Im Schatten der bekannten klassischen Schitour auf den Nördlichen Rosslauf steht sein kleiner Bruder, der Südliche Rosslauf, im oberen Teil am Grat eine kurzweilig nette Tour über allerhand Geländestufen auf die Kuppe vor dem langen Grat zu den Pfeiferspitzen zwischen beiden Rossläufen. Die Schitour ist eher lang, wie alle Touren von Obernberg auf den Grenzkamm zum südlichen Landesteil.
Der Jänner 2022 war seit seinem Beginn geprägt von lang ausgebliebenem Schneefall, wodurch die Bilder mit kärglicher und weitgehend umgewandelter, brettharten Schneeoberfläche zu erklären sind. Am Dreikönigstag gab es wenige Zentimeter Neuschnee nach einer vorausgehenden, mehr als einwöchigen Schönwetterperiode zu Ende Dezember. Somit herrschte bis zur Tour fast drei Wochen ungetrübter Sonnenschein ohne ein Flöckchen Schnee, sieht man vom Dreikönigstag ab.
Mit diesen Verhältnissen starteten wir in Obernberg am Parkplatz beim Waldbauern unsere Tour auf den Südlichen Rosslauf. Bei guter Stimmung konnte uns die etwas traurige Schneelage nichts anhaben.
Wie immer taucht man im Hochwinter am Weg zum See in den Schatten ein und verläßt diesen erst einige Kilometer später, am Weg auf die erste Geländestufe nach dem See in Richtung Portjoch, die Portissen.
Entlang des Obernberger Sees bis zu den neu errichteten Hütten benutzten wir die direkte Linie über die Eisfläche. Die Hütten am Ende des Sees links liegen gelassen und durch das kurze Waldstück erreicht man die große freie Almfläche, die einen bärigen Überblick auf den Anstieg zu Obernberger Tribulaun und Nördlicher Rosslauf bietet, knapp 800 Hm des Anstiegs über die mächtige Reise sind dort einzusehen.
Unsere Spur führte uns aber auf den Talschluß zu, weiter südlich zum Portjoch. Das Gelände wird entlang der Richtung der nächsten Talstufe auf die Portissen zunehmend steiler, Strauchwerk begleitet über den einförmigen Hang.
Kurz vor dem Ende des Anstiegs auf die nächste Stufe kommt im Hochwinter endlich Sonne zum Vorschein. Etwa 90 min ab dem Parkplatz mußten wir dafür ansteigen. Die Temperatur änderte sich schlagartig, ohne Jacken ging es auf der harten Schneeoberfläche weiter Richtung Portjoch.
Etwa einen Kilometer Aufstiegsstrecke mit 250 Hm Unterschied fällt vom Erreichen der Talstufe zum Portjoch an und so richtig sehen kann man den Südlichen Rosslauf während des Anstiegs nie, da er in einem schleifenden Schnitt zur Sichtachse liegt. Alles was man weiß ist, daß der Anstieg vom Portjoch nochmals 270 Hm beträgt. Mit zwei Spitzkehren bewältigten wir den Aufstieg zum Joch auf der Sonnenseite.
Wie meist am Grenzkamm begrüßte uns starker Südföhn am Portjoch und zwang uns wieder zurück in die Jacke. Die ausgesetzte Lage des Kamms erforderte Vorausschau beim Aufstieg, denn weite Partien im unteren Teil präsentierten sich abgeblasen bzw. ausgeapert. Es gelang uns auch eine Schneise zu finden, bei der wir die Schi nicht abschnallen mußten.
Im oberen Teil wurde durch Schneedecke durch die Wind- und Sonnenabdeckung eines Gratfelsens besser und durchgehend gut besteigbar. Der Windschatten hielt bis knapp unter dem unscheinbaren Gipfelplateau des Südlichen Rosslaufs an.
Der letzte Teil ab dem Portjoch ist abwechslungsreich und könnte in dieser Art ohne weiteres noch weitergehen, aber unversehens betraten wir dann den Gipfelbereich des Südlichen Rosslaufs, wo uns der Föhn wieder in den Griff nahm.
Gipfelstatus hat der Südliche Rosslauf per Definition von 30 m Schartenhöhe nicht, der kleine Sattel im Kamm zu den Pfeiferspitzen beschert ihm gerade 12 m Schartenhöhe. Daher gibt es vermutlich auch kein Gipfelkreuz und die Holzreste, die Flex zum solchen zusammenprobierte dürften eher Überreste von alten Weidezäunen gewesen sein.
Ein weitgehend zusammengefallener Steinmann aus den schön gebänderten Kalk- und Dolomitbrocken des metamorphen Kalkkomplexes bildet die Zier des Südlichen Rosslaufs. Auffällig am Südlichen Rosslauf ist die Längsfurche in Richtung der Gratlinie und leicht westlich davon, eine tektonische Zerrspalte.
Eine beeindruckende Loge bildet der Südliche Rosslauf jedenfalls in der Ansicht auf den Aggls-Rosskopf-Kamm, der sich von weit westlich, von der Agglsspitze (in 10,4 km Entfernung) bis zum Roßkopf bei Sterzing zieht und der vom Östlichen Hauptkamm bei den Feuersteinen abzweigt, genauer, beim Westlichen Feuerstein.
Dieser Kamm trägt tolle Schitourenziele, wovon im äußeren Teil die Wetterspitze, die Ellesspitze und die Maurerspitze genannt werden können, die talgegenüber liegen und vom Südlichen Rosslauf aus perfekt eingesehen werden können. Im Sattel zwischen Wetterspitze und Mauererspitze, ganz imposant anzusehen, lugen der Ratschinger Weißen und sogar die Hohe Wilde in 36 km Entfernung durch.
Der Pflerscher Tribulaun in 3,5 km Entfernung lugt über dem Sattel zwischen der Rotspitze und dem Nördlichen Rosslauf durch. Die klassische Schitour im Gebiet führt zum nicht sichtbaren Obernberger Tribulaun.
Im Südosten bietet der Südliche Rosslauf eine umfassende Aussicht auf die Brennerberge und den Tuxer Hauptkamm, sowie im Osten auf die Tuxer Alpen. In unmittelbarer Umgebung dürfen hier als schwere Schitouren der imposant geformte Wolfendorn und der mit einer 40° Steilflanke ausgestattete knappe Dreitausender, der Kraxentrager genannt werden. Aber auch der Blick auf die nur 60 km entfernte Sass Rigais und den Langkofel mit den zerfurchten Spitzen rings herum wird frei.
Im Vordergrund liegen die schönen leichten Ziele von Obernberg auf den Grenzkamm mit Grubenkopf, Geierskragen, Allerleigrubenspitze und Hoher Lorenzen, Fradersteller (Steinjöchl) und dem im Umkreis berühmten Sattelberg.
Für die Abfahrt erschien uns der Hang, der sich unterhalb des nach oben hinfort ziehenden Grates zu den Pfeiferspitzen, gut geeignet. Die weitgehende Ebenflächigkeit und Breite des fast völlig schneebedeckten Hanges begründete unsere Wahl augenblicklich, auch wenn weit hinein gequert werden mußte, mit anfänglichen Passagen zwischen Felsschrofen hindurch.
Die Hangneigung an der Querung beträgt mehr als 35° sinkt aber mit zunehmender Nordfahrt und als ideale Abfahrtslinie erkannten wir eine leichte Muldung etwa 200m nördlich des Südlichen Rosslaufs, die sich bis unter das Portjoch hinunterzuziehen schien.
Tatsächlich erwies sich dieser Hangteil als eine feine Abfahrtsstrecke, wenn man den Schneemangel und die Qualität durch Umwandlung bedenkt. Zumindest etwa 200 Hm akzeptable Abfahrt konnten wir diesem Hang abringen, bevor es bereits oberhalb der Höhe des Portjochs wieder ruppiger, weil weniger bestrahlt, in die Grube unterhalb des Jochs weiterging.
In der Hoffnung, daß im schattigen Teil unterhalb des Grenzkamms besser Schneeverhältnisse anzutreffen wären, querten wir leicht nordöstlich unter den Hang des Grubenkopfs und umfuhren die Kuppe Padrins unterhalb zur Jagdhütte, zu der einige Höhenmeter aufgestiegen werden mußten. Dieser Umweg hatte sich tatsächlich gelohnt, zwischen Latschen und Stauden konnten wir in wenig verfestigtem Altschnee mit tollen Schwüngen abfahren.
Den Sprung über das Bachl am unteren Ende der Abfahrt hielten die Kollegen fest:
Nach der Jagdhütte tauchten wir in den Schatten der Hänge ein und hatten gute Schneeverhältnisse bis hinab zur Steineralm (Padrinsalm), sowie bis in den Kaserwald hinein.
Im Kaserwald erwartete uns das übliche Karussell der Steilkurven, niederen Ästen der Nadelbäume und unerwarteten Richtungsänderungen, denen man kaum entkommen kann und in denen man immer schneller wird als einem lieb ist, begann. Zunächst noch auf dem Forstweg, später in verwegenen Abkürzungen, die mit Spaß und schallendem Gelächter gemeistert wurden.
Unweit der Kapelle Unserer Lieben Frau am See, dem Seekirchl, in der südgerichteten Schneise, erreichten wir dann das freie Gelände wieder. Die malerische Abfahrt vom Seekirchl bis zum Waldbauern erlebt man am besten selbst.
Für die schöne und leichte Schitour rechne man mit 5 Stunden incl. aller kurzen Pausen mit ungestümen jungen Tourenpartnern. Dabei erklimmt man 960 Hm und im Aufstieg (ohne den weiten Bogen unterhalb Padrins) werden 6,2 km zurückgelegt.
Mils, 16.01.2022