Der Plan, die beiden Gipfel der Hohen Munde heute zu besteigen scheiterte an dem beißend kalten Wind, der mir so klamme Finger bescherte, die sich zwischen Schmerz und Abnehmen anfühlten.
Alle Windstopper, die ich zur Verfügung hatte taten ihren Dienst, nicht jedoch die löchrigen Kletterhandschuhe. Bei der ersten Verseilung auf ca. 2.550m, ca. 120m unterhalb des Westgipfels mußte ich umdrehen, da vernünftiges Greifen nicht mehr möglich war. Im Restschnee konnte man keine Sohlenabdrücke hinterlassen, es dürfte einiges unter Null gewesen sein und der breite Rücken des Westgrates ist so ohne Deckung, daß der Wind unerbittlich zuschlagen konnte.
Damit hatte ich am Morgen, bei der Wetterbegutachtung, nicht gerechnet.
Beide Gipfel laufen mir aber nicht davon und die Tour wurde kurzerhand zur aussichtsreichen Almenwanderung umfunktioniert.
Der Aufstieg begann um 9 Uhr am unteren Parkplatz auf der Schotterstraße zum Strassberghaus, den man über den Ortsteil Lehen – St. Veit erreicht. Diese Ortsteile fährt man am besten von der Autobahnausfahrt Telfs Ost aus an. Mich kostete das Befolgen der meisten Beschreibungen im Internet eine gute halbe Stunde, da ich diese Ortsteile über die Ausfahrt Telfs West angefahren bin und dann vor einer Straßensperre gestanden bin. Das Navi zeigte mir keine Alternative und so mußte ich mangels Einheimischen um 8:30 probieren einen Weg zu finden.
Es gibt mehrere Parkplätze und sie kosten den Bürger (noch) nichts – hier können sich andere Gemeinden, die ganze Täler selbstherrlich abriegeln, etwas abschauen.
Das Strassberghaus mit der Abzweigung ist in wenigen Minuten erreicht und auf dem Foto bin ich bereits am Weg zur Niederen Munde und ca. 50Hm über jenem.
Der Aufstieg vollzieht sich im unteren Teil weitgehend in üppig gefärbtem Mischwald bis ca. 1.600m, dann beginnt der Latschengürtel mit teilweise offenen Bergwiesenflächen.
Die Niedere Munde (2.059m) war in eineinhalb Stunden erreicht und auffrischende Böen veranlaßten mich zur Jacke und zu den leichten löchrigen Kletterhandschuhen zu greifen.
Der breite, runde Gratrücken ist prädestiniert, daß der Jochwind ungebremst und über die gesamte Gratlänge darüber hinweg fegt und das mußte ich eine dreiviertel Stunde bis zur Rückzugsentscheidung spüren.
Als ich das Seil sah stand die Entscheidung schnell fest, da ich nicht in der Lage sein würde das Seil, oder auch den Fels vernünftig zu greifen.
Vorher wurden aber noch ein paar Bilder von der Umgebung angefertigt. Mit diesen Perspektiven des Karkopfes und der Hohen Wand stand für mich schon bei klirrender Kälte dort oben fest, daß diese beiden Gipfel in meine Besteigungsliste Eingang finden werden. Ist das nicht ein grandioser Anblick?
Mit dem Grat der Judenköpfe links wird das Alpltal gebildet und die heimelige Ähnlichkeit mit dem Halltal gen Stempeljoch ist frappierend. Diese Berge müssen begangen werden!
Zunächst jedoch meldeten die Finger, daß sie kaum das Knöpflein der kleinen Japanerin gefunden haben, mit dem sie nach den Aufnahmen wieder ausgeschaltet wird. Ohne das Notstirnband im Rucksack denke ich hätte ich beim Schreiben dieser Zeilen bereits die Anzeichen einer Mittelohrentzündung verspürt. Unglaublich diese Temperaturunterschiede, denn zurück am Joch, der Niederen Munde, konnte ich mich knapp unterhalb am fast windstillen Steig in den Latschen bereits wieder aller Kleidung entledigen.
Beim Wegweiser nahm ich dann den Steig zum Alpl, denn der Tag war noch jung und mußte genützt werden. Diese Entscheidung sollte ich nicht bereuen, denn er verläuft mit wenigem Auf und Ab durch eine farbenfrohe herbstliche Alpinlandschaft auf einem durchschnittlichen Niveau von 1600m und fällt gegen das Alpltal hin auf 1.500m zur Alplhütte ab.
Das Alpltal erreicht man nicht sofort, vorher gilt es einen weniger und einen stark ausgeprägten Rücken abzuschreiten, die vom Karkopf herabziehen. Alles jedoch mit moderatem Höhenverlust.
Bevor man die Bergrückenkante überschreitet, die erstmals den Blick auf das Alpltal freigibt findet man rechter Hand abzweigend noch einen vielversprechenden Steig, den vielversprechenden Edi Dengg Gratlsteig. Dieser muß auch ins Repertoire dachte ich mir. Der ist sicher sehr schön über die kleinen Grattürme bis zum Steig auf den Karkopf.
Knapp nach dieser Stelle sieht man in das malerische Alpltal hinunter und unten bei der Hütte hat man einen grandiosen Blick auf die Mieminger.
Von dort ist es noch ca. eine knappe halbe Stunde bis zur Hütte.
Mittig in der Mieminger Kette erkennt man die Alpl Scharte (Bildmitte), rechts davon die Hohe Wand und links davon den gewaltigen Hochplattig. Im Bild ganz links sieht man die Juden- und die Zwölferköpfe, die man von der Alplhütte aus auf einem Steig umrunden kann.
Am Abstieg, nach einer Stärkung in der Alplhütte mit dem unglaublichen Panorama auf die Mieminger Kette, entdeckte ich noch einen interessanten Steig durch das trockene Bachbett. Die Kalkblöcke vermitteln einen gewaltigen Eindruck von den Kräften, die hier im Spiel sind.
Mit dem Abstieg zum Strassberghaus und zum nahegelegenen Parkplatz beendete ich meine Runde nach 5 3/4 Stunden und 1.475Hm.
Mils, 14.11.2015