Bereits auf ausgeapertem Almweg starteten wir an der Abzweigung von der Straße nach Hochfügen auf 1.314 m zur Schitour auf das Kellerjoch. Am Südhang hat das warme Wetter im Verein mit dem ohnehin allgemein schneearmen Winter den spärlichen Schneefall am Mittwoch der Woche bereits dahingerafft, weshalb wir auf 600 m Schotterweg und 60 Hm eine kurze Tragestrecke überwinden mußten. Die Schitour von Schellenberg auf den Kellner (wie ihn die Einheimischen bezeichnen) wird aus diesem Grund vorzugsweise recht früh im Spätwinter unternommen. Zu dieser Zeit zeigt sich auch ihr schönstes Gesicht mit Sonnenbestrahlung vom Beginn bis zum Gipfel und wird wenig begangen.
An der Abzweigung findet der frühe Vogel meist einen der drei, vier Parknischen neben der mit Höchstgeschwindigkeit befahrenen Hochfügenstraße. Weitere Parkplätze gibt es in Fahrtrichtung Hochfügen genau an (vor) dem Gasthaus Schellenberg mit einem entsprechenden Hinweisschild auf der rechten Straßenseite an einer Steinmauer zum Hang. Die Möglichkeit von dort aus auf den Almweg zur Gartalm aufzusteigen besteht, sofern dort noch Schnee liegt. Alternativ verlängert man die Tragestrecke knapp 600 m auf der Hochfügenstraße zur Abzweigung unter dem Eindruck jener, die unten, am Fuß des Fügenbergs, das Rennen zu den Liften in Hochfügen aufgenommen haben. Die Parkplatzsituation mag ein Grund dafür sein, daß die nette Tour generell nicht überlaufen ist.
Noch vor der zweiten Kehre konnten wir auf schmalem Weiß anschnallen. Im Wald darüber, in abgeschatteter Lage, befand sich die Schneedecke genügend hoch und blieb bis auf die Hänge rund um den Gartalm Niederleger genügend hoch, sodaß auf der gesamten Tour keine Schäden am Schi zu verzeichnen waren. Nach unserer Einschätzung wird bei entsprechendem Wetter ohne Schneefall der erste steilere Hang links der Gartalm nicht mehr befahrbar sein. Die flacheren Hänge darüber werden die Tour aber noch eine Weile zulassen, sofern Tragestrecken in Kauf genommen werden.
Am licht werdenden Wald, vor dem Bachgaben, zweigt bergwärts die Spur ab und folgt dem Hang parallel zum Bachlauf, etwa 10 min des Aufstiegs durch vereinzelte Birken- und, nahe dem Bachwall, Erlenbestände hindurch, bis zu einer Stelle an der der Bach bequem überquert wird. Das Ziel im Hintergrund ist dort bereits sichtbar.
Hinter dem ostseitigen Bachwall wird bewuchsfreies Gelände zur Gartalm betreten, dem man in direkter Linie bis zu einem Weg, der östlich zu den Almgebäuden aufsteigt. Über drei kleine Brücken führt die Route bis vor die Alm mit einer Kehre zurück in die steilen Hänge westlich davon.
Nach dem letzten Heustadel wird der Fahrweg flach und nach dem dritten der westlich davon erreichten Bacheinschnitte wird in den steilen Hang eingestiegen. Dessen Neigung entfaltet zum Leidwesen des Schitourenfreundes die Wärmeeinstrahlung mit ihrer bestmöglichen Schmelzwirkung und stellt im Frühjahr einen mühsam zu überwindenden aperen Riegel für die Schitour dar. Dies ist nach dem Anstieg auf dem offenen Almweg zu Beginn das zweite Kriterium für die Begehbarkeit der Schitour.
Oberhalb des kurzen steilen Hanganstiegs, etwa auf 1.650 m, verflacht sich das Gelände merklich. In diesem Teil lag bei unserer Begehung genügend Schnee, sowie auch auf der weiteren Strecke keine einzige apere Stelle angetroffen wurde. Ab etwa dieser Höhe haben auch die nordöstlichsten Tuxer Berge weitgehend Schnee anstelle von Regen im Winter abbekommen.
Ein schön abzufahrender Hang breitete sich ab einem kleinen Unterstandshüttchen aus, der die langgezogene Eintrittsschwelle in das Hochkar der Gartalm bildet. Die Aufstiegsspur hielt leicht links gegen den Ostrücken des Kuhmösers zu, um über eine Senke auf das Plateau des Gartalm Hochlegers zu gelangen. Ab der Flachstelle beginnt der malerische Abschnitt in einer dreiseitig umschlossenen Landschaft, die, nicht nach hinten in den Südosten geblickt, einen phantastisch anzusehenden Kessel bildet, in dem man sich sehr abgelegen im Nirgendwo fühlt.
Am Plateau des Gartalm Hochlegers befinden sich ein Holzkreuz und ein kleiner See, der durch eine auf die Wasseroberfläche herabspritzende Bewässerung eisfrei gehalten wird. Eine seltene Einrichtung auf 1.860 m, die möglicherweise auf Fischbestand hinweist.
Das wunderschöne Kar mit seiner gezackten Umrahmung im Osten durch das Metzenjoch, von dem Lawinenreste von Lockerschnee nach dem letzten Schneefall sichtbar waren, und den sanfteren Gratsäumen von Kellerjoch bis zum Kuhmöser, wird hauptsächlich durch den bekannten Schwazer Augengneis gebildet, dessen Ausprägung überall im Gebiet sichtbar ist, Felsflächen mit deutlichen hellen Augen in einer sonst homogenen Gneismasse, ein schön anzusehender Fels bei sommerlichen Touren am Kellerjoch.
Im Winter aber dominiert das Weiß rund um den Aufsteigenden und das Gefühl inmitten der leicht bis mittelsteil ansteigenden Hangschutt- und Moränenflächen könnte größer nicht sein sich fernab und nicht zwischen geschäftigen Tälern zu befinden.
Kaum ein Geräusch dringt an das Ohr, mit Ausnahme der Föhnböen, die an diesem Tag die Bewölkung tief im Zillertaler Hauptkamm zurückhielten und dem Norden bestes Bergwetter bescherten.
Über die Stirnfläche einer Moräne wird ein erhöhter Rücken erreicht, der eine Flachstelle im Kar bildet und dahinter, etwa nach weiteren 5 min Strecke, am Wegweiser in der Verschneidung zu seinem Schuttausläufer den letzten Aufstieg über den prachtvollen langen Hang zum Grat am Kellerjoch eröffnet.
Der Aufstieg über den breiten Hang erfolgt im unteren Teil über eine recht konstante Neigung von 31°, bevor er im Mittelteil mit etwa 27° etwas flacher wird.
Der obere Teil vollzieht sich steiler werdend, mit einer maximalen Steigung von etwa 38°, der man bei Bedarf mit dem Queren in westliche Richtung ausweichen kann. Insgesamt müssen 170 Hm bis zum Grat bewältigt werden.
Oben am Grat bietet sich das beeindruckende Fotomotiv der Kellerjochkapelle, der dunkelbraune Baukörper mit dem markant spitzen Turm auf der kleinen Gipfelfläche, umgeben von weißen Abhängen.
Ihre exponierte Lage hat ihr mehrmals in ihrer Geschichte Zerstörung durch die Natur beschert, unbeugsamen Knappen, die Errichter und dankbare Einheimische errichteten sie jedoch immer wieder aufs Neue.
Der Restaufstieg über 50 Hm erfolgt leicht nördlich der Grathöhe in wenigen Richtungswechseln durch die Geländeformen bedingt und, in unserem Fall, durch eine Rutschung der südseitigen Schneemassen mit der Ausbildung einer Art Spalte beim Abriss.
Wie immer am Kellerjoch, dem so markant freistehenden Gebirgsmassiv im Inntal, bot das wolkenarme Wetter eine unvergessliche Aussicht in alle Himmelrichtungen.
Im Osten beginnend reichte der Blick bis zum Wilden Kaiser mit dem Wiedersberger Horn und dem nördlich vorgelagerten Loderstein, im Uhrzeigersinn folgend der Standkopf bzw. die Sagtalerspitze, der Große Galtenberg, der Gamskopf, das Sonnenjoch, leider verdeckt Glockner- und Venedigergruppe, dann die ebenfalls weitgehend in Nebel verhüllte Reichenspitzgruppe mit dem Zillerkopf als einzigen Gipfel der Gruppe sichtbar, der Brandberger Kolm und der Torhelm zwischen den sich das schöne Seespitzl mit ihrem schönen Schitourenanstieg verbirgt, dann die Nordflanke der Ahornspitze und der Marchkopf im Vordergrund am Ende des Finsinggrundes in Hochfügen.
Im Süden geht es weiter mit dem Kraxentrager vor dem mächtigen Tristner, dann der Pangert mit einer sehr schönen Schitour vom Hochschwendberg aus, in unmittelbarer Nähe im Kessel des Kellerjochs der Kuhmöser gegenüber.
Die Gipfel am Nordgrat des Rastkogels, der Rosskopf und der Kleine Gilfert, die Halslspitze, das Hobarjoch, der Gilfert, die dolomitische Kalkwand mit ihrer grandiosen Überschreitung prangen im Südwesten.
Torspitze, der Geier, die Hippoldspitze, der Wildofen und der Hirzer über sein phantastisches Hirzerkar finden sich im Südwesten, etwas tiefer das nette Nonsjöchl und gegenüber das Poferer Jöchl, der Malgrübler mit seinem grandiosen Ostanstieg, in der Ferne das Rosenjoch und schließlich der Glungezer mit einem sehr langen Anstieg von der Karlskirche, um die Tuxer Gipfel abzuschließen.
Schließlich folgen die Stubaier Alpen, von denen viele Gipfelziele des Sommers und des Winters auf diesem Blog beschrieben sind. Im Westen beginnt das Karwendel mit tollen Grattouren die sich ebenfalls hier am Blog beschrieben finden. An Schi- und Figltouren wären hier beschrieben die Hintere Bachofenspitze, die Wildangerspitze, der Kleine Lafatscher und das Stempeljoch. An Schitouren gibt es nachzulesen die Birkkarspitze, die Große Seekarspitze, die Rappenspitze, der Juifen und die Hochplatte.
Den Abschluß bildet das kleinräumige Rofan, der als der hohe Teil der Brandenberger Alpen bezeichnet werden könnte. Hier finden sich ebenfalls schöne Schitouren, das Kotalmjoch kann hier nachgelesen werden, sowie zweie rassige Schitouren im Norden des Gebirges, die Anstiege auf Vorderunnütz und Hochunnütz über deren Nordosten.
Kalter Föhn mit stürmischen Böen vergraulte uns einen längeren Aufenthalt vor der Kapelle. Nach 20 min räumten wir das Feld und machten uns auf die Abfahrt anzutreten.
Gegenüber, am Grat von der Kellerjochhütte zum Kuhmöser suchte eine andere Tourengruppe die Abfahrt vom Grat zum Kuhmöser in den Karkessel hinab.
Im obersten Teil des Hangs unterhalb des Grates herrschte noch Einsinken durch die Tageserwämung, die sich aber über die Abfahrt gleich besserte und wir einen Gutteil auf Firn mit weitgehend fester Unterlage abfahren konnten.
Weiter unten, nachdem die Hangneigung nachließ, wurde die Schneeoberfläche immer besser und im weiten Kar nach dem Moränenwall erreichten wir oberhalb des Gartalm Hochlegers die mit Triebschnee gefüllte Mulde, die sogar ein paar Schwünge im Weichen zuließ, fast wie im Hochwinter.
Die Hänge nach dem Hochleger bescherten uns besten Firn auf fester Unterlage.
Für die sonnige und landschaftlich phantastische Schitour benötigten wir gesamt 4 Stunden, incl. dem 20 minütigem Gipfelaufenthalt. Der Aufstieg über knapp 5 km umfasst 1.040 Hm.
Zur Einkehr nutzten wir, wie immer in Hochfügen, die sonnige Terrasse des Gasthaus Schellenberg.
Mils, 09.03.2024