Einer gewaltigen Mauer sieht man sich am Parkplatz beim Gasthaus Kasern gegenüber, wenn man die Schitour auf den Kleinen Kaserer über den Kasererwinkel begeht. Diese riesige Mauer wird immer mächtiger, während die lange Strecke durch den Kaserer Winkel zurückgelegt wird.
Der steile und anspruchsvolle Aufstieg beginnt erst ganz hinten im Tal; ab dort müssen gut 1.100Hm durch sehr steiles Gelände in Spitzkehren zurückgelegt werden, bevor über einen nicht minder steilen runden Kopf der kurze mittelbreite Grat, mit steilen Abbrüchen zu jeder Seite, beginnt und auf den Gipfel des Kleinen Kaserer führt – eine Schitour die in Erinnerung bleibt.
Mitten im flach scheinenden Tal, beim einst bedeutenden Tuxer Joch – der Aufstieg und der Einschnitt des Joches selbst, während dem monotonen Gehen im Tal zur Linken gut sichtbar – wechselt die Gebirgseinteilung von den Tuxer zu den Zillertaler Alpen. Hintertux gehörte bis 1926 zur Gemeinde Schmirn und über das Tuxer Joch wurden früher auch die Verstorbenen nach Steinach gebracht. Wer sich näher dafür interessiert dem sei diese tolle Broschüre empfohlen.
Am Ende des Kaserer Winkel und vor dem Aufsteilen der Mauer wurden – man glaubt es nach geringen Anstrengungen bis dorthin kaum – bereits 400Hm zurückgelegt und das Bangen, daß bei der Abfahrt kräftig angeschoben werden muß, kann an dieser Stelle bereits verneint werden.
Selbst zu Anfang April findet der Aufstieg gegen 7 Uhr morgens bis auf 2.850m im Schatten statt und die Morgenthermik vom Gipfel herab zwang uns zu Winterhandschuhen. Die Lichtverhältnisse im engen Tal und auf den ersten steilen Passagen sind eher schlecht für Fotos, an denen Geländeform und markante Aufstiegspunkte erkannt werden können.
Die Schitour dürfte wegen ihres eingangs beschriebenen selektiven Charakters vorwiegend nur vom versierteren Tourengeher begangen werden. Die Hänge im oberen Teil, am – im Kartenwerk noch so geführt – Kaserer Ferner Gelände und beim Hinausqueren auf die Nordflanke des runden Kopfs treten Hangneigungen von mehr als 40° auf, denen nur teilweise ausgewichen werden kann, z. B. durch kluges Anlegung der Spur, wie es drei starke Südtiroler Burschen, die uns weiter unten überholt hatten, perfekt vorführten.
Der Aufstieg von unten begann bei unserer heutigen Begehung mit einer recht hartgefroren Schneedecke, die gleich auf den ersten steilen Hängen fast die Harscheisen gerechtfertigt hätte. Sie kamen aber erst später zum Einsatz.
Die Rippe, die durch den Bacheinschnitt vom Ferner herab die oberen Hänge jenseits des Baches vom unteren Aufstieg trennt führt etwa bis 2.150m hinauf. Anschließend umgeht man diese Rippe nach Osten und betritt eine schmale steile Talmulde, die nach oben hin noch steiler wird und den Großteil des Gesamtaufstieges bildet. Die Talmulde ist unten etwa 150 bis stellenweise oben nur 100m breit und von links im Aufstiegssinn kamen, nach der durchgezogenen Störungsfront von Süden vorgestern, kleine Nassschneerutschungen bis knapp zum Aufstiegsband herab.
Der lange Anstieg durch die Mulde findet durchgehend in vielen Spitzkehren statt und im Mittelteil befindet sich die einzig flachere Stelle, etwa auf 2.650m. Ungefähr 200Hm nach der Flachstelle dreht die Mulde von Süd gegen West.
Dort befinden sich die steilsten Abschnitte und die Rutschungen des talseitigen Schis in der Spur wurden mehr – durch die Wetterfront kein besonders wünschenswerter Untergrund. Die gute Nachricht ab etwa 2.700m war Pulverschnee in dieser Nordmulde.
In der perfekten Spur der Sterzinger Mander traten wir nach knapp 3 Stunden, um 10 Uhr die sonnenbeschienene Querung auf den Nordrücken, der sich oben zum Nordgrat ausbildet.
Unterhalb des Nordrückens wird auf 2.900m zuerst eine Flachstelle erreicht, die für eine Trinkpause und Übersicht auf die letzten 200Hm Aufstieg genutzt werden kann.
Der Restaufstieg ist von dort gut einsehbar, bis auf den westseitigen Hang am Nordrücken nach der Steilstelle beim Übergang auf denselben. Dieser ist noch nicht sichtbar und er überraschte bei der Abfahrt auch durch mehrmaligen Felskontakt mit dem Schibelag.
Über den Nordrücken gehen die Spitzkehren bei Hangneigungen von 35° weiter, bevor besagter Westhang erreicht wird, in dem es deutlich flacher wird und der am Grat endet.
Am Kopf des Nordhangs angelangt kann das Gipfelkreuz am Ende des Grates in schierer Nähe erblickt werden.
Der leicht überwächtete Grat hatte bei unserer Begehung heute eine etwas prekäre Stelle mit einer hervorstehenden Felskante zu bieten, über die hinwegzukommen ein wenig Akrobatik erfordert, oder die links, nahe des Steilabbruches zum Kaserer Ferner hin auf steilem Untergrund umgangen werden kann. Alternativ trägt man den Schi darüber. Bei der Abfahrt ist sie auch zu beachten, jedoch weniger tragisch.
Der Gipfel des Kleinen Kaserers wurde heute vom Normalaufstieg über die Höllscharte mehrfacher besucht als von den insgesamt sieben Tourengehern aus dem Kaserer Winkel.
Von der Höllscharte wird ohne Schi angestiegen und nach den Berichten der Tourengeher vom Wildlahnertal herauf waren die Schneeverhältnisse ähnlich schlecht, jedoch im Gegensatz zu unserem Anstieg auch im oberen Teil, in dem uns immerhin etwa 400Hm Pulver beschieden war.
Trotz des Schigebietes genossen wir die wunderbare Aussicht auf den Olperer und Fußstein, sowie die Gefrorene Wand Spitzen im Süden und Südosten.
Im Südwesten befinden sich gleich eine ganze Reihe von tollen Gipfeln, als Schitour oder Bergtour bestens geeignet, als da südwestlich des Olperers wären: Fußstein, Schrammacher, Hohe Wand im fernen Hintergrund, Sagwandspitze und weiter südwestlich der Kraxentrager. Leider nicht sichtbar durch die dicke Wolkendecke im Südteil des Landes, der Wolfendorn.
Nordseitig kann der Aufstieg zum großen Teil eingesehen werden und die Steilheit der Felsmauer aus dem Kaserer Winkel herauf kommt hierbei gut zur Geltung.
Natürlich wurde es von uns nicht unterlassen Höhenmedizin an unsere Mitstreiter, die den Aufstieg gespurt haben, auszuschenken. Im Gegenzug gab es einen Schluck Rotwein aus der Glasflasche mit Korken – Tiroler Selbstverständnis und lustiger Luxus auf 3.093m!
Zur Abfahrt gerüstet verließen wir nach fast einer Stunde gegen halb zwölf Uhr den schönen Gipfel des Kleinen Kaserer. Der etwas rumplige Grat konnte gut befahren werden, die Stelle mit der Felskante wurde rechts umfahren. Am Westhang des Nordrückens fanden wir gute Pulverschneebedingungen vor und hatten, bis auf die Stellen mit Felskontakt, eine schön zu schwingende Abfahrt über den steilen Rücken.
Nach der Querung auf den Kaserer Ferner waren die Verhältnisse bis etwa 2.700m so wie oben mit bäriger Abfahrt im Pulver. Nach unten hin, bis auf 2.200m wirkte sich der Bruchharschdeckel mit der harten Kruste schweißtreibend aus.
Ganz unten befanden sich die Hänge noch nicht so lange in der Sonne, sodaß wir auf gut zu fahrendem harten Harsch bis zum Talende fahren konnten.
In Kaserer Winkel selber fanden wir erstmals gute Firnverhältnisse vor, die fast bis zum Talausgang anhielten und kurz vor dem Talende in Sulz übergingen, der auf den letzen paar hundert Metern Anschieben erforderlich machte.
Die selektive Schitour nahm incl. aller Pausen 5:20 Stunden in Anspruch.
Die Höhenmessung zeigte 1.500Hm. Die Track-Aufzeichnung in der Bildergalerie zeigt nur den Aufstieg. Die Abfahrt findet auf der Aufstiegsroute statt.
Siehe Aufstiegsaufzeichnung und Hangneigungskarte, sowie Ausblicksmarkierung vom Gipfel des Kleinen Kaserer mit wichtigen sichtbaren Gipfeln in der Bildergalerie.
Mils, 06.04.2019