Durch die große Höhe bereits am Ausgangspunkt ideal für das Frühjahr, sowie die Aufstiegsdauer in Anbetracht der Anreise moderat, bietet die Schitour auf den Glockturm ein abgerundetes Erlebnis. Startet man ganz früh erlebt man auch noch eine optimale Firnabfahrt.
Vom Inntal aus, ab Prutz, muß für die 34 km bis zum Ausgangspunkt auf 2.335 m immer noch mit einer guten halben Stunde gerechnet werden, eine gewaltige Anreise, wenn den Startpunkt das mittlere Inntal bildet.
Die Maut für die Gletscherstraße beträgt 25.- (2022, vor 7 Uhr ist die Mautstelle nicht besetzt) und bietet kaum Überholmöglichkeiten, wenn Landschaftsgenießer oder Flachländer angetroffen werden.
Am Startpunkt, ein kleiner Parkplatz vor dem Riffelbach, finden etwa 10 Fahrzeuge Platz und rund um die weitere Gletscherstraße gibt es noch Seitenstreifen, die längs verparkt werden können.
Eine zweite Möglichkeit des Aufstiegs zum Glockturm, anstelle durch das Riffltal, bietet das Krummgampental, etwa einen Kilometer weiter oben. Bei zwei Fahrzeugen in der Tourengruppe kann die Schitour zur Runde ausgebaut werden, über eines der beiden Täler ansteigend und über das andere abfahrend. Oder die Abfahrt erfolgt über das Krummgampental und man nimmt den Abstieg großteils zu Fuß in Kauf.
Der Winter 2021/22, kein berühmter hinsichtlich Schneefall und Schneequalität, hinterließ seine Mittelmäßigkeit auch bei unserer Tour. Für Mitte Mai wäre in einem Durchschnittswinter in dieser Höhenlage noch mit passablen Verhältnissen zu rechnen, die bei unserer Tour teilweise ausblieben. Unter passabel wäre zu verstehen, daß man auf über 2.300 m vor 8 Uhr morgens nicht einbrechen und auch um 10 Uhr selbst unter praller Sonne nicht vollends im T-Shirt dahinschmelzen sollte.
Beides mußten wir aufgrund der außergewöhnlich hohen Temperaturen im Mai erleben, sowie bei der Abfahrt Passagen am Hang, in denen wir bis zu den Knien völlig mit den Schi versanken. Trotzdem empfanden wir die Schitour auf den Glockturm als bäriges Erlebnis.
Nach dem Start am Rifflbach zieht sich das gleichnamige Tal mäßig steil auf 2.550 m hinauf, bevor eine erste Geländestufe das hintere Hochtal vom vorderen trennt.
Unter strahlendem Sonnenschein marschierten wir los. Zu dieser Zeit im Jahr folgte die Spur im unteren Teil des Aufstiegs schon keiner direkten Richtung mehr, sondern umrundete apere Blöcke und Stellen.
Die erste steilere Geländestufe reicht bis auf 2.720 m und wird im Aufstieg ganz links, den Hang schneidend begonnen, über Abbruchströme von der eher dunklen, amphibolitisch gebildeten Krummgampenspitze herab.
Bei der Verschneidung zweier Geröllströme folgte die Spur dem gerade noch mit einem schmalen Schneeband durchzogenen rechten Schuttkegel und somit etwas flacher auf die Oberseite der Geländestufe.
Oberhalb wird das Ziel, der Glockturm, erstmals sichtbar und wenig später im flachen Aufstieg, das Tal dorthin, das mit kleinen Höhenverlusten durch leichte Ausmuldungen beginnt.
Von links, vom Kamm der Krummgampenspitze über den Habicht zum Glockturm, zogen kleine und mittelgroße Grundlawinen herab, die keine Gefahr darstellen, weil durch das obere Riffltal nicht zu nahe am Hang aufgestiegen werden muß.
Durch das Tal steigt man etwa 200 Hm auf, die recht flach erscheinen. Mittlerweile, um 9 Uhr, brannte die Sonne bereits unbarmherzig auf uns herab und mit dieser Zusatzbelastung ab 2.900 m begann der Aufstieg zum Rifflferner.
Zunächst wird dazu der Aufstieg ins Gletscherbecken über einen etwas steileren Hang in Angriff genommen, der im oberen Teil zwischen 30 und 30° Hangneigung aufweist und der ins kleine Gletscherbecken führt.
Der Übergang und die ersten paar Minuten eher rechts im Gletscherbecken erfolgen recht flach, bevor eine Linkswendung eine komplette Querung durch den Gletscher einleitet, die am Ende die Überwindung des linken oberen Beckenrandes zum Ziel hat.
Während dieser Querung mußten wir aufgrund der Spur mit zwei Spitzkehren etwa 20 Hm gewinnen, um die günstigste Stelle, zwischen den schon ausgeaperten Felsen am oberen Rand des Beckens und dem dort steilen Hang ins Becken hinein, zu erreichen. Eine kleine Lawine von den Vortagen, ausgelöst vom Gelände des darüberliegenden Hangs, mußte dabei überquert werden.
Die oberste Passage unterhalb der Felsbuckel ist keine schwierige, jedoch bei entsprechenden Verhältnissen nur mit Harscheisen zu begehen. Bei unserer Begehung erwies sich fast das Gegenteil, die Geländeneigung und die Lage trugen zur weitgehenden Aufweichung des Schnees bei und bei so manchem Schritt brach der linke Schi weg.
Oberhalb des Beckenrandes bieten sich ein herrlicher Rückblick über das Riffltal und ein weiterer auf die Weißseespitze. In Richtung des letzteren Blicks gelangt man auch auf diesen Punkt, wenn man den Aufstieg über das Krummgampental unternimmt.
Ab dieser flacheren Stelle wird nun auf den Gipfelaufbau des Glockturms zugestiegen. Der Hang auf den Grat zum Gipfelaufbau wird dabei zusehends steiler. Über einige Spitzkehren wird zunächst eine erhöhte Position erreicht von der aus der steile Teil des Hangs komplett querend und ohne weitere Spitzkehren bis zum Grat aufgestiegen wird. Die größte Hangneigung kommt dabei an 35° heran.
Am Grat erfolgt die Linkswendung auf die schöne Gipfelflanke zu. Sie mißt kaum 100 Hm bis zum Gipfel, steig aber durchschnittlich mit 38° Hangneigung, mit Spitzen bis zu 42°.
Leider waren die Schneeverhältnisse gegen 10:30 Uhr bereits sehr schlecht, sodaß wir teilweise über recht faulige, nicht trittfeste Oberflächen teilweise bis zum Geröll einsanken und auch apere Stellen antrafen.
Hilli, unser Steilhangspezialist der an solchen immer eine spürbare Freude der Führung entwickelt, spurte uns aber entschlossen und enthusiastisch einen angenehmen Aufstieg durch die bereits von Abfahrten zerfurchte und mit tiefen Stapfspuren durchzogene Flanke (bei Begehungen im Winter oder im anbrechenden Frühjahr wird man hiefür jedenfalls Steigeisen mitnehmen und je nach Vereisung des Hangs an der Flachstelle am Grat das Schidepot einrichten). Nach knapp 2 ¾ Stunden erreichten wir den Glockturm.
Das Schidepot ist denkbar klein für den beliebten Berg und sich gleichzeitig am Gipfel befindlichen Personen. Zudem liegt es unter entsprechender Hangneigung, und, wenn teilweise ausgeapert und die Schi nicht in den Schnee gerammt werden können, ist erhöhte Vorsicht auf sich selbständig machende Ausrüstung zu legen. Wir hatten Glück, mit einer ankommenden Gruppe Außerferner wechselten wir Gipfelkreutz und Rastplatz, sodaß sich niemand im Bild stand.
Das vollständig aus Aluminium gefertigte Gipfelkreuz der Bergkameraden Pfunds tut bereits erstaunliche 44 Jahre Dienst am Glockturm und lediglich der Faradaysche Blitzfang am Vertikalbalken hängt leicht schief.
Natürlich wendet sich der Blick zuerst auf die inneren zentralen Massive der Ötztaler Alpen, allen voran die beiden höchsten Gipfel Tirols, der Wildspitze im Osten, mit einer Entfernung von 14,5 km, und der Weißkugel im Südosten, mit einer Entfernung von 11,5 km.
Darüber hinaus sind jedoch eine Vielzahl an Gipfeln in den Ötztaler Alpen sichtbar, wie die beiden Klassiker Similaun und Fineilspitze, sowie der riesige Gepatschferner im Südosten voraus mit der markanten Weißseespitze gegenüber dem Glockturm.
Weiters sind vom Glockturm aus auch fernere Ziele im Süden wie die Cevedale in 50 km Entfernung, Königspitze und Ortler in 44 und 47 km Entfernung sowie exakt im Südwesten ein Viertausender, der Piz Bernina in 81 km Entfernung.
Im Norden die ruhigen und begehrten Lechtaler Alpen, bei denen der Verfasser noch einige Besuche in Planung sind und gegenüber im Kaunertal weitere Klassiker wie Gsallkopf, Rofelewand und Watzespitze.
Nachdem wir die Kulisse ein halbes Stündchen genossen haben rüsteten wir zur Abfahrt, von der wir natürlich keine großen Erwartungen mehr hatten und der Gipfelhang auch dieser entsprach.
Von Sonnenaufgang bis zu unserer Abfahrt über viele Stunden bestrahlt erwies sich der faule Sulz als kraftraubende Angelegenheit, die in den Schwüngen mit Sprungtechnik etwas gemildert werden konnte. Teilweise über unsichtbare, jedoch spürbare Schuttbrocken unter dem Belag mühten wir uns über die 80 m Gipfelhang hinab.
Ab der Flachstelle blieben Bodenberührungen aus, jedoch verbesserte sich die Schneebeschaffenheit nur mäßig bis zur Kante des Riffelferners hinab. Der Übergang aus dem Fernerkessel war bereits völlig aufgeweicht und erforderte Akrobatik.
Über den Gletscher hinab konnten wir halbwegs normal abfahren, jedoch nur mit weiten Schwüngen und tiefem Einsinken in den Schwüngen. Teilweise erwischten wir „Löcher“ als unerkennbare Schwachstellen der Schneefläche, in denen man bis über die Knöchel hinauf versank.
Merkbar besser wurde die Abfahrt im flacheren Teil durch einen flacheren Winkel zur Bestrahlung begünstigt. Etwa ab der Höhe der Seen im Riffeltal bis fast zum Parkplatz konnte das Riffltal in mäßig tiefem Firn befahren werden.
Nach der letzten Steilstufe (im Abfahrtssinn) verschlechterte sich die Schneebeschaffenheit wieder enorm, gekennzeichnet durch knietiefes Einsinken in die zuvor genannten Löcher.
Der Glockturm, in jedem Fall die lange Anreise wert und heuer zu Mitte Mai schifahrerisch nicht mehr das was man sich von einer Frühjahreshochtour erwarten würde, jedoch als Erlebnis wert und der Abschluß der heurigen Schitourensaison.
Man rechne für die 1.030 m Aufstieg und 4,5 km Entfernung mit 2,5 bis 3 Stunden Aufstieg, starte um diese Jahreszeit möglichst vor 7 Uhr (wir waren eine Stunde zu spät dran) und denke bei der Ausrüstung stets daran, daß der Glockturm immer noch eine Hochgebirgstour darstellt und bei nicht klarem Wetter auch noch winterliche Bedingungen herrschen können.
Einen netten Bericht verfasst vom Kollegen Hilli findet man am Blog der 60er Gang.
Mils, 15.05.2022