Mit der Besteigung der Huderbankspitze gingen einerseits ein lange gehegtes Vorhaben und andererseits eine Erkundung zu einer großen Überschreitung einher.
Die – speziell von Vomp aus betrachtet – kühne Pyramide mit dem ebenen Vorplateau übte schon vor Jahren eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Auch von der Walderalm aus betrachtet empfindet man die Huderbankspitze als eine kühne Felsgestalt, die man gern bezwingen möchte.
Ich startete um 9:40 am Parkplatz der Hinterhornalm zu Fuß zur Walderalm und abwärts zum Steig ins Vomperloch.
Der Zustieg zur Basis, tief unten im Vomper Loch gelegen erweist sich von den möglichen Seiten her als langwierig, sowohl der Anstieg über den Steig im Vomper Loch, als auch der von mir gewählte Stieg von der Walder Alm hinunter zum Kristalpl (im Karwendelführer Klier oder auch Kristlalpl in der AV Karte) und jenseits davon wieder hinauf und weiter nordöstlich bis zur Katzenleiter.
Die Katzenleiter ist ein teilweise steiler Steig, der ab der Huderbankklamm den zuerst bewaldeten Rücken hinauf und dann recht geradlinig den sanften Grat entlang über die drei, vier vorgelagerten Köpfe hinweg bis zur Huderbank führt. Dies mit wechselnder Steilheit, zuletzt jedoch sehr steil und, geht man zu weit links, dann mühsam und teilweise über recht steile, blanke Felspartien.
Auf der Huderbank auf 1.941m gibt es ein ungewöhnliches Gipfelkreuz mit einer edlen Behälterkonstruktion in dem die Heilige Barbara (Schutzpatronin der Bergleute und Tunnelbauer) witterungsfest aufbewahrt wird, sowie ein Gipfelbuch aus 1989, das kaum zur Hälfte vollgeschrieben ist. Dies sozusagen am Gipfel des darunterliegenden Knappenwaldes, in dem im Mittelalter Bergbau betrieben worden ist.
Von der Huderbank hat man einen tollen Rundumblick und sie ist sozusagen ein zentraler Turm inmitten des Vomperloches von dem aus man den gesamten Verlauf desselben gut überblicken kann. Alle anderen nördlichen Erhebungen der Hinterautal – Vomper Kette in dieser Höhenlage sind über lange Grate weit nördlicher und bieten keine so schöne Übersicht wie die Huderbank (mit Ausnahme der mir nicht als gangbar bekannten Sunnschartspitze).
Allein die Lage und das Panorama macht die Huderbank als Ziel wertvoll.
Der weitere Anstieg zur Huderbankspitze erfolgt nach wenigen Gehminuten dann nur mehr intuitiv, denn der sichtbare Steig endet noch bevor die Zuntern ihr oberes Ende ankündigen. Steinmandeln, dort wo man sie einmal brauchen könnte, gibt es nicht.
Allerdings ist eine Orientierungshilfe für den versierten Felsgeher auch nicht notwendig, er findet sich in dem relativ leichten Gelände, das nur Stellen von II aufweist, auch ohne Anleitung zurecht.
Ich bin zuerst rechts des mächtig dastehenden Kopfes am Ende der Latschen über ein kleines Kar von viel Schutt bedeckt empor gestiegen und habe weiter oben nach links zu der markanten geschwungen runden Rippe hin gequert, diese im direkten Anstieg (hier kurze Stellen II) links liegen gelassen und bin oben (flacher als zuletzt) wieder rechts zu einer kleinen Scharte weitergestiegen. Somit umgeht man in einem Bogen einen markanten Felskopf auf seiner linken Seite und kommt oben hinter ihm zur Scharte.
Hinter der Scharte sieht man hinab zu einer kaminartigen, ohne Seil ungangbaren Stelle der man von unten instinktiv ausweichen will. Man steigt über die Scharte mit knapp zwei Meter Höhenverlust.
Nach der Scharte tut sich wieder eine karartige Mulde auf über die man über viel Schutt zum oberen Ausstieg linkerhand gut weiterkommt. Den oberen Ausstieg (Stellen II und eine orangefarbene Störzone, jedoch mit genug festem Fels) bildet dann der direkte, kaum ausgeprägte Grat zum Gipfel, den man in zwei Minuten erreicht.
Der Aufstieg ab der Zunterngrenze bis zum Gipfel ist vielleicht 150 bis 180Hm hoch und nimmt ca. 25min in Anspruch. Die Hangneigung eignet sich großteils zum Klettern, Stöcke sind schon weit unten hinderlich.
Der Gipfel der Huderbankspitze bietet ebenso wie der gleichnamige Vorgipfel eine phantastische Rundumsicht vom weit entfernten Hohen Gleirsch im äußersten Westen bis hin zum letzten großen Gipfel der Vomper Kette, dem Hochnissl im Osten und zusätzlich die wunderschöne Nordseite mit dem Kaiserkopf der durch einen wildzackigen Grat mit der Huderbankspitze verbunden ist.
Leider kann man das gesamte Trio dieses Ausläufers der Vomperkette, den Gipfel des Hochglück, nicht sehen, da er in direkter Verlängerung des nordwärts gerichteten Grates am Ende der drei und mit dem höchsten Punkt abschließt.
Damit dürfte das Geheimnis der Erkundungstour auf die Huderbankspitze gelüftet worden sein…
Das Gipfelbuch ist eine kleine Überraschung, es stammt aus 1977, wurde von der Tourengruppe der Sportgemeinschaft Tyrolit gestiftet, ist nur halb vollgeschrieben und trotz guter Verpackung leider recht feucht mit leichten Schimmelerscheinungen.
Die kurzfristige Sorge um das Wetter klärte sich rasch nachdem im Westen wieder blaue Löcher in der teilweise dunkelgrauen Wolkendecke sichtbar wurden. Das Gewitter des Vortages hat eben so viel Feuchtigkeit hinterlassen, daß die Thermik drohende Wolken über den westlichen Karwendelgipfeln entstehen ließ, die allerdings keine hohen Türme hervorbrachten und sehr zahm abflauten.
Am Rückweg glaubte ich beim Blick nach unten zu sehen, daß der Abstieg rechts (westlich des kaum ausgebildeten Grates) leichter zu sein scheint, jedoch konnte ich nicht den gesamten Verlauf bis zur vorher angesprochenen Felsrippe sehen, weswegen ich wieder links in das letzte kleine Kar nach der Scharte abbog und die Aufstiegsroute auch für den Abstieg wählte.
Somit waren alle Stellen bekannt und trotz viel Geröll kam ich gut voran und ich erreichte die Zunterngrenze in 15min ab dem Gipfelkreuz wieder.
Die Katzenleiter hinab ging es recht rasch und am Abstieg wird einem erst die durchgehend große Steilheit des Anstieges bewußt.
Es gäbe eine Schuttreise direkt auf den südlich gelegenen Vomperloch Steig, mit der man den gesamten Schlauch bis zum Abzweig der Katzenleiter vom Vomperlochsteig abkürzen könnte und die man möglicherweise über den verschwenderisch breit ausgeschnittenen Jagersteig erreichen könnte, aber das ist eine andere Geschichte, die noch erkundet werden möchte.
So kommt man unten am Endpunkt der gewaltigen, fast 1.000m hohen Huderbankklamm wieder auf den Steig durch das Vomperloch und macht sich rückwärts wieder auf den Weg zum Abzweig des Steiges über das Kristalpl auf die andere Talseite.
Spätestens unten am Vomperbach angekommen hat man die Lektion gelernt woher das Vomperloch seinen Namen hat, denn nun beginnt der Gegenanstieg über den abenteuerlichen und nicht ungefährlichen Steig vom Kristalpl bis zum Fahrweg von der Ganalm zur Walderalm.
Über diesen Steig bin ich am Vormittag, nach dem ausgiebigen Regen am Vortag, zuerst durch den ausgeholzten Teil in durchnäßter hoher Bergwiese und reichlich Huflattich talabwärts gegangen und war im Nu platschnaß. Der Steig ist teilweise sehr rutschig und dieser Umstand wurde dann später zu einer echten Herausforderung, nämlich dort, wo man knapp oberhalb des Felsabbruches in ungeheurer Geländesteilheit über rutschiges Wurzelwerk dahin stolpert und mit einer unbedachten Bewegung rasch gute 200m weitgehend in freiem Fall erleben kann.
Der alte Karwendelführer (Klier, Karwendelführer Auflage 1978) schreibt darüber: …überaus interessante, die wildesten Teile es Vomperloches berührende Weganlage; nur für sehr Geübte und vollkommen Schwindelfreie…
Ich kann diese Charakterisierung uneingeschränkt bestätigen. Der Steig hat nach der Klamm in Richtung Kristalpl hinsichtlich der Hangneigung mindestens die Dimension des Schleifwandsteiges in der Kranebitter Klamm, ist meist 30cm breit und hat einige markante Stellen die bei Nässe in Verbindung mit einem kleinen unkonzentrierten Rutscher fatal enden könnten. Zur Sicherheit verstaute ich die Stöcke um auch die Hände jederzeit frei zu haben.
Da sich dieser Steig in tiefer Nordlage befindet und daher kaum Sonne bekommt würde ich jenem, der mit steilen Hängen nicht vertraut oder unsicher ist, raten, ihn nicht zu begehen, wenn es weniger als zwei Tage vorher geregnet hat.
Hat man die kleine Klamm überquert, dann wird der Steig ungefährlicher und zieht in einigen kleinen Serpentinen durch den Mischwald empor. Ein paar windbrüchige Bäume überschreitet man noch, bis man wieder auf der ausgeholzten Wiese ankommt und nach ein paar sumpfigen Stellen erreicht man die Anbindung zur Forststraße zwischen Ganalm und Walderalm.
Wenn man nicht mit dem Radl unterwegs ist, dann beginnt von dort ein langer, weil zu flacher Aufstieg zur Walderalm, für den ich fast 40min benötigt habe, obwohl der Höhenunterschied nur 300Hm beträgt. Im Vergleich dazu habe ich von der Brücke beim Kristalpl bis zum Fahrweg auch nur knapp 40min benötigt, obwohl dieser Teil viel konzentrierter begangen werden mußte (Höhenunterschied gut 200m).
Nach ein paar Rückblicken auf die Huderbankspitze entschwand mir der Blick auf die Vomperkette in Richtung des Weges zur Hinterhornalm, die ich um 18:30 erreichte.
Ich kann diese Traumtour jedem empfehlen, der an Abgeschiedenheit, Stille und einem Hauch von Abenteuer interessiert ist. Der Wechsel an Eindrücken ist mannigfaltig, sehr konträr, Natur und Geländeformen gewaltig und ungezähmt.
Zeitbedarf: ca. 9 Stunden bei rd. 20km Wegstrecke und ca. 2.000Hm
Mils, 29.06.2015