Die im Spätwinter auf der Schitour mit verschiedensten Schattierungen im Sonnenlicht glänzenden, weiten Flächen des Hemerergrundes, südlich des Steinberger Jochs, wollten anlässlich einer Trainingstour erkundet werden. Im Herbst bietet diese nicht sehr hochgelegene Gegend schöne Wanderungen, einen langen Grat mit acht Gipfeln zurück in den Luegergraben und weitgehende Einsamkeit.
Die Idee könnte bei Bedarf sowohl im Süden als auch im Norden um jeweils zwei Gipfel ausgedehnt und mit zwölf Gipfeln für Geher im Stadium des Sturm- und Drangalters keine alltägliche Tagestour mehr darstellen. Des Autors Idee war es, nicht über den langen – im Herbst schattigen – Anstieg des Märzengrundes in die Hochalm im Hemerergrund aufzusteigen, sondern auf kürzerer Strecke vom Luegergraben im Alpbachtal, und dabei am Rückweg die schönen Schitourenziele im Alpbachtal auch einmal als Bergtour zu absolvieren.
Mit dieser Absicht startete die Rundwanderung am Parkplatz im Luegergraben. Der Aufstieg bis zur Faulbaumgartenalm führt am frühen Vormittag im Herbst zwar auch durch schattiges Gelände, jedoch ist die Strecke bis zum Steinberger Joch nur halb so lang wie vom Stummerberg bis dorthin.
Bildliche Eindrücke vom Aufstieg bis zur Steinberg Alm sind im Bericht über die Überschreitung des Kamms vom Steinberger Joch zum Großen Galtenberg enthalten und unterbleiben in diesem Bericht. Lediglich der phantastische Rückblick von der Alm über die Wiesen der Filzalm sei hier gezeigt.
Am Steinberger Joch wurden als Zustieg für das Vorhaben bereits knapp 7 km und 825 Hm Aufstieg absolviert, aber auch bereits eine Geländehöhe von 1.907 m, welche einen idealen Ausgangspunkt für das Unternehmen darstellt, das sich lediglich auf weiteren 350 Hm Aufstieg bis zum Regenfeldjoch abspielt.
Eine große Steinschlichtung, mit Gedenktafeln an ihre Mitglieder, wurde von der Akademischen Sektion München, die 1921 die Otto Leixl Hütte gebaut hat, errichtet. Dort zweigt ein halb verfallener Steig, der im dichten, sonnengedörrten Berggras und den Zwergstauden immer wieder aufgesucht werden muß, in Richtung Südwestflanke des Sonnenjochs ab.
Vorbei an der kleinen Holzkapelle zieht der Steig lange über die gleiche Höhenschichtlinie, also ohne Höhenverlust oder –gewinn dahin. In schleifendem Schnitt zweigt ein zweiter Steig gleich nach der Kapelle in die gleiche Richtung ab, der jedoch später abfällt und später an der Hemererhosalm endet. Dieser Steig kann ebenfalls begangen werden, verschenkt jedoch etwa 220 Hm für den Wiederaufstieg auf das Heutaljoch.
Er mag für jene eine Alternative sein, die nicht gern in steilen Flanken einen verfallenden Steig begehen mögen, denn diese folgen nun am beschriebenen Steig. Beide Steige sind im Outdooractive-Layer sichtbar, als Steigspuren im AV-Karten-Layer, der untere Steig im Kompass-Karten-Layer und in den anderen Layern nur fragmentarisch. Man achte also auf die richtige Einstellung, sollte man sich orientieren oder führen lassen wollen.
Nach knapp 600 m Gehstrecke nach der Kapelle beginnt der Steig auf eine Rippe hin, an einer Weidegrenze entlang, anzusteigen. An der Rippenkante, die durch weiße Bänder eines Stromzaunes markiert ist, findet der Steig sein scheinbares Ende durch eine frühere Hangrutschung, die ihn fast zerstört hat. Wer es gewohnt ist, in weglosem Gelände seine Richtung zu finden, wird mit der Querung durch diese etwa 150 m lange Strecke keine Schwierigkeiten haben. Sie ist steil, ruppig und durchzogen von einem Wasserlauf mit leichten Sumpfstellen, dennoch stellt sie für den Versierten kein Problem dar. Der Abschnitt kann am Orthofoto in TIRIS gut eingesehen werden, der Autor hat es leider versäumt, ein Bild davon aufzunehmen. Im Rückblick am Ende der zweiten Hangmulde nach der Hangrutschung erscheint die Strecke leider nicht mehr sichtbar.
Mit moderater Steigung strebt der nach der Hangrutschung wieder gut sichtbare Steig dem Heutaljoch zu und der erste Abschnitt zum Regenfeldjoch ist geschafft. Als kleiner Wermutstropfen müssen etwa 30 Hm zum Joch abgestiegen werden.
Jenseits des Jochs wanderte der Autor geradewegs auf dem breiten Kammrücken gegen den Gipfel bergan. Dabei sind auf der 1,2 km langen Strecke 260 Hm zu bewältigen. Der Aufstieg beginnt mit der Durchquerung eines dichten Feldes von Felsblöcken, die zwischen vereinzelten Latschen und dichten Zwergstrauchfeldern liegen. Anschließend wird ein etwas stärker ausgeprägter Kamm erreicht, von dem der Restaufstieg einsehbar ist und der in einer leichten Einsattelung endet.
Die gesamte Strecke wird teils weglos, teilweise auf Steigspuren begangen und an markanten Stellen, die wenig Alternativen zulassen, kann erkannt werden, daß der Kamm sehr wohl einer ständigen Frequentierung unterliegt, denn dort verdichten sich die Steigspuren, die sich vor den Stellen sammeln und dahinter wieder zerstreuen. Immer wieder aber bewegt man sich direkt darauf und es mag am Kontrast des Bewuchses zum Untergrund liegen, daß man sie nicht ständig sieht. Auf herrlichen Bergböden steigt das Gelände ab der Einsattelung etwas steiler zum Gipfel auf, der zuletzt über eine kurze Gratstrecke von Nordosten erreicht wird.
Am Regenfeldjoch wurde der geplante Südpunkt der Kammbegehung erreicht. Ein junges, schön gefertigtes Gipfelkreuz ziert den leichten Gipfel. Andere Besucher stiegen von der Kelchsau aus auf, wie es oft erlebt wird, auf diesem Grenzkamm.
Der Blick vom Regenfeldjoch erstreckt sich im Süden auf die nahen Gipfel um das Kreuzjoch in knapp 6 km Entfernung, dem höchsten Gipfel der Kitzbüheler Alpen, der in der Einsattelung zwischen Torhelm und Pfaffensteig durchblickt.
Im Norden liegt der zu begehende Kamm ausgestreckt davor, bis zum Sonnenjoch reicht die Sicht. Alle folgenden Gipfel, die bis zum Lämpersberg überschritten werden, können nicht eingesehen werden.
Im Nordosten des Regenfeldjochs zeigen sich die Gipfel des Wilden Kaisers bis hin zum Hochkalter und Watzmann in den Berchtesgadener Alpen in 73 km Entfernung.
Gleich gegenüber in der hinteren Kelchsau findet sich der Schafsiedel und der Westliche Salzachgeier, beides beliebte Ziele in den Kitzbüheler Alpen.
Im Südosten blickt man unverkennbar auf den Großvenediger in 32 km Entfernung und die nähere Wildkarspitze in 17 km.
Das Highlight in den heimischen Bergen der Zillertaler Alpen bildet die Reichenspitze (3.303 m) in 19 km Entfernung und südlich neben ihr die Wildgerlosspitze ebenfalls im Süden.
Gegen Südosten umrahmt die Hemererhosalm Katzenkopf, Hüttenkopf und Schafkopf, bevor der Kamm der westlichen Talgegenseite langsam in den Märzengrund abfällt.
Ein interessantes Detail am abfallenden Kamm besteht in der noch wahrnehmbaren, also sichtbaren Freigabe des weitest entfernten Gipfels vom Regenfeldjoch – noch westlicher als der Imster Muttekopf – mit der Großen Schlenkerspitze, mit einer Distanz von 106 km genau im Westen, sieht man von Kleinstbergen in Tschechien ab, die das Auge nicht mehr erkennen kann.
Angesichts der fortgeschrittenen Stunde und der vorgenommenen langen Kammstrecke fiel die Gipfelrast auf dem Regenfeldjoch kurz aus und der Rückzug wurde nach 20 min in Angriff genommen.
Freudig ob der schönen und leichten Girlanden, die zu bewältigen waren, marschiert es sich schnellen Schrittes durch die Blockfelder und über leichte Kuppierungen hinab zum Heutaljoch.
Der erste Aufstieg nach dem Heutaljoch erreicht den Niederjochkogel, zu dem etwa 150 Hm zu bewältigen sind. Ab der Kreuzung mit dem Steig von der Otto Leixl Hütte her führt ein schmaler Steig auf die Kuppe und läßt den flachen Gipfel rechts liegen. Man muß also ein paar Dutzend Meter vom Steig nach Osten abzweigen, um den Niederjochkogel erklommen zu haben. Der Rückblick auf das Regenfeldjoch zeigt die bereits beträchtliche Distanz, für die der Autor 50 Minuten benötigte.
Nach Norden anschließend folgt das Niederjoch, auf das es im Kartenwerk nur im Layer der AV-Karte Steigspuren gibt, sonderbarerweise jedoch nicht im OA-Layer. Allerdings wird eine Karte auch nicht benötigt, denn der Kamm liegt breit und klar vor dem Begeher, sodaß sich ab dieser Passage jegliche Karte zur Orientierung erübrigt.
Der sanfte Abstieg gegen das Niederjoch hin wartet mit zwei größeren Lacken, oder kleineren Seen auf, zu denen vom Norden her, vom Sonnenjoch, ein Steig führt, der wiederum im Kartenwerk enthalten ist und in natura deutlich sichtbar durch den ersten Aufschwung führt. Er führt steiler als zuletzt auf den südlichen Teil des Sonnenjochkamms zum Gipfel und mündet dabei in einen der beiden Aufstiege vom Steinbergerjoch her ein.
Etwa 40 Minuten benötigte der Autor vom Niederjochkogel zum Sonnenjoch und passierte dabei ein Weide-Niemandsland als augenfällige Besonderheit im Aufstieg. Nach dem steilen Aufstieg führt eine lange recht flache Strecke, die im Winter die Schitourenstrecke darstellt, zum hohen Gipfelkreuz am Sonnenjoch.
Das Sonnenjoch stellt eine geografische Besonderheit dar, die man lesen sollte. Anlässlich einer Schitour auf den netten Gipfel hat der Autor die Verwaltungsgrenzen und die historische Bedeutung des Gipfels beschrieben.
Im Rückblick erscheint das bereits 2,8 km entfernte Regenfeldjoch bereits recht klein vor den südlich gelegenen Gipfeln der Umrahmung des Hemerergrundes.
Wieder innerhalb der Gemeinde Alpbach wurde die Überschreitung nach einer moderaten Rast von 15 Minuten in Richtung zum nächsten Ziel in der Kette, dem Gressenstein, fortgesetzt. Der erste Teil des Abstiegs kann nach Belieben irgendwo am breiten Rücken erfolgen, die Einsattelung zwischen den Gipfeln wird bald sichtbar und auf sie steuerte der Autor zu, nachdem das Gelände östlich mit den zahlreichen Almen in Augenschein genommen wurde.
Nach der Einsattelung können im Aufstieg zum Gressenstein noch Reste alter Weidegrenzen in Form von mühsam errichteten Steinwällen beobachtet werden. Ihre Errichtung dürfte weit zurückliegen und sie müssen den Almbauern große Mühen abverlangt haben, angesichts der Größe der Steinblöcke, die sich heute noch aufgestapelt finden. Fast marschiert man mit heutigem Unverständnis ohne innere Würdigung gedankenlos daran vorbei.
Am Gressenstein wurde im Wettlauf mit dem im Herbst sehr früh endlichen Tag lediglich ein kurzer Rückblick auf das Sonnenjoch getätigt, der dem Autor wieder einmal die selbstbereitete Hektik durch eine Zielvorstellung, die lediglich mit der am Berg abzulehnenden sportlichen Leistung, die nichts als den Berg entweiht, erreichbar ist, vor Augen geführt. In dieser Tretmühle gefangen, wurde gegen den nächsten Hochpunkt in der so wunderbar golden und braun beleuchteten Kammstrecke zugehalten und die Reise eiligen Schrittes fortgesetzt.
Im Wissen, daß es nach dem Sonnenjoch bis zum Lämpersberg keinen echten Ausstieg aus der Kammstrecke mehr gibt, spornte die rein optisch große Distanz zum Großen Beil die Wadln an. Immerhin waren nach dem Gressenstein noch vier Hochpunkte (drei davon eigenständige Gipfel) zu absolvieren.
Nebenbei konnte auch das Gelände für die winterliche Tour auf den Gressenstein erkundet werden, mit speziellem Focus auf die Begehung vom Alpbachtal aus. Es zeigte sich die Vermutung bestätigt, daß eine solche schwierig sein wird und Alternativen auf der Wildschönauer Seite in Betracht gezogen werden müssen.
Der Große Beil wurde 40 Minuten nach dem Verlassen des Gressensteins erreicht. Der Rückblick zeigt den Gressenstein als relativ unbedeutende Erhebung vom Sonnenjoch zum Großen Beil. Das Regenfeldjoch ist in der nachmittäglichen, bereits reifen Herbstsonne in nur 5 km Entfernung schon kaum mehr auszumachen.
Am Großen Beil galt es, eine Entscheidung zu fällen. Entweder 200 m zurück auf den Umgehungssteig, der im Aufstieg per Wegweiser angekündigt wird, oder direkt über den scharfen Gratabschnitt hinab zum Sattel mit dem Seekopf vor dem Kleinen Beil.
Mit einer Mischung aus dem Selbstverständnis des Karwendelgratbegehers und dem Zeitdruck des endenden Tages entschied sich der Autor, den direkten Grat in Angriff zu nehmen.
Gleich der erste Teil hinterließ beim Autor einigermaßen Sprachlosigkeit, indem der Abstieg im ungewohnten schiefrigen Quarzphyllit mit seinen blättrigen Erosionsformen über die sehr steile erste Strecke hinab ein ungewohntes Terrain darstellte. Keineswegs eine solche Wandlung der Kammstrecke erwartet, stellte diese Passage im Zeitdruck genau jene Gefahr dar, der man sich mit sinnlosen sportlichen Zielen am Berg aussetzt.
Ein nach dem ersten Steilabstieg rückwärtsführendes schmales Band in der linken (westseitig) Flanke erleichterte den Abstieg unter die etwa 40 m hohe erste steile Gratschneide, die unten, in festen, blockigen Schwazer Augengneis überging und für eine leichte Passage über einen nahezu horizontalen Abschnitt sorgte.
Allerdings benötigte es für den oberen Teil dieser Passage auch die völlige Konzentration, denn das Gelände würde einen Sturz nicht ohne fatalen Ausgang zulassen. Abseilhaken in der Felswand, an deren Basis ein schmales Band hinabführt, zeugen von wohl häufigen Bergrettungseinsätzen auf diesem Abschnitt.
Das nach der Steilstufe bereits von oben sichtbare Gelände im Augengneis unterhalb verspricht einen weniger anspruchsvollen Abstieg in die Einsattelung vor dem Seekopf, dem Zwischenziel zum Kleinen Beil, der von seiner Schartenhöhe her keinen eigenständigen Gipfel darstellt.
Weiters trifft man im Abstieg zur Einsattelung mit dem Seekopf auf einen weiteren steilen Gratabschnitt, in dem ein Gegenaufstieg eingelagert ist und dessen Hinterseite nicht eingesehen werden kann. Gleichzeitig führt links (westlich) eine mittelsteile Rinne auf den Umgehungssteig hinab, der 200 m vor dem Gipfel des Großen Beils abzweigt, um den Steilabschnitt zu unterwandern. Angesichts der unberechenbaren weiteren Gratstrecke entschied der Autor, den Abstieg auf den Umgehungssteig.
Im Rückblick erwies sich die Entscheidung als nicht richtig, denn der Abstieg vor dem Gratkopf, dessen Hinterseite nun als leicht eingestuft werden kann, hätte ein paar Minuten Zeit eingespart. Er wird bei anderer Gelegenheit in Ruhe beendet werden.
Der Aufstieg vom Tiefpunkt am Sattel zum Seekopf ist kurz, nach der bisherigen Tour erschien er dennoch anstrengend. Der Seekopf hat nichts als seinen ungeschmückten Hochpunkt zu bieten und wurde im Vorbeigehen mitgenommen.
Zum Kleinen Beil führt der Steig meist unterhalb der Grathöhe recht flach mit nur 10 Hm geodätischem Aufstieg, im Steigverlauf jedoch etwas mehr. Kaum 10 Minuten werden für den Übergang vom Seekopf aufgewendet.
Aus der kurz geplanten Verweildauer am Kleinen Beil wurde nichts, denn der Sonnenuntergang hinter dem Großen Galtenberg stand bevor. Insgeheim spekulierte der Autor damit die Gratstrecke am Tiefpunkt zwischen Kleinem Beil und Lämpersberg in Richtung Feldalm zu verlassen und den Abstieg über den Waldweg ins Tal zu unternehmen. Das Gelände vom Tiefpunkt des Verbindungsgrats zur Feldalm war vom Winter her bekannt und der Abstieg ins Tal sollte gerade noch vor Dunkelheit auszuführen sein.
Nun zog sich der Sonnenuntergang über 10 Minuten hin und erzwang zwecks fotografischer Dokumentation das Verweilen am Kleinen Beil.
Nach dem schönen, die Farben kaum am Foto festhaltbaren Sonnenuntergang wurde der Abstieg eilig fortgesetzt.
Am überraschend schnell erreichten Tiefpunkt übte der Lämpersberg durch seine immer noch sonnendurchflutete Südflanke eine magische Anziehungskraft aus, die den Entschluß beflügelte, den letzten Hochpunkt auch noch mitzunehmen. Nicht zuletzt mit dem Hintergedanken eines geregelten und schnelleren Abstiegs auf bezeichneten Steigen, aber ungeachtet der sich bereits abzeichnenden Dunkelheit.
Wenig mehr als 120 Hm stellen für den Autor grundsätzlich eine lächerliche Aufstiegsstrecke dar, allerdings im Wettkampf mit dem Tag und sich neigenden Ausdauerreserven nicht in der üblichen Geschwindigkeit. So mußte der Autor auf halber Höhe im Aufstieg eine Verschnaufpause einlegen und sah die Möglichkeit von weiteren Sonnenuntergangsfotografien am Gipfelkreuz des Lämpersbergs dahinschwinden.
Kaum 5 Minuten nach der Pause wurde das Gipfelkreuz erreicht und eine letzte schöne Aufnahme möglich, jedoch ohne den gleißenden Ball noch zu erwischen. Der letzte Hochpunkt der phantastischen Reise über einen der sanften Kämme der Kitzbüheler Alpen war erreicht und das Abenteuer schien sich mit den epischen Blicken in den Osten dem Ende zuzuneigen.
Gleichgültig gegenüber der Dunkelheit, die in Riesenschritten über die Bergkämme hereinbrach, weilte der Autor noch 10 Minuten am Bankl neben dem Gipfelkreuz und genoss die Stimmung. Im Wissen über den Steig ins Tal ließ die Situation keine Eile aufkommen.
Am Abstieg brach die Dunkelheit jäher als erwartet herein. Natürlich fand sich im Rucksack als Notnagel eine kleine Taschenlampe, die das Allernötigste an Licht spendete, um auf dem durch das Weidevieh ruppig hergerichteten Steig zurecht zu kommen.
Die gute Stirnlampe mit dem grellen, weit strahlenden Lichtkegel war selbstverständlich nicht im Rucksack, sie wurde ja den gesamten Sommer über nie benötigt. So kam es, daß der unbekannte Steig mit den letzten Reserven an Akkukapazität des Handys in einer Hand gesucht werden mußte, und das kleine, leichte Lämpchen in der anderen Hand den Weg erhellte.
Die Stöcke zusätzlich unter den Arm geklemmt schritt der Autor vorsichtig die Almwiesen hinab und mancher Umknicker in tiefen Kuhtritten ließ ihn hinabstolpern wie einen Betrunkenen. Sehen konnte es freilich niemand.
Ständig verdunkelte sich der Handy-Bildschirm und die Navigation mit einer Hand auf dem wackeligen Terrain hätte für ein what-Sepp-Video getaugt. Im Wald unterhalb der Alm fand sich der Steig wesentlich ausgeprägter und ließ einen zügigen Abstieg zu.
Hektische Fluchtgeräusche von nahe lagerndem, aufgeschrecktem Wild rissen den Autor mehrmals aus der Konzentration des Abstiegs. Wer vorgibt, sich bei solchen Situationen bei stockdunkler Nacht nicht zu erschrecken, der lügt. So wurde der Abstieg noch zu einem der erinnerungsträchtigsten persönlichen Erlebnisse am Berg.
Im Wald oberhalb der Stallenalpe endet der Steig am Schotterweg, der über zwei Kehren auf den Almweg im Tal in den Hauptweg einmündet und von dort aus noch 2,5 km Strecke zum Parkplatz zurück anfallen. Eine kürzere Alternative wäre ein Steig von der Stallenalpe über die Brunnangeralm ins Tal hinab. Aufgrund der Dunkelheit zog der Autor den etwas längeren Weg über die Stallenalpe ins Tal vor.
Die Gesamtstrecke der phantastischen Reise beträgt 24 km, die Gesamtzeit der Begehung betrug 9:45 Stunden und die gesamte Steigarbeit 2.020 Hm. Wer in weglosem Gelände gut zurechtkommt wird seine Freude an den langen einsamen Abschnitten abseits der Gipfel haben, und wer an Klettereien in mäßig schwierigem Gelände seine Freude hat, findet auch dieses Schmankerl vor.
Eine Alternative dazu ist oben beschrieben und in den Karten auffindbar. Man beherzige den kurzen Tag im Herbst, da es vom Sonnenjoch bis zum Lämpersberg keinen markierten Ausstieg auf der Kammstrecke gibt.
Mils, 03.11.2024