Blickt man im Winter von Innsbruck oder auch von Mils gegen Westen, so erkennt man unweigerlich, bis weit ins Frühjahr hinein, einen Kammrücken mit enormer Wechte, der quer zum Inntal zu stehen scheint, im Brechten gipfelt und als scharf gezackter Grat weiter nach Süden über die Schloßköpfe führt, sowie zuletzt, durch eine tiefe Scharte deutlich getrennt, in der Peiderspitze seinen Abschluß findet.
Es ist dieser mächtige Nordgrat ein Ausläufer der Nördlichen Sellrainer Berge, der sich gegen das Inntal hin gabelt, zusammen mit dem kleineren Nordgrat der den Mitterkogel trägt, den Talkessel des Hundstales mit der Inzinger Alm bildet und auf seiner zweiten Höhenstufe ab der Alm den farbenprächtigen Hundstalsee birgt.
Bereits längere Zeit fiel uns der interessante Kam ins Auge und im Winter zuvor unternahmen wir auch eine Schitour auf den Archbrandkopf, die eigentlich bis zum Brechten hätte führen sollen, um den weiteren Verlauf des Kamms zu studieren. An diesem extrem kalten Februartag blies uns jedoch ein derart unangenehmer Nordwestwind entgegen, sodaß das Vorhaben am Archbrandkopf endete.
Nach dem Studium des AV-Führers von 1976 – alte Führer beinhalten oft nicht mehr aktuelle Informationen, aber auch unschätzbare Schmankerln – beschlossen wir die Tour von der Inzinger Alm als Runde auszuführen, mit Abstieg über den Ostgrat und entlang der Koflerspitzen hinab zum Hundstalsee, mit dem Talweg zurück zur Inzinger Alm.
Der beginnende Sommer bescherte uns prächtigstes Wetter sowie wunderbare Farben in der Natur. Blühende Almwiesen im Aufstieg, aber auch lästige Nebelbildung durch die unterschiedlichen thermischen Verhältnisse eines Kaltluftstroms und der zunehmenden Sonnenbestrahlung am Vormittag, bescherten uns wechselnde Eindrücke.
Vom Parkplatz vor der Inzinger Alm (auch Hundstalalm, Parkplatz 2022 kostenlos) begaben wir uns, dieselbe zunächst unbeachtet rechts liegen gelassen, um sieben Uhr über den Mittelleger der Galtalm und dem Hochleger der Jochbrunnalm auf den Weg zum Nordostzweig des Gratkamms, der, vom Rauen Kopf ausgehend, den Gabelpunkt des langen Nordgrats von der Peiderspitze gegen das Inntal bildet.
Der Aufstieg erfolgt bis zum Hochleger der Jochbrunnalm entlang dem Schotterweg, der am Hochleger endet. Reichlich Almrosen und auch Galtvieh trifft man auf dieser sonnigen Strecke an. Die Galtalm, auf 1.844 m, auch Alpl genannt, beherbergt heute die Bergwacht Inzing und es gibt über ihre Geschichte eine nette Seite am Blog der Bergwacht.
Der Hochleger der Jochbrunnalm stellt eine reife Leistung dauerhaft ausgeführter Zimmermannskunst dar. Das Dach wurde unter möglichster Beibehaltung der Hangneigung in denselben hinein gebaut, um keiner Energieumlenkung standhalten zu müssen. Es lohnt sich ein Blick in die Ställe, um die wuchtige Dachkonstruktion zu sehen. Dieses Gebäude hält bereits über viele Jahre Lawinen vom Kamm herab stand, der immerhin mit etwa 30° Hangneigung 240 Hm über der Alm liegt und dessen freie, gleichförmig steigende und eben geformte Hänge keinerlei Bremswiderstand für die Massen bieten.
Am Nordostkamm angelangt bietet sich ein vortrefflicher Aussichtspunkt auf den weiteren Steigverlauf zum Brechten. Reines Gehgelände auf saftigen Wiesen läßt die Vorfreude auf den schärferen Teil der Kammbegehung wachsen und der erste Gipfelpunkt der Rundtour, der Raue Kopf, ist bald erreicht.
Seine Lage befindet sich etwas nördlich der kürzesten Route auf den Nordgrat, er stellt jedoch eine geographische Marke dar und muß für das Gesamterlebnis der Runde begangen werden. Zu bevorzugen ist für den Tiroler und Einheimischen die Bezeichnung seiner Markierung – Heimkehrerkreuz. Ihm vorgelagert befindet sich das Flaurlinger Joch am Nordwestausläufer des Nordgrates.
Flach steigt nun der erste Teilabschnitt der Gratbegehung gegen den Brechten an. Ein breiter Rücken bildet die Weidefläche für einige aufgeregte Schafherden, die neugierig herankommen, als hätte man Salz anzubieten. Sie wandern erstaunlich weit mit, schrecken jedoch sofort zurück, wenn man ihnen die Hand hinstreckt.
Der Hochpunkt auf dem Kamm ist der Brechten und dieser trägt eine Wetterstation, von der auf am Blog der Inzinger Bergwacht in einem weiteren Link vom „Inzing Wetter“ zu lesen ist, das beispielsweise einen jungen, bemerkenswerten Eintrag kolportiert:
„Druckwelle der Vulkanexplosion im Südpazifik auch am Brechten registriert! 16.01.2022
Kurz vor 21:00 Uhr am 15. Jänner 2022 erreichte uns nach der Explosion eines Vulkans im Südpazifik die dabei entstandene Druckwelle. Diese Schockwelle legte 17.000km zurück und wurde als starke Luftdruckschwankung an vielen Wetterstationen dokumentiert. Die Grafiken dieser Anomalie hatten sowohl am Sonnblickobservatorium (ZAMG) und am Brechten die selbe Charakteristik – mit einer kurzen Spitze und zwei anschließenden Wellentälern.“
Wir empfehlen hiermit die tolle Webseite näher zu erforschen, da diese Station vielfältigste Informationen bietet, sowie auch rückblickende Aufzeichnungen liefert, wie z. B. die Information der Durchschnittstemperatur von 11,5°C am Tag unserer Tour. Weiters liegt die Station in der Hauptwetterrichtung und ist für alle Touren östlich davon, z. B. in den vorderen westlichen Tuxern, eine wichtige Informationsquelle am Morgen bei zweifelhaften Bedingungen.
Zu beiden Seiten des Brechtens bilden sich im Hochwinter die mächtigen Wechten, von denen eingangs die Rede ist, die sich lange im Frühjahr halten und von denen auch wir zu Sommerbeginn noch kärgliche Reste vorfanden, ideal gelegen, in einer seichten Senke im Lee der Hauptwetterrichtung von Westen.
Am Ende der folgenden Senke des Weitkars zeichnen dann bereits erste Blockwerkshaufen die Änderung von flachen und grünen Almwiesen hin zu steileren Felsflächen und dem ersten aufragenden Gratkopf, dem Hohen Bremstall. Spätestens dort ist man die laut klagenden Schafsgruppen los. Und auch deren Hinterlassenschaft, die am Aufschwung noch für deutliches Odeur zwischen den ersten Blockwerksfeldern sorgten.
Leiser geht es dann weiter auf den ersten Felsgupf der Schloßköpfe. Eindrucksvoll liegen die mannsgroßen Granitgneisblöcke wirr aufeinander und bilden eine erste leichte Barriere des Grates. Die Streckenlänge vom Rauen Kopf bis zu diesem Felskopf (2.602 m, mit „Hoher Bremstall“ in der AV-Karte benannt) beträgt beachtliche 2,1 km und es handelt sich bei dieser Strecke um den quer im Inntal anmutenden Kamm vom Osten des Inntales aus betrachtet.
Mit guter Aussicht zu beiden Seiten vom Kopf kann bei einer Trinkpause der weitere Verlauf des Grates eingesehen werden. Und das Herz jauchzt bereits beim Anblick der schönen Gratformationen, die da kommen werden. Da gibt es zunächst eine flachere Strecke, bevor der deutlich an Schärfe zunehmende Grat mit einigen interessanten Zacken den Entdeckergeist beflügelt.
Äußerer und Innerer Schloßkopf ragen hinter der naheliegenden Gratstrecke in der Ferne sichtbar auf – ein Traum von Gratstrecke kündigt sich an!
Mit geringem Höhenverlust setzten wir mit Bedacht den Fuß auf die willkürlich gestapelten Blöcke, auf deren scharfe Kanten, auf deren ansteigend und abfallend geneigte Reibungsflächen und waren dabei gespannt, ob sie unter unserer Last kippen oder zumindest wackeln und ein verändertes Gleichgewicht einnehmen würden.
Kaum ein Geräusch und kaum eine Kippbewegung konnten wir auf dieser ersten Strecke wahrnehmen, so stabil lagern auf diesem schönen Grat Blöcke und Platten aufeinander. Etwa 10 min zieht sich diese Strecke bis zum nächsten Aufschwung hin.
Nach dem auffällig ebenflächigen und glatten Felsen auf der Ostseite des Grates erreichten wir die schönste Kletterstelle der Überschreitung. Sie beginnt mit einer glatten und steilen Rampe, die in einem Kamin endet. Mitten am Weg auf die Rampe unterquert man einen massiven Block, auf der Grathöhe prekär auflagert – ein Fotomotiv.
Im oberen Teil schließt sich die linke Seite durch aufziehenden Fels, der den leichten Kamin ausbildet und nach oben hin enger wird. Diese Stelle erfordert den Durchstieg quer zur Körperachse und das Ablegen des Rucksacks.
Beim Versuch dem Kamin auszuweichen und ihn auf den Grathöhe zu überklettern scheiterte der Verfasser an der notwendigen enormen Spreizweite und den zu großen Griffabständen im vorderen Kaminteil.
Auf der Grathöhe nach dem Kamin angelangt genießt man eine phänomenale Aussicht auf die nun nahe voraus liegenden beiden Schloßköpfe. Auf der Karte des oben erwähnten alten AV-Führers sind die beiden höchsten Schloßköpfe mit „Innerer und Äußerer Schloßkogel“ und mit orographisch falscher Anordnung eingezeichnet, im modernen Kartenwerk fehlen die Bezeichnungen und nur der Innere Schloßkopf mit 2.725 m wurde markiert.
Von dem kleinen Adlerhorst in dem man sich nach dem Kamin befindet, fällt die Wand steil gegen den nächsten Aufschwung ab. So steil, daß man zunächst zurückschreckt, bevor man die Möglichkeiten des Abstiegs genauer inspiziert.
Tatsächlich erkennt man dann einen komfortablen Tritt, auf dem man aus der Kanzel in die freie Wand steigen kann und auf dieser Tiefe dann auch den weiteren Abstieg über herrlich schönen Granitgneis, mit Klüften gesegnet und völlig fest, ausführen kann.
Am schneidigen Grat beschlossen wir dem breiten Riss nach unten zu folgen und dies stellte sich als unnötig heraus, da wir von unten, um eine kleine Rippe herum, sofort wieder gezwungen waren auf die Grathöhe aufzusteigen.
Wer hier vom Adlerhorst aus den Grat besser studiert und sich nicht nur vom Abstieg beeindrucken läßt findet den schönen Durchstieg zum breiten Abstiegskamin direkt am Grat und bleibt direkt an der Gratschneide (siehe Foto mit Beschriftung).
Im Rückblick konnten wir die etwa 15 m schönen Grates erkennen, die wir durch den Ab- und Wiederaufstieg verabsäumt hatten.
Der Abstiegskamin führt über kaum 10 m in eine mittelbreite Scharte hinab, deren Gegenaufstieg ein glatter Felskopf bildet, bei dem man schon beim Abstieg erkennt, daß er nicht erkletterbar ist, zumindest nicht direkt von der Scharte.
Der einzige Weg besteht darin ihn zu umgehen und zwar auf der Westseite. Auf seiner Ostseite fällt die Flanke fast senkrecht ins Hundstal ab. Dazu bedarf es einiger Meter des Abstiegs, bis ein Bandansatz den zu großen Höhenverlust begrenzt und gleich wieder aufgestiegen werden kann sowie, auf der Rippe oben, sogleich ein Steinmann gesichtet wird.
Jenseits der Rippe fanden wir gleich wieder grasiges Gehgelände vor und waren ein wenig enttäuscht, daß die bärige Gratstrecke schon zu Ende war.
Als kleinen Trost ließ die Natur dort den punktierten gelben Enzian und in wild zerklüftetem Fels vor schaurigem Absturz der Ostflanke die rostrote Alpenrose gedeihen.
Der nächste Aufschwung stellt bereits den Äußeren Schloßkopf dar (im alten AV-Führer auch als „Kleiner Schloßkopf“ bezeichnet).
Als eher runde, unscheinbare Erhebung ist er um ein paar Meter höher als der südlich dahinterliegende nächste Spitz, der schöner aussieht, der Bezeichnung Schloßkopf eher nahekommt und mit einer langen Flanke in die letzte Scharte zum Inneren Schloßkopf hin abfällt. Der Abstieg in die Scharte beträgt 35 Hm.
Ab der Scharte sind die über längere Strecken durchgehenden Klettereien vorbei, ab und zu werden Aufschwünge überklettert, jedoch nur in sehr kurzen Sequenzen und kaum unter Einsatz der Hände.
Der Aufstieg auf den Inneren Schloßkopf, sowie der Übergang zur Palderscharte (Bezeichnung laut Tiris) finden am Grat in Gehgelände statt.
Wie immer durch kleine Einschartungen mit Auf und Ab, zum Schluß etwa 40 Hm zur Palderscharte abfallend und westseitig am Grat weiter zum begrünten Sattel zwischen dem Nordgrat und der Peiderspitze.
Den Übergang vom Inneren Schloßkopf bis hin zum steilen Blockgrat auf die Peiderspitze bildet Amphibolitgestein, das in der Farbe auch sichtbar gegenüber dem vorhergehenden Granitgneis sichtbar wird.
Gegenüber erwartete uns ein schöner, durchgehend steiler Aufstieg über 140 m auf die Peiderspitze. Deutlich kann man am Bild von der Gegenseite sehen, daß man sich in mindestens zwei verschiedenen Gesteinsarten bewegen wird, ein rötliches Band, auffallend begrünt, zieht sich durch den Nordgrat der Peiderspitze (Biotit-Plagioklas-Gneis?).
Der Aufstieg beginnt auf einer steilen plattigen Rampe mit gut ausgeprägtem Risssystem, um einen Normalweg als Steig zu schaffen. Der Normalanstieg vom Hundstalsee führt über die begrünte Schuttreise auf den Sattel herauf und setzt hier fort. In diesem unteren Teil, sowie im obersten führt sogar einmal ein Normalweg über blockiges Klettergelände, wenn auch durch große Risse und Klüfte fast als Steig ausgebildet.
Im Mittelteil ein etwas flacherer und kaum blockiger Abschnitt mit deutlicher Ausprägung eines Steigs auf sandigem Untergrund sowie vegetationsreich. Dieser Gesteinsabschnitt scheint sich der Erosion mit durchwegs weniger Zähigkeit und Härte zu widersetzen als die umgebenden Abschnitte darunter und darüber.
Im oberen Teil findet man wieder prächtiges, großblockiges Gelände vor, wobei gegen den Gipfel hin die Blöcke massiv groß ausgebildet sind und einen schönen Abschluß in leichter Blockkletterei bilden.
Kurz vor Erreichen des Gipfelplateaus, im größten Blockwerk wenige Meter unterhalb des Gipfelkreuzes, findet man auf einer fast horizontalen Fläche eines Blocks im Schatten einen schönen Biotitkristall, eingebettet in Gneis für die Linse.
Die Peiderspitze bietet einen phänomenalen Ausblick auf Lüsens- und Gleirschtal, die im Sellrain gegenüber liegen und die Ausgangspunkte für wesentliche Gipfel der Stubaier Alpen bilden, ob als Bergtour oder als Schitour.
Auf diesem Blog wird unter anderem davon in den Berichten über die Hohe Villerspitze, der Ruderhofspitze und vom Lüsener Fernerkogel als Bergtour und vom Roten Kogel, der Lüsener Spitze, dem Hohen Seeblaskogel, der Haidenspitze, dem Samerschlag und dem Gleirscher Fernerkogel berichte, um nur einige nicht überlaufene davon zu nennen.
Im Südosten bietet die Peiderspitze einen umfassenden und bärigen Blick auf die Kalkkögel in 14 km Entfernung. Hier gibt es wunderbare Bergtouren mit der Schlicker Seespitze, als klettertechnisch schon anspruchsvolle Überschreitung von der Riepenwand und auch als Schitour.
Die Kühtaier Berge im Südwesten bieten mit der Weitkarspitze, der Kraspesspitze als Rundtour vom Finstertaler Schartenkopf, dem Sulzkogel und dem Hochreichkopf bärige Schitouren und als Bergtour mit dem Neuner- und Pockkogel, sowie dem Acherkogel über den Maningkogel unvergessliche Bergtouren.
In der Kette, dem Westen folgend, sind schöne Schitouren auf den Pirchkogel mit der Umrundung des Hochalters zu nennen, sowie die Schitour auf den Hochalter selbst und jene auf den Rietzer Grieskogel.
Leider hat das nette Holzkreuz aus 1985 einen Schaden am Querbalken abbekommen und bedarf einer baldigen Reparatur.
Wir erreichten die Peiderspitze kurz nach zwei anderen Bergsteigern, die wir von der Gegenseite aus am weißen Helm gut ausmachen konnten; am Gipfel stellte sich heraus, daß es ein Kollege von Herwig war und seine Begleiterin die Schwester eines Kollegen des Verfassers.
So sehr abgeschieden man die Peiderspitze zu liegen vermutet war diese Begebenheit der Auftakt zur gemeinsamen Einnahme von Höhenmedizin und dem Staunen welch Zufälle sich auf diesen Koordinaten ergeben können.
Der Abstieg in Richtung Koflerspitzen wird im Führer als oberer Bereich von mäßig schwierig beschrieben und die südseitige Umgehung mancher scharfer Stellen anheimgestellt.
Unsere Wahrnehmung dazu: während der Nordgrat wenige ausgesetzte Stellen aufweist und ebenfalls mäßig schwierig beschrieben wird, kann eindeutig bestätigt werden, daß der Ostgrat wesentlich ausgesetzter ist, klettertechnisch jedoch eher leichter erscheint, wobei wir ganz unten einige uns als nicht ersteigenswert eingestufte Zacken ausgelassen haben und südseitig im Hang querten.
Wir machten uns einige Minuten später als die beiden Kollegen auf den Weg zum Abstieg, holten sie an einem Gratstück ein und setzten gemeinsam den Abstieg über den schönen Grat fort.
Die meisten Passagen am Grat sind leicht zu begehen, in durchwegs festem Fels, begrünt selbst an der Gratoberkante.
Es gibt eine Stelle, die etwas kniffliger erscheint, die aber auf Reibung und einem schwungvollen Schwenk nach rechts zu einem sicheren Griff gut zu meistern ist. Diese kurze Stelle mag die o. g. Einstufung des oberen Grades von mäßiger Schwierigkeit verdient haben.
An der Stelle bricht der Grat nach vorne senkrecht ab und im Abstieg muß links (nordseitig) über etwa zwei Meter bis zu einer steilen glatten Felsfläche abgestiegen werden, an deren Vorderkante der Abbruch beginnt.
Nun muß die plattige Felsfläche schwungvoll nach rechts (südseitig) gequert werden, um in eine Scharte zu gelangen. An der Südseite gibt es dann einen sicheren Griff für die linke Hand und man kann den Oberkörper rüberziehen.
Die Schwierigkeit besteht einzig im sicheren Tritt auf der steilen Felsfläche und im schwungvollen Überstieg bis zum Griff für die Linke, wobei der Griff der Rechten kurz vorher ausgelassen werden muß.
Weiter unten sahen wir, daß die Bruchfläche unterhalb der Felsfläche rötlich angewittert ist, also der Abbruch noch nicht sehr lange zurückliegt. Möglicherweise war diese Stelle in den letzten Jahren einmal leichter begehbar.
Am Ende des Ostgrates führt ein Aufschwung etwa 30 Hm wieder auf einen Hochpunkt, den Tiris mit (Koflerspitzen 2.663 m) bezeichnet. Im AV-Führer ist von den Koflerspitzen mit der höchsten Erhebung von 2.641 m etwas weiter östlich die Rede und diese näher zusammengehörigen bizarren Spitzen dürften eher die Koflerspitzen darstellen, als der Punkt 2.663 m.
Am Weg in Richtung derselben überschritten wir zuerst flaches Gelände übersät mit Schiefgneisplatten, bevor das Plateau in einen Bereich mit einer tiefen Senke überging. Dabei handelt es sich um eine Bergzerreißung, die dadurch bedingt ist, daß die südliche Flanke (in drei Stufen?) abgesackt ist und den Graben bildete.
Allein die entstandenen bizarren Spitzen dürften jene sein welche der erste Beschreiber (Julius Pock?) als Koflerspitzen benennen wollte. Die beiden westlich und östlich von diesen Spitzen liegenden runden Erhebungen dürften nicht zugehörig zu den Koflerspitzen gemeint gewesen sein.
Die Koflerspitzen überschritten wir nicht, vielmehr galt das Ziel der östlichen runden Erhebung, von der aus ein markierter Steig zum Hundstalsee hinab führt. Die Erhebung befindet sich knapp oberhalb der Schneebrücken der Lawinenverbauung und von ihr führt ein sichtbarer Steig weiter Richtung Mitterkogel.
Hier endet die bergsteigerisch interessante Strecke der Rundtour. Am markierten, aber nur im Kompass Kartenwerk verlaufenden Steig, geht es durch Blockschutt hinab zum Hundstalsee, vorbei am formschönen Gipfel des Weißsteins, der am Grat zum Roßkogel eine zentrale Stellung einnimmt.
Einem interessanten schwarzen Felsblock begegnet man unweit vor dem Seeufer, er liegt mitten auf dem flachen Schutthang und sticht aufgrund seiner Farbe ins Auge.
Es handelt sich dabei um einen Bänderamphibolit, der recht genau an der Grenze vom Schiefergneis durch Gletscherbewegungen zu liegen genkommen sein dürfte.
Ebenfalls ins Auge sticht ein Bau, der in der Natur der Gegend einigermaßen exotisch anmutet. Der von seinen Erbauern „Apollontempel“ genannte Steinbau, der ohne Bindemittel aus lediglich aufeinander geschlichteten Steinen besteht, wird von zwei sich gekrümmt verjüngenden Türmen flankiert und besitzt einen unbeleuchteten runden Innenraum unter runder Kuppel.
Am Portal steht ein in Stein gemeißelter Auftrag zu lesen: „Erkenne dich selbst“. Die Außenanlage besteht aus einem Steinsteg in den See und mehreren Türmchen am Ostufer, die den Zugang säumen.
Ob es bei diesem Bauwerk eine – und wenn, um welche – Bewandtnis zu den klassischen Tempeln der Antike gibt bleibt offen, vielmehr, dem Einzelnen überlassen. Auf der Homepage eines der beiden Errichter ist zu lesen:
„Hierbei handelt es sich um ein ökologisch und ästhetisch neuartiges Kunstwerk, das die Verbindung Natur – Mensch -, Kunst – Mensch, sowie Kunst und Natur darstellen soll“
Nun, es mag jeder selber darüber befinden wie er diese Erscheinung in Verbindung mit der Natur bringt, vor allem Letztere des Zitates der Homepage. Die Animation dazu findet sich am Portal eingemeißelt.
Der Hundstalsee wird mit Frischwasserquellen aus dem Seeloch gespeist und hat einen Abfluß mit bemerkenswert großer Schüttung, die am Abstieg zur nächsten Talstufe erst so richtig sichtbar wird.
An der tieferen Talstufe führt der Steig jenseits des sogenannten Enterbachs an einer Jagdhütte vorbei. Die Ebene davor bildet einen Schwemmbereich für den Bach mit allerlei Arten von Gräsern, die im Sumpf prächtig gedeihen.
Am Abstieg fällt noch ein Kreuz am nördlichen Teil des kurzen Grates, der vom Mitterkogel in die Inzinger Alm zieht, auf. Diese Erhebung hat keine Bezeichnung im Kartenwerk, ist nirgends beschrieben und einen Gipfel im Sinne der Definition stellt sie auch nicht dar.
Möglicherweise handelt es sich um ein Kreuz eines örtlichen Vereins, zwar zentral am Gratausläufer recht schön gelegen, aber offenbar ohne allgemeine bergsteigerische Relevanz. Die Besteigung dürfte über das Enge Tal erfolgen.
In der Inzinger Alm genossen wir noch Kasknödel mit Salat, die empfehlenswert sind. Anders als in der Suppe sind die Knödel mit Salat knackig frittiert und nach der langen Runde genau die richtige Stärkung.
Zu den Eckdaten der Runde sei zu sagen, daß wir die 1.450 m Aufstieg und die Streckenlänge von 13,1 km in 8:43 Stunden absolviert haben. Die Gipfelpause betrug dabei eine halbe Stunde, restliche Pausen in Summe geschätzt 20 Minuten.
Mils, 26.06.2022