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Hallerangerspitzen – Überschreitung vom Sunntiger

Ein schon lange gehegter Wunsch, die Überschreitung vom Sunntiger auf die Hallerangerspitzen.
Vor Jahren haben wir mit Christian den Sunntiger besucht. Eine ausgiebige, schöne Tour Anfang Juni, wo alles blühte und der Berg ein wahrer Farbkasten war.
Damals entflammte der Blick vom Gipfel des Sunntigers auf den ostwärts ziehenden Grat den Wunsch ihn näher zu erkunden.

die Hallerangerspitzen vom Gipfel des Sunntigers gesehen

die Hallerangerspitzen vom Gipfel des Sunntigers gesehen

Im AV-Führer werden die Hallerangerspitzen mit III (Stellen) beschrieben, genau meine Gewichtsklasse.

Gratkette vom Lafatscher Joch aus gesehen

Gratkette vom Lafatscher Joch aus gesehen

Um halb acht am Parkplatz zur Sprungschanze in Gnadenwald gestartet, erreichte ich um halb elf die Hallerangeralm. Nach einer kurzen Trinkpause verließ ich die nette Wirtin in Richtung Sunntiger wo ich um 11:45 am Gipfel eine Rast einlegte.

Am Weg dorthin passierte ich neben dem Melzerdenkmal natürlich auch.

Denkmal für Otto Melzer, einem großen Bergsteiger zu Ende das 19.Jhdts.

Denkmal für Otto Melzer, einem großen Bergsteiger zu Ende das 19.Jhdts.

die Überreste längst vergangener bergbaulicher Infrastruktur mit ihrer unverwechselbaren sonderbaren Geologie und Flechtenbewuchs (den es im Karwendel in dieser Form nicht weiter gibt).

alter Stollen?

alter Stollen?

Die zunehmend oft anzutreffenden, unvermeidlichen Steinmandln in halber Lebensgröße – ein Phänomen der letzten 10 Jahre, in etwa so sinnlos wie die fb Fotos mit Leuten, die auf die Arme von Gipfelkreuzen hinaufsteigen – markieren unverwechselbar das frühe Industriedenkmal auf dem breiten Rücken, der sich zum Reps hinzieht und vermiesen mir die Lust mich tiefer mit der Arbeit der Knappen vor langer Zeit zu befassen.

Gipfel des Sunntigers

Gipfel des Sunntigers

Am Gipfel des Sunntiger um 11:45 angekommen, kam kurz Zweifel auf, ob das Wetter halten würde. Wetterberichte heutzutage sind sehr unverlässlich für den Bergsteiger und der Blick gen Westen verriet nichts Gutes.

herrliche Ausblicke auf die Gleirsch - Halltalkette

herrliche Ausblicke auf die Gleirsch – Halltalkette

Ich beschloss zumindest ein, zwei Grattürme zu probieren und wenn der dunkle Turm über der Zugspitze näher kommen würde, dann würde ich umdrehen.

Starker Südwind (Föhn) ließ die Hoffnung auf durchgehend schönes Wetter weiter keinem und so machte ich mich mit viel Getöse um die Ohren auf den Weg.

Zuerst taucht man recht tief in die Verbindungsscharte mit dem ersten zähne zeigenden Gratturm ab um dann jenseits entweder recht ausgesetzt am Grat, oder auch nicht weniger einfach im südlichen Hanggelände wieder auf die Gratschneide zu gelangen.
Dieser erste Gratanwurf hat – nachträglich gesehen – so etwas wie eine Schlüsselstelle an sich. Ist man oben, dann meistert man auch die folgende Strecke, und das mit zunehmender Freude am Gratverlauf.

auf dem ersten Gratturm nach der Scharte vom Sunntiger

auf dem ersten Gratturm nach der Scharte vom Sunntiger

Auf dreiviertel der Höhe finde ich direkt am Grat eine Opferschlinge, eine recht neue schmale Bandschlinge, um einen großen Zacken herum gelegt. Oben angekommen erlaubt der Blick die Sicht bis zur größeren der beiden Hallerangerspitzen. Weiter geht es nun leicht am Grat mit zunehmender Höhe.

Rückblick auf den Sunntiger

Rückblick auf den Sunntiger

Die Kletterei ist nach dem ersten Aufschwung direkt am Grat etwas einfacher als vorher.

Ausblick auf die höhere Hallerangerspitze

Ausblick auf die höhere Hallerangerspitze

Sie sieht schon fast zum Greifen nahe aus, jedoch ist die eine Stunde mit der die Überschreitung im AV-Führer beschrieben ist, bei der Erstbegehung gerade noch zu schaffen. Hier ein Rückblick über die von Westen so harmlos aussehende mächtige Gratplatte der kleinere der Hallerangerspitzen mit tiefer Einschartung im Verlauf nach der Spitze.

niedrigere der beiden Hallerangerspitzen

niedrigere der beiden Hallerangerspitzen

der Gratverlauf zwischen den beiden Gipfeln ist einfach.

Gratverlauf zwischen den beiden Hallerangerspitzen

Gratverlauf zwischen den beiden Hallerangerspitzen

Die größere Hallerangerspitze stellt den Überschreiter vor die Frage von welcher Seite man sie nehme. Zuerst kokettierte ich mit einem steil nach oben ziehenden Band, das auf die südliche Begrenzung führen würde, jedoch sieht es, bei näherer Betrachtung, nicht leicht aus und außerdem ist es nach einer Kurve nicht mehr einsehbar.
Also entschied ich mich für die Nordseite, die über eine Rinne ein besseres Weiterkommen versprach. Dem war auch so und nachdem die Rinne auslief ist man recht ausgesetzt auf der Nordflanke, jedoch mit guten Griffen und Tritten ausgestattet wendete ich nach Süden und erreichte nach ca. sieben, acht Meter den Gratverlauf wieder.

in der Nordflanke der größeren Hallerangerspitze

in der Nordflanke der größeren Hallerangerspitze, RÜckblick auf den Grat

Die Partie auf den Kopf würde ich als zweite Passage im dritten Grad bezeichnen. Alles andere ist eher leichter.

Blick von der höheren Hallerangerspitze zurück

Blick von der höheren Hallerangerspitze zurück

Nun sieht es so aus, als läge ein leichter Abschnitt voran.

Blick von der höheren Hallerangerspitze voraus

Blick von der höheren Hallerangerspitze voraus

Der Berg gibt jedoch noch nicht ganz auf. Eine tiefe Einschartung wartet noch als krönender Abschluß. Diese wäre niemals direkt zu überklettern, jedoch wird man dessen erst in der Flanke gewahr, wenn man den Blick nach oben richtet.

letzte tiefe Einschartung nach der höheren Hallerangerspitze

letzte tiefe Einschartung nach der höheren Hallerangerspitze

Nach der Schuttreise, die aus schlechter, brüchiger, orangefarbener Störzonengeologie besteht ein Blick zurück auf den Grat nach der höheren Hallerangerspitze mit dem mächtigen Überhang, den man mit Höhenverlust in der Südflanke umgehen kann. Allein für diese Partei habe ich zehn Minuten verbraucht.

Gratverlauf nach der höheren Hallerangerspitze

Gratverlauf nach der höheren Hallerangerspitze

Nach diesem Abschnitt folgt der letzte Aufschwung, der aber schon zum Gratverlauf zählt und, obwohl höher, keine Hallerangerspitze mehr ist.

letzter Aufschwung nach der größeren Hallerangerspitze

letzter Aufschwung nach der größeren Hallerangerspitze

Gratverlauf nach der größeren Hallerangerspitze, in der AV-Karte mit 2.435m vermerkt

Gratverlauf nach der größeren Hallerangerspitze, in der AV-Karte mit 2.435m vermerkt

Nun sind aber alle kritischen Zacken und Türmchen gemeistert und man hat die Wahl dem Grat bis zur Gamskarspitze zu folgen, oder, wenn der Heimweg lang und das Wetter zweifelhaft, dann kann man an geeigneter Stelle auch den Grat verlassen und ca. 150 bis 200Hm darunter, den Weg von der Hallerangeralm zur Gamskarspitze treffen und diesen abwärts zu folgen.

Gratverlauf mit Gamkskarspitze im Hintergrund.

Gratverlauf mit Gamskarspitze im Hintergrund.

ein letzter Rückblick auf Sunntiger (ganz im Westen), die kleine und die große Hallerangerspitze

ein letzter Rückblick auf Sunntiger (ganz im Westen), die kleine und die große Hallerangerspitze

Ein letztes Schneefeld dient dem raschen Abstieg in das sogenannte Großjoch.

Abstiegshilfe vom Grat

Abstiegshilfe vom Grat

Nun gibt es eine spitzenmäßige Bergsteigermahlzeit. Knödelsuppe und Bier füllen den Salzverlust wieder auf.

Hallerangeralm

Hallerangeralm

Am Rückweg über das Lafatscher Joch sehe ich die gesamte überkletterte Kette im Norden nun fortwährend mit anderen Augen.

linkls Sunntiger, mittig links kleine Hallerangerspitze, mittig große Hallerangerspitze, rechts Gratverlauf zur Gamskarspitze

links Sunntiger, mittig links nach dem grünen Fleck die kleine Hallerangerspitze, mittig die große Hallerangerspitze, rechts der Gratverlauf zur Gamskarspitze mit Schneefeld ins Großjoch

Um 15 Uhr erreichte ich die Bettelwurfhütte, legte eine Pause ein und um 17:30 Uhr erreichte ich den Ausgangspunkt wieder.

Tour grün markiert ab dem Lafatscher Joch

Tour grün markiert ab dem Lafatscher Joch

Die gesamte Strecke hat knapp 2.500Hm mit geschätzten 200Hm innerhalb der Gratstrecke und an die 24km Länge.

Mils, 14.06.2015