Der letzte Gipfel der mir in dieser Kette mit all ihren Ausläufern noch gefehlt hat, die Äußere Rigelkarspitze, wurde heute mit Manuel im Rahmen einer schönen Überschreitung bestiegen.
Die Überschreitung begann mit dem Aufstieg zum Hohen Gleirsch über seinen schönen, leichten Westgrat, dessen eindrucksvolle erste Erscheinung des Karwendels vom Ausgangspunkt Scharnitz aus schon bestaunt werden kann.
Beim Bluetsgraben haben wir die Radeln in den Wald geworfen und nahmen den teilweise weglosen Aufstieg rechts des Grabens durch den Wald. Eine detaillierte Beschreibung des Aufstieges findet sich im Bericht Hoher Gleirsch über Westgrat 2.491m
Oben, am Ende des Bluetsgrabens, wo der Latschengürtel beginnt, mußte wieder kurz der Einstieg in den Steig durch die Latschen gesucht werden. Er ist wieder etwas mehr zugewachsen, mit ein wenig Spürsinn findet man ihn aber leicht. Hier oben ein Foto zur Unterstützung.
An diesem netten Steig zweigt nach ca. 10min – nicht verfehlbar – im ersten freien Reisenfeld der weitere Aufstieg zur Bluetsgrabensenke links ab, eine Senke im Grat, die bereits von unten gesehen werden kann.
Am Grat gibt es über weite Bereiche Steigspuren und so manches Steinmandl, jedoch ist auch ohne diese Hilfen der Weg zum Gipfel klar vorgegeben und es gibt kein Verirren.
Von der Bluetsgrabensenke bis zum Gipfel rechne man in etwa eine Stunde, auch wenn der Gipfel des Hohen Gleirsch durch das riesige Gipfelkreuz so aussieht, als wäre er in nächster Nähe und rasch erreicht.
Am Gipfel findet sich heuer ein junges Buch das beim letzten Besuch gefehlt hat.
Nach einer kurzen Rast und einem Selbstgebrannten von drei bayerischen Freundinnen, die gerne die ganze Kette überschreiten würden und die wir später auf der Möslalm wieder getroffen haben, ging es weiter Richtung Osteck des Rückens des Hohen Gleirsch.
An diesem Punkt bricht der Gratrücken jäh ab und der erste Abstieg ist geprägt von großer Brüchigkeit. Die ca. 15m Abstieg zum weiteren Grat sind mit Bedacht abzuklettern, da der Fels wirklich nicht von guter Qualität ist und am weiteren Verlauf auch nicht besser wird.
Nach dieser Stelle geht es auf einen Kopf zu auf dem man von Weitem einen größeren Steinmann erspäht. Der Weg dorthin ist einfach. Am Kopf erkennt man, daß er nicht gerade überklettert werden kann. Etwas rechts, nach ein paar Meter Abstieg beginnt ein kurzes Band nach Nordwesten das perfekt zum Abstieg in ein Schärtchen dient und der folgende kleine Kopf, der mit dem großen Kopf das Schärtchen bildet, wird nordseitig auf breitem Schuttband umgangen.
Der folgende Kopf nach dieser Stelle wird nicht mehr erklommen, da sich rechts unterhalb der nun ungemein schuttreichen Schrofenflanke bereits die Scharte zur Äußeren Rigelkarspitze einsehen läßt und somit logisch den weiteren Weg vorgibt.
Diese Flanke ist wirklich kein Genuss, sie beinhaltet zwar genügend Bänder zwischen den Schrofen, diese sind jedoch vollends mit Schutt bedeckt auf dem man vielleicht Reisenlaufen könnte, wären dort nicht regelmäßige Absätze mit einer geringen Mächtigkeit von ca. einem Meter, aber doch zu hinderlich.
Diese Flanke halb querend halb abkletternd erreichten wir die Scharte, die einen schönen und auch schauderhaften Blick in die Rigelkarnordwände erlaubt. In etwa 30m unterhalb der tiefsten Einschartung beginnt dann der Aufstieg zur Äußeren Rigelkarspitze.
Untypischerweise vollzieht sich ein Großteil des Aufstieges zur Äußeren Rigelkarspitze in deren Südflanke. Es gibt zum Aufstieg ein langes Band mit verschiedenen Größenordnungen von Breiten und, noch interessanter, einigen – wenn ich mich richtig erinnere – vier mittellange bis ganz kurze Risse oder Kaminchen.
Diese sind teilweise recht gut mit Schutt gefüllt, bieten aber – mit Ausnahme des zweiten – genügend Haltemöglichkeiten und Tritte.
Der zweite Riss ist aufgrund seiner hangseitig fehlenden Felsbegrenzung eigentlich schon kein Riss mehr, sondern nur ein erdiges Band mit wenig Griffmöglichkeiten links und gar keinen vernünftigen rechts. Die Tritte sind lediglich in Erde möglich, obwohl nur Fels weit und breit vorhanden ist.
Am Ende der Risse oder Kaminchen steigt das Band, das bis dorthin relative flach angestiegen ist, nun etwas mehr wiesendurchsetzt steiler an. Am Ende mündet es in einer Felsformation die ein Weitersteigen links und rechts als gleichwertig möglich erscheinen läßt. Eigentlich ist man da schon ca- 20m unterhalb der Äußeren Rigelkarspitze, man weiß es nur nicht.
Beim weitersteigen entschieden wir uns für die rechte Seite und anhand der folgenden zwei Steinmänner erkannten wir die Originalroute. Nach dem Zweiten Steinmann wendet sich der Aufstieg nach Nordwesten und nach wenigen Metern betritt man den schmalen Gipfelgrat der Äußere Rigelkarspitze.
Am schmalen Gipfelbereich bezeugt nur ein Steinmann mit unter Steinen eingegrabener „Gipfelbuchmunitionsschachtel“ vom Gipfel selber. Der Grat gen Westen erscheint kaum machbar, schmalest, brüchig und mit riesigen Absätzen mäandert er sich hinab zur Scharte zwischen dem Hohen Gleirsch und der Äußeren Rigelkarspitze.
In östlicher Richtung erspähen die Bergsteigeraugen einen uneinsehbar zerklüfteten Grat mit offensichtlich sehr tiefen Einschartungen zwischen kühnen Türmen. der erste Anblick keine wahre Freude.
Der Blick vom Gipfel hinab ins Weite Tal hoch über dem Jagdhaus Hubertus im Hinterautal ist atemberaubend. ein paar Hundert Meter geht es senkrecht hinab. In jeder Beziehung ist dieser schmale Gipfel ein unvergesslicher.
Nach der Rast versuchten wir die Überschreitung zur Inneren Rigelkarspitze zu erkunden. Hierzu folgten wir vom letzten Steinmann einer als Band aussehenden abschüssigen Schuttebene, die sich teilweise verlor und in gelbe brüchige Türmchen links und rechts wandelte. nach 5min erreichten wir den hohen Abbruch bei dem der Führer schreibt ca, 40m abzusteigen, um unten queren zu können. Diese 40m (südseitig) erschienen uns aufgrund der Brüchigkeit kaum machbar und wenn, dann nur gesichert.
Solche lockeren und vom Schutt rolligen Zinnen und Rinnen habe ich im Karwendel nicht oft zu Gesicht bekommen, nicht das geringste Vergnügen muß es sein, diesen Abstieg zu nehmen der obendrein keinen Fehltritt verzeihen wird.
Mit dieser Ernüchterung über den fast zunichte gemachten Überschreitungsgenuß stiegen wir die ca. 25Hm wieder zurück zum originalen Abstieg von der Äußeren Rigelkarspitze und benötigten von dort ca. 15min bis zur Scharte zurück.
Die Reise hinab ins Rigelkar kann im oberen Teil gut abgelaufen werden, und mit der Annäherung zum Karboden verliert sich der kleinstückige Schutt, es muß statt Reisenlaufen dann abgestiegen werden.
Durch das schöne Rigelkar geht es hinab ins Gleirschtal zum kulinarischen Stützpunkt der Möslalm.
Die gesamte Runde ab Scharnitz bis zur Möslalm braucht ca. 6 Stunden und gut 1.700m werden bewältigt.
Mils, 29.07.2017