe aufgestiegen werden.
Hier zweigte eine Spur auf den Kamm ab – möglicherweise eine Alternative, die zum Aufstieg vom Wattental führt.
Wir haben den schönen breiten Hang bis auf den Grat, etwa 50Hm unterhalb des Gipfels nicht verlassen und damit den logischeren Restaufstieg gewählt.
Auf den letzten Metern des schönen restlichen Aufstiegs beginnt man die Länge der Tour zu spüren, vor allem dann, wenn man tags zuvor auch keine kleine Tour absolviert hat.
Da kommt die Scharte am Ende des langen Hanges unterhalb des Gipfels gerade recht – der tolle Ausblick auf westliche Tuxer und die Zillertaler im Süden lädt zu einer letzten Pausenminute ein.
Vom Pulver wechselten wir auf die Westseite des Hirzer und fanden dort harte Oberflächen auf abschüssigem Gelände vor, weniger Spaß auf den letzten Metern als der Aufstieg aus dem Hirzerkar.
Am Gipfel recht durch ein Lüftl kalt und zunächst nichts los, ein Ehepaar verabschiedete sich bald nach unserer Ankunft in Richtung Wattental. Die beiden wurden kurz darauf durch drei andere aus dem Wattental abgelöst. Während unseres gesamten Aufstieges trafen wir drei Tourengeher im Hirzerkar bei der Abfahrt an, sonst war an diesem herrlichen Tag niemand unterwegs.
Vom Hirzer aus kann das Wattental in seiner Ausdehnung gut überblickt und alle Gipfelziele eingesehen werden – ein grandioser Ausblick.
Im Osten beeindrucken die Gipfel um das Weertal mit Hobarjoch, Halslspitze und Rastkogl, sowie die dahinterliegenden Zillertaler Gipfel.
Nach einer halben Stunde beschlossen wir die Abfahrt in Angriff zu nehmen. Das kalte Lüftl war nicht besonders wirtlich und der Hirzer verfügt über keine echte windabgeschotteten Rastplatz.
Zunächst wurde die beste Abfahrtsroute erkundet, wobei uns der dem Wildofen zugeneigte Hang als zu steinig erschien und wir die direkte Route über die steilen Passagen des Nordhanges auswählten. Daran hatten wir gut getan, denn die Abfahrt über fast 700Hm in feinstem Pulver war phänomenal.
Zwar muß die Fahrt wegen eingestreuter Felsen und Steinbrocken mit weiter Vorausschau erfolgen, die Hänge sind aber breit genug, um mit Tempo den Hindernissen auszuweichen. Im oberen Teil – so der nachträgliche Eindruck – lauern mehr Hindernisse als im Mittelteil und unten.
Hier ein Video der phantastischen Abfahrt, beginnend mit einem steilen Hang am unteren Ende des oberen Teils:
Manuel hat am letzten Hangteil unten die steilste Abfahrt befahren (~40°) bei der die Steilheit anhand der Schneerutschungen sichtbar wird (siehe Bildergalerie).
Voll Freude und überrascht blickten wir unten auf unsere Abfahrten zurück. Im Wissen wie die Schneeverhältnisse an diesem Wochenende tags zuvor andernorts in der Umgebung beschrieben wurden, dann konnten wir unsere fast hochwinterliche Pulverfahrt kaum glauben.
Bis auf 2.100m hinab bescherte uns der grandiose Nordhang höchstes Vergnügen.
Im Flachteil herrschten dann klarerweise Frühjahrsverhältnisse. Der Firn im Becken war zur Mittagsstunde bereits recht tief aufgeweicht, jedoch noch gut fahrbar. An der Kante zum Talschluß hinab änderte sich die Schneeoberfläche durch die Neigung und die lange Abschattung durch den Wildofen wieder hin zu eher harten Verhältnissen, jedoch gerade angetaut – ebenfalls ein tolles Fahrgefühl auf der Südseite des Tales.
Ein anregendes Gefühl erlebt man dann auf firnbedeckter und im Untergrund harter Schneedecke durch den aufgelockerten Zirbenwald hindurch, wenn links und rechts Bäume vorbeiflitzen.
Die meisten Spuren befinden sich auf diesem Teil mittig im Tal wie uns der Rückblick zeigte. Es dürften dort auch gute Firnverhältnisse geherrscht haben sein, dennoch zogen wir die Abfahrt durch den Wald am Hang des Wildofens bis auf etwa 1.800m vor.
Eine weitere Waldabfahrt wird durch Felsbrocken und die Geländeform verhindert und wir mußten etwa 100Hm ins Tal abfahren.
Im Tal angelangt bleibt der Normalweg knapp neben Bach als einzig mögliche Ausfahrt über. Sie ist aber genauso reizvoll wie die oberen Teile nach dem Hirzerkar. Die Mulden und Rippen verlangen in der meist rasanten Waldabfahrt schnelles Reagieren und etwas akrobatisches Gefühl, wie das meist bei engen Waldabfahrten so anfällt. In Summe auch ein lustiger, überraschungsreicher Abschnitt.
Den Almweg erreicht man ohne große Orientierungsnotwendigkeit im auslaufend flachen Teil der Abfahrt wieder, kurz vor der letzten Kehre zur Studlalm.
Am unteren Ende des Almgeländes zurückgeblickt schauten wir auf eine großartige Schitour mit allen wünschenswerten Elementen, die sie in diesem Gebiet aufweisen muß. Sie kann als eine der schönsten Touren in den Tuxern im Kopf behalten werden – und dieser Eindruck liegt möglicherweise in unserer Begehung im Frühjahr.
Die Abfahrt über die Waldschneise wollten wir uns dem vielen Baumabfall und abgebrochenem Geäst am Weg wegen nicht antun und wählten diese über den Almweg ab dem untersten Gebäude der Studlalm. Dieser Weg befand sich in gut befahrbarem Zustand bis hinab auf 1.220m.
Mit 6:33 Stunden, genau 1.700Hm und einer Strecke von 10km ist die Schitour auf den Hirzer über das Hirzerkar eine längere Tour, die im Frühjahr zeitig angetreten werden sollte. Je nach Schneelage fällt eine mehr oder wenig lange Tragestrecke an, in unserem Fall, Anfang April, über mehr als 200Hm bzw. etwa 30min. Der Aufstieg nach der Studlalm links vom Bach ist gleichzeitig die Abfahrtsstrecke, der Aufstieg am rechtsseitigen Damm und im Wald danach stellt die sonnigere, von uns gewählte Variante dar.
Mils, 07.04.2019