In der Südwestecke im schönen Bogen der zerklüfteten Mieminger-Kette befinden sich die Marienbergspitzen mit ihrem äußerst interessanten und fast einzigartig anzusehenden Gesteinsaufbau, deren Aufstieg auf die Westliche Marienbergspitze über den Westnordwestgrat eine grandiose Bergfahrt in leichter bis mittelschwieriger Kletterei darstellt.
Den Ausgangspunkt für den Grataufstieg bildet das Marienbergjoch, das über das Marienbergtal von Arzkasten erreicht wird und an der Marienbergalm vorbeiführt. Direkter Beginn der Gratbegehung bildet der kleine runde Wiesenkopf oberhalb und hinter dem Schlepplift aus der Nordwestseite herauf. Steigspuren führen auf den Wiesenkopf, der einen guten Ausblick auf den Grat bietet, der übrigens nicht ganz eine Westnordwestrichtung einnimmt.
Zeichnet man eine Linie von der wiesenbewachsenen Fläche am Ende des Hauptgrates zum Einstiegspunkt, dann erhält man einen Winkel von 278°, welcher für die Westnordwestrichtung noch nicht genügt – als Segler sieht man dies zumindest so.
Eines ringt man der Grathauptausrichtung jedoch bereits bei der Tourenplanung ab – man starte nicht zu früh am Morgen, da die ersten Sonnenstrahlen erst gegen 10 Uhr einfallen und man sie genau im Blickfeld hat, wenn man die Felsroute vor sich erkunden möchte.
Wichtig zu wissen sind ein paar kleine aber wesentliche Details, die der AV-Führer falsch, oder nicht nennt, die aber essentiell für die Routenfindung sind. Zu nennen wäre hier der Einstieg, der mit …rechts oben in der Ecke… beschrieben ist. Die Besteigung dieses Kamins (er ist mit viel Schutt verbrochen und kein wirklicher Kamin) endet in einer saftigen Kletterei, weit jenseits von mäßiger Schwierigkeit und mit ungewissem Ausgang, da die senkrechte Sicht nach oben hin völlig fehlt. Auf der oberen erdgefüllten Schrägfläche, mit Blick ins Tal, mußte der Versuch aus Vernunft abgebrochen werden. Möglicherweise wäre diese Route vor dem Verbruch einmal der Aufstieg gewesen, weil „oben rechts“.
Also steigt man am Felsansatz unten wieder nördlich zurück und inspiziert die nächste Verschneidung im Vorbau. Diese befindet sich vor der Aufstiegsrippe bereits eindeutig links und scheint eher zum Aufstieg geeignet, diesmal in festem Fels mit Klemmblock mittig.
Im letzten Augenblick beim Ablichten der Szene bemerkt man unter Umständen einen zaghaften Steinmann noch etwas weiter nördlich und wird abermals stutzig, muß der Sache jedoch auf den Grund gehen und findet noch ein paar Meter weiter eine weitere Verschneidung vor, die leichter als die vorige erscheint, bei der man nicht mehr lange zögert und den Aufstieg nach genügend verschwendeter Zeit beginnt.
Die Verschneidung führt über wenige Meter auf einen grasbewachsenen Trichter, nach oben hin zunehmend mit Schutt gefüllt und an die nächste leichte Wandstufe heranführend. Leicht links der Vertikallinie kann anschließend in festem Kalk über das Rippengelände aufgestiegen werden. Kantig ausgeprägt, für beste Tritte und Griffe, ist der Abschnitt im Muschelkalk nicht, jedoch genügend strukturiert, um guten Halt zu finden.
Ober wird ein mittelbreites Band erreicht, das gegen rechts leitet und an dessen Kante ein Steinmann die Route weist.
Um den Steinmann herum, geht es in ähnlicher Weise der nächsten Stufe entgegen und diesmal bis unter die vom Führer beschriebenen „überhängenden Felsen“ mit rechts der beschriebenen „schöneren Variante in gutgriffigem Fels“ und links dem Schuttband, das abfallend nach Nordosten hinausläuft und das gut zwei Dutzend Meter absteigend verfolgt werden muß, um eine geeignete Aufstiegsstelle zu finden.
Bei diesen Aussichten machte sich der Verfasser auf die schönere Variante zu erkunden, zunächst über einen splittrigen gewundenen Kanal unter dem Überhang, anschließend auf splittrigen Stufen zum festen Fels oberhalb des Überhangs. Ein weiterer Haken sorgt dort für die Gewissheit, daß man am richtigen Weg ist, denn das Gelände wird dort sehr steil.
Am oben anstehenden glatten Fels tauchten Zweifel über die Route dahingehend auf, als daß nur ein einziger Riß über den glatten Fels führt und dieser ohne Kenntnis über die Situation darüber im Alleingang und ohne Sicherung zu gewagt erschien.
Den beschriebenen „ auffallenden, großen Steinblock“ sah der Verfasser wohl und spechtelte auch zwischen ihm und dem Felskopf darüber auf die Gegenseite hindurch, erkannte jedoch nicht die dahinter liegende leichte Fortsetzung des Aufstiegs. Also mußte wieder zum Ausgangspunkt unter den überhängenden Felsen zurückgestiegen und das Schuttband abgestiegen werden.
Von dort über eine leichte Verschneidung über Graspolster hinweg wird ein mittelbreites Band erreicht, das, leicht ansteigend, wieder nach Süden in Richtung Gratkante hinaus führt und, zur Verwunderung des Verfassers, den o. g. Steinblock trägt. Zeit hätte also hier mit dem Übersteigen des Steinblockes gespart werden können.
Seitlich vom Band aus gesehen, mit Phantasie, bietet der Fels über dem Steinbloch dem Betrachter eine eindrucksvolle Situation durch sein Profil, das – einer Figur der Osterinseln gleich – den Wächter des Grates darstellen könnte, den Steinblock ausspeiend, um dem Besteiger Respekt einzuflößen. Man verläßt ihn an seiner rechten Wange direkt über recht glatten Fels nach oben, um die schwere Variante in direkter Kletterei zu vermeiden.
Mittlerweile, weit nach elf Uhr, dringen die ersten Sonnenstrahlen aus der Abdeckung des Massivs auf den Grat vor, in schleifendem Schnitt zunächst blendend beim Vorauserkunden.
Das Gelände wird etwas flacher und der Aufstieg entwickelt sich „in vergnüglicher Kletterei“ wie der Führer schwelgt.
Dieser Mittelteil bildet sich nun zum klassischen Grat aus, vorher hatte man nie so richtig den Bezug zur Gratkante, auch wenn der Führer selbst im unteren Teil davon spricht.
Zunächst wartet eine längere Passage in leichter Blockkletterei, bevor sich der Grat etwas ausgeprägter zusammenzieht und talwärts gerichtete Rippen bildet, in denen der schönste Teil der Kletterei zu finden ist.
Vorher wird ein Schärtchen erreicht hinter dem der Grat steiler fortführt und verschiedene Schwierigkeiten für den Aufstieg bietet – je weiter rechts an der Gratkante, desto anspruchsvoller, die mäßig schwierige Stufe bei weitem übertreffend.
Links über eine recht glatte Stufe wird die Geröllrinne erreicht, von der die Beschreibung spricht. Unerstrebenswert und steil leitet das Geröll zunächst als offener Hang nach oben und man ist bestrebt ihm bei erster Gelegenheit zu entkommen, welches auch nach kurzer Strecke durch den Überstieg nach rechts, auf eine zackige Gratlinie hin, gelingt. Unter Beibehaltung der direkten Linie würde die beschriebene Geröllrinne erreicht werden, mit einem großen Klemmblock am Ende.
Der Wechsel nach rechts, hinaus auf die Gratkante, war die beste Intuition auf der gesamten Gratbegehung, führt sie doch auf die Außenkante der schmalen äußersten Gratrippe, mit einem wunderschönen ansteigenden Band auf dem sich ein traumhafter Aufstieg in massig anstehendem Wettersteinkalk anbietet. Die schönste Passage am Grat.
Wie ein steiler Weg durch die Außenkante der Felsscheibe bahnt sich das Band nach oben und bereits von unten kann man anhand seiner Struktur erkennen, daß eine Begehung bis zum oberen Ende möglich sein würde. Ein paar Schmalstellen im Band salzen den Aufstieg zusätzlich.
An seinem oberen Auslaufen wird die Rippenoberkante erklommen, die auf eine parallele Gratscheibe überleitet, die man überklettern kann und einen tiefen, nahezu senkrechten Abbruch auf der Hinterseite erblickt. Über die äußersten Zacken – sehr fest, auch wenn der optische Eindruck täuscht – wird der Gratabhang wieder erreicht.
Nun leitet ein Schutthang unter die Felskante des beschriebenen Turms, der links umgangen wird. Direkt unter dem linken Absturz des Turms gibt es die Abstiegsmöglichkeit dazu. Einigermaßen luftig kann auf ein mittelbreits Band abgestiegen werden, das den allseitig glatten Turm auf der Nordseite umgeht und das in einer schönen Scharte endet, von der sich ein tolles Fotomotiv auf die Marienbergalm bietet.
Bevor diese Scharte erreicht wird lohnt zunächst ein Blick in die Tiefe, der sich aufgrund der Eigenartigkeit des anstehenden Gesteins unweigerlich auf die Grathöhe fortsetzt.
Zunächst erkennt man die über hunderte Meter beeindruckend aufgestellten Bankkalke der Virgloria Formation, die sich vom Tiefsten der Schlucht bis über den Blickpunkt auf das wiesenbewachsene Grateck hinaufziehen, das am Ende des WNW-Gratabschnittes den Einstieg in den Wettersteinaufbau der Westlichen Marienbergspitze darstellt und das man dort als Haltepunkt zwischen den Wiesenpolstern benutzt.
Die Virgloria Formation stellt die unterste Stufe des sogenannten Alpinen Muschelkalks dar, wegen der welligen Oberfläche der Bänke wird das Gestein auch als Wurstelkalk bezeichnet.
Weiter unten in der Tiefe erkennt man die massiven Bankungen der Reiflinger-Bankkalkserie, die sich ebenfalls weit hinaufziehen, wegen des flachen Sichtwinkels der Nordflanke der Westlichen Marienbergspitze zum Standpunkt jedoch nicht einsehbar sind.
Schlußendlich, gegen die Westwand des Wamperten Schrofens hin, überlagert diese beiden Gesteinsarten die oberste Serie des Alpinen Muschelkalks, die sogenannten Partnachschichten, bestehend aus schwarzen Mergeln und Tonschiefern, welche von dünnen Lagen von Kalkzügen durchzogen werden.
Nun muß man sich die drei Formationen in ihrer Bildung horizontal geschichtet, mit der Virgloria Formation zuunterst vorstellen, dann kann man sich den komplizierten Gebirgsbildungs- Faltungs- und Aufschiebungsprozeß im Ansatz ausmalen, der zu dieser heutigen Erscheinung geführt hat. Zum näheren Studium der Verhältnisse eignet sich auch der Besuch der Partnachklamm bei Garmisch, in der die oberen beiden Schichten nachvollziehbar besichtigt werden können.
Mit diesem freien Blick in die Schlucht und auf den oben bereits umgebogenen Grat zur Westlichen Marienbergspitze umgeht man den Turm auf einem mittelbreiten Band, an dem an seiner linken Seite ein Felssporn aufzieht, der sich nach oben hin aufstellt und die o. g. Scharte bildet. Die Verwinkelung an dieser Stelle ist auffällig.
Verlassen wird die Scharte über die recht glatte Felsfläche in direkter Gratrichtung, die griffiger ist, als sie auf den ersten Blick hin aussieht. Oberhalb setzt der Aufstieg über einen kurzen flächigen Geländerücken fort, dessen Westabsturz man nicht kennenlernen möchte. Im oberen Teil häufen sich Erosionserscheinungen und die Fläche wird griffiger.
Nun ist der Schnittpunkt der verschiedenen Kalkgesteine erreicht, die Virgloria-Kalkserie zieht von der Schlucht gegen den Grat und bildet bis zur Wiesenfläche hin die Aufstiegsroute.
Großteils stehen die nach Norden hin einfallenden Bänke fest im Verbund und bilden einwandfreie Griffe und Tritte. Über einen grasbewachsenen Trichter, der nach Südwesten hin steil ins Arzbödele abfällt, wird der WNW-Teil des Grates auf die Wiesenfläche hin verlassen, der sich nun in leicht südwestliche Ausrichtung wendet.
Der Restaufstieg leicht unterhalb der Gratlinie verläuft unspektakulär. Nach Umgehung des begrünten Kopfes auf seiner Südseite möchte man in gewohnter Weise auf den Kalkgraten meinen, daß die direkte Linie am Grat eine vorteilhafte wäre und wird eines Besseren belehrt.
Der mühsame kleinstückige Schutt lagert auch dort, sodaß von keinerlei Besserung gegenüber der steilen, rolligen Südwestflanke gerechnet werden kann.
Mit 130 Hm Aufstieg ab dem Wiesenfleck schließt die Gratbegehung auf die Westliche Marienbergspitze ab und wer knapp unter der Gratkante steigt hat oben ein tolles Motiv gegenüber der letzten Scharte, die zu einem moderat kurzen Abstieg zwingt, um den spitzen Gipfelturm zu besteigen.
Ein auch nur kurzes Verweilen auf dem Turm der Westlichen Marienbergspitze erübrigt sich durch fehlenden Komfort. Kaum eine Sitzfläche bietet sich auf dem Zacken an, sofern man nicht gerne dazu neigt mit dem Rücken zu einem unmittelbaren Abbruch des Turmes über mehrere Hundert Meter zu verweilen.
Die Position gereicht also gerade für ein Bild in alle vier Himmelsrichtungen, um die Aussicht festzuhalten. Spektakulär erscheint der Blick auf die beiden Spitzen im Norden, auf Wamperten Schrofen und die Ehrwalder Sonnenspitze.
Eine Trinkpause im Südwesten des leicht niedrigeren vorderen Gipfelturms mußte nach langem Aufstieg jedoch sein. Mit allen Routensuchaktionen, Versteigern bzw. Foto- und Trinkpausen wurden für den Aufstieg vom obersten Hochspannungsmast (Trafohäuschen, Punkt der Erkundung des Grates mit dem Fernglas) bis zum Gipfel 2:50 Stunden benötigt.
Wie immer Sind eigenständige Gipfel durch eine Einschartung von mindestens 30 Hm getrennt, um als solcher zu gelten und der Übergang zur Östlichen Marienbergspitze stellt im Tiefsten, mit der Marienbergscharte auf 2.470 m, eine Einschartung von etwa 65 m Ausmaß dar, über die in schuttbedecktes Felsflächen abgestiegen wird, großteils auf Steigspuren.
Jenseits der Marienbergscharte – genauer gesagt, der Westlichen Marienbergscharte – die Östliche befindet sich zwischen Östlicher Marienbergspitze und Grünstein und bietet eine andere traumhafte Bergfahrt hier auf diesem Blog – muß die unter Bremsung im Abstieg vernichtete Energie zuerst in tiefem Schutt mühsam erneut aufgebracht werden, um zur größeren Schwester zu gelangen. Weiter oben geht die Schuttstrecke in massiven Fels über, welches das Aufstiegserlebnis bedeutend steigert und gegen das Ende Leichtfüßigkeit hervorruft.
Etwas östlich des Gipfelkreuzes der Östlichen Marienbergspitze kam der Verfasser an, gleichzeitig auf einem optimalen Punkt für die erste Ablichtung des schönen Gipfelkreuzes. Eine Vermessungsstange befindet sich umgelegt in kurzer Entfernung vom Gipfelkreuz und wurde als Störfaktor aus dem schönen Bild gegen das Oberland ausgeblendet.
Immer imposant erscheint die Fortsetzung der Mieminger Kette mit dem Wannigstock im Westen, der durch das Marienbergjoch getrennt wird und dessen Nordsockel bereits Lechtaldecke darstellt, die, deutlich erkennbar, völlig anders als die Südflanke der Inntaldecke geartet ist.
Weiter im Westen bot sich an dem sehr klaren Tag ein grandioser Blick in die hohen Lechtaler, unter anderem mit der Parseierspitze in 39 km Entfernung und dem Hohen Riffler in der Verwallgruppe in 49 km Entfernung.
In der Nähe fällt die beeindruckende Gestalt der Heiterwand in 14 km Entfernung ins Auge und etwas weiter rechts der Loreakopf mit der schönen Umrundung des Fernpasses über die Gartnerwand.
Südöstlich der Östlichen Marienbergspitze liegt der Grünstein, getrennt durch die Östliche Marienbergscharte. Die Überschreitung zum Grünstein ist möglich, jedoch konnten wir sie am Weg zum Grünstein über den Westgrat von der Scharte aus nicht ausmachen und so wartet sie nach wie vor auf die Begehung.
Der Blick in den Osten läßt eindrucksvoll die vier inneren Nordgrate der Mieminger Kette erscheinen, wenn, den Igelkopfgrat ob seiner geringeren Höhe auch nur ansatzweise und mächtig der zweite, der die Tajaköpfe trägt und der vierte, der den Breitenkopf, einen bärigen, kaum begangenen Gipfel trägt. Zum ersten Nordgrat, dem Drachenkopfgrat, ist ein schmaler Gamssteig erkennbar, der später als Abstieg ins Drachenkar benutzt wurde, um zur Grünsteinscharte zu gelangen.
Die Hauptkette der Mieminger birgt äußerst interessante und rassige Ziele, wie beispielsweise die Überschreitung des Grünsteins von der Grünsteinscharte, die Überschreitung der Hochplattigspitzen, die Überschreitung vom Karkopf zur Hochwand, aber auch rassige Südgrate wie den Schloßgrat von der Mitterspitze.
Über das Schwärzkar bietet sich der berühmte epische Blick mit dem Seebensee und der Zugspitze jenseits des Gaistales und der Ehrwalder Alm. Flankiert wird der Blick von den wohlgeformten Spitzen des Wamperten Schrofens – so wampert (dickbäuchig nach der Tiroler Mundart, die Mieminger lassen vielleicht das r nach der Wampe aus, daher höchstwahrscheinlich die Missbezeichnung im älteren Kartenwerk) wie er bezeichnet wird erscheint er von der Östlichen Marienbergspitze aus gar nicht -, sowie durch die Ehrwalder Sonnenspitze. Verdeckt dabei wird der Schartenkopf zwischen Wampertem Schrofen und Sonnenspitze.
Beim Tiefblick ins obere Schwärzkar fiel den Verfasser der schmale Gamssteig ins Auge, der sofort für den Abstieg ausgewählt wurde, wann hätte man sonst die Möglichkeit, einmal das Hintere Drachenkar zu betreten, wenn man nicht regelmäßig – dem Elmar gleich – durch die schauerliche Nordrinne zum Grünstein aufsteige.
Hinab zur Westlichen Marienbergscharte und hinein ins Vergnügen, dachte sich der Verfasser, um aus der Bergtour eine schöne Runde zu gestalten, über das Marienbergtal hinauf, über das Lehnbergtal hinab. Das Vergnügen wurde allerdings in der schluchtartigen Rinne hinab ins Schwärzkar für etwa 100 Hm unterbrochen, indem er feststellen mußte, daß in dieser schlecht gebauten Rinne ein Abstieg ohne jegliches Geröll abzutreten so gut wie unmöglich ist. Gott sei Dank war an diesem Tag niemand in die Gegenrichtung unterwegs, unweigerlich hätten Aufsteigende daran glauben müssen.
Die gesamte Rinne führt in äußerst schlechtem Fels hinab, speziell der Mittelteil weißt mehr oder weniger nur Sand mit eingebetteten Brocken aus, die man nicht begehen kann, ohne sie loszutreten. Hier hilft nur sich akustisch zu überzeugen, daß sich niemand in der Rinne befindet, bevor ein Abstieg erfolgen kann. Zum guten Glück ist die Rinne recht kurz und sollte die Rufweite nicht überschreiten.
Trotz vieler Erlebnisse im Karwendel war diese Rinne eine neue Erkenntnis für den Verfasser und gleichzeitig die unangenehmste einer Rinne jemals. Weiter unten kann im Abstieg nach links auf Schuttreisen ausgewichen werden, auf denen es sich bequem bis zur Felskante rechts, in Richtung Hintere Drachenscharte, abfahren läßt.
Wem die Querung zum schmalen Gamssteig zur Hinteren Drachenscharte zu mühsam ist, der fahre weiter ab, bis flacheres Gelände die Querung ohne den Volleinsatz aller vier Gliedmaßen herauszufordern und steige an geeigneter Stelle über den im unteren Teil verschütteten und nicht sichtbaren Steig wieder auf. Alle anderen benötigen, dem Verfasser gleich, einige Anstrengung, die etwa 50 Hm eingesparten Wiederaufstiegs zu halten.
Die Spannung stieg während dem Anmarsch leicht, mit welchem Gegenstück die Hintere Drachenscharte wohl aufwarten würde und der Blick auf den Turm (Partnachkalk) an der Scharte verstärkte den Eindruck von bizarrem Gelände.
Der kurze Übergang von den Schuttreisen zur Scharte ist diesseits von leichtem Fels geprägt, jenseits noch zahmer mit einem Abstieg direkt vom Felsabsatz auf steile kleinstückige Schottereisen, die erst weiter unten zum Abfahren taugen.
Zur Zeitersparnis dieser Variante sei zu sagen, daß diese möglicherweise nicht besonders ergiebig ausfällt als die Strecke unter dem Drachenkopfgrat herum. Zum einen mag der rauhe Abstieg durch die teilweise sehr groben und unkonsolidierten Schuttreisen im Hinteren Drachenkar Ursache für den mühsamen Abstieg sein, der durch den besseren Wegverlauf über das Schwärzkar und die anschließenden Steige ausgeglichen wird, zum anderen erscheint am Ende des Abstiegs durch das Drachenkar die eingesparte Höhendifferenz von etwa 100 Hm zu den gelben Sonnenschirmen der Coburger Hütte als erstaunlich wenig groß.
Wer allerdings die Landschaft in einem abgeschiedenen archaischen Kar schätzt, bei dem nur eine Seilschaft im senkrechten Fels auf den Ostgrat des Grünsteins zu hören ist, der mag an diesem Kar Gefallen finden.
Den Aufstieg wählte der Verfasser auf einem Gamssteig knapp unterhalb der Felsen am runden Eck des Ausläufers des Grünstein Ostgrates unterhalb der Grünsteinscharte. Mit erstaunlich wenig Anstrengung konnte der Anstieg um den Ausläufer herum begangen werden, bevor oberhalb eines kleinen Rinnsales der markierte Steig zur Grünsteinscharte erreicht wurde.
Am Rückweg von der Scharte, durch das lange Lehnbergtal, durfte ein Besuch im Lehnberghaus nicht verabsäumt werden, um wertvolle Elektrolyte aufzunehmen und die Strecke Revue passieren zu lassen.
Die gesamt benötigte Zeit incl. aller Pausen betrug 9:40 Stunden. An Pausen dürften incl. der Gratbetrachtung am Marienbergjoch eine gute Stunde zusammengekommen sein.
Die Aufstiegsstrecke betrug 1.845 m (per Sportuhr barometrisch gemessen) und die Streckenlänge betrug 16 km, ermittelt mit Outdooractive.
Mils, 14.08.2022