Wer kennt den berühmten Schitourenberg an der Landesgrenze zwischen Nord- und Südtirol nicht, den Sattelberg? Meist mit viel Südföhn über die Einsattelung des Brenners ausgestattet, aber als leichte Ausweichtour beliebt bei Jung und Alt. Als Ausweichtour dann, wenn Wetter, Zeit oder die Lawinensituation es erfordern oder erzwingen.
Als Vormittags- oder auch als Nachmittagstour erfreut sich der Sattelberg ungebrochener Beliebtheit und auch bei all jenen, die sich nicht ins Gelände trauen, keine Erfahrung oder Ausbildung über Lawinensituationen haben. Viele benutzen ihn als Trainingsberg.
Die ehemaligen Schihänge (die Lifte wurden 2006 demontiert) werden vom Wirt der Sattelbergalm mit dem Pistengerät präpariert, sodaß man sagen kann, es handelt sich bei der Schitour auf den Sattelberg um eine Pistentour. Mit knapp über 900 Hm und einer durchschnittlichen Neigung von 13° ideal für Schitourenanfänger.
Unter der Autobahnbrücke in Gries am Brenner wurde ein großer Tourenparkplatz (3.- für fünf Stunden, humane 4.- für den Tag) errichtet, von dem direkt neben dem Auto die Piste betreten wird, bequemer geht es nicht.
Die beiden Bauernhäuser am Hang läßt man im Aufstieg links liegen und steigt gegen Süden über die Piste zur Sattelbergalm auf, vorwiegend auf der rechten Pistenseite.
Im oberen Teil wechselt der eingefleischte Sattelbergspezialist auf einer leichten Querrippe durch die Piste auf deren linke Seite und passiert eine Heuhütte und zwei Hochspannungsmasten. Kurz darauf, auf sehr flachem Gelände, trifft man an der Sattelbergalm ein.
Der steilere Teil beginnt rechts, südwestlich der Sattelbergalm am Hang des ehemaligen Schleppliftes auf den Sattelberg. Vorbei am Zielhaus des Schiclubs Gries führt die flachere Variante über eine Kehre zurück zur breiten Piste, die sich weit hinaufzieht.
Bereits etwa in der Hälfte des Aufstiegs kann man das Gipfelkreuz sehen.
An der Baumgrenze schwenkt man dann nach links hinüber und quert einen steileren Hang, der Aufstieg geradeaus ist genauso möglich.
Oberhalb der Querung wird das Gelände flacher und bald wieder etwas steiler gegen den Gipfel zu.
Am Gipfel herrschte bei unserer Tour nur ein leichtes Lüftl, ganz untypisch für den Sattelberg. Zum Greifen nahe auf der gegenüberliegenden Seite der Brennergegend liegen Wolfendorn und Kraxentrager, die jeweils mit einer rassigen Schitour bestiegen werden.
Gut 20 m südlich des Gipfelkreuzes passiert man nach Süden die Landesgrenze. Der geodätische Gipfel des Sattelbergs befindet sich 60 m südwestlich und ist 10 m höher als der Standort des Gipfelkreuzes.
Im Norden liegt ein weiterer Kamm der Steinacher Decke, der ebenfalls charakteristisch sanft geformt ist und ähnlich leichte Schitourenziele trägt, wenn auch nicht als Pistentouren, so doch auch hochfrequentiert und mit dem Vorzug des ständig beschienenen Südhanges, beispielsweise der Eggerberg.
Etwa 150 m südwestlich des Gipfelkreuzes befindet sich etwa 25 m tiefer das östlichste Gebäude der „Linea Badoglio“, einer Verteidigungsanlage, die Italien in den Jahren 1934 bis 1936 erbaut hat und die sich als Fehlprojekt erwiesen hat, indem der Brennerpaß im darauffolgenden Krieg keinerlei strategische Bedeutung hatte.
Erneutes Aufsehen erregte 2011 der Plan in Südtirol den Grenzkamm mit etwa 20 Windrädern mit jeweils 70 m Rotordurchmesser und 60 m Nabenhöhe auszustatten, die eine Jahresproduktion von etwa 100 GWh hätten erbringen sollen. Nicht zuletzt alpinen Vereinen ist es zu verdanken, daß von dem Vorhaben Abstand genommen wurde.
Der Sattelberg, ein aufgrund seines weichen Gesteins wohlgeformter Kogel – so könnte man behaupten -, wider Willen zum Grenzberg geworden und auch ein vom Jochwind geprägter, scheint also geschichtlich sowie neuzeitlich kein gewöhnlicher Berg zu sein, so wie er offenbar auch auf all jene wirkt die ihn ständig besteigen und ihn wohl deshalb lieben. Vor allem seine Freunde im nördlichen Landesteil, so kann im Tourengespräch festgestellt werden, lassen sich seiner nicht berauben oder ihn zum Instrument irgendwelcher menschlich kurzweiliger Ideen verkommen, sie halten ihm, ihrem Kultberg, die Treue.
Eine Beschreibung der Abfahrt ist müßig, als „Pistenberg“ erklärt sich die Abfahrt selbst. Man nehme nach Neuschnee aber nicht unbedingt die dem Gipfelkreuz direkt nördlich vorgelagerte steilere Flanke, da sie mit heimtückischem Triebschnee im Lee einer Wächte aufwarten kann, das schon einmal ein Unglück verursacht hat. Alle anderen Möglichkeiten sind zum größten Teil unkritisch.
Der Aufstieg auf den Sattelberg mit Tourennovizen mag durchaus knapp an drei Stunden in Anspruch nehmen, in gut zwei Stunden geht es mit Normaltempo auch und die Profis unterbieten dies deutlich. Die Strecke beträgt 4,2 km und man vergesse nicht bei Luis & Angie auf der gemütlichen Sattelbergalm einzukehren.
Mils, 26.12.2021