Immer schon keimte während des Verfassers Schitouren im Wattental die Idee auf die Naviser Sonnenspitze vom Roßboden im obersten Mölstal zu besteigen. Die Naviser Sonnenspitze stellt den rassigsten und höchsten Gipfel in der Einrahmung der bärigen Hochplateaulandschaft im Mölstal dar und ist zur Schibesteigung nur bei genügender Schneelage empfehlenswert, da sie über ihren Südhang erfolgt. Bei der Abfahrt besteht keine Notwendigkeit des Wiederauffellens am Ende des Roßbodens.
Weiters muß beachtet werden, daß der Schlussteil des Südhangs, zwischen etwa 2.530 m und 2.570 m teilweise Hangneigungen von leicht über 40° erreicht und damit entsprechende Lawinengefahr besteht. Bei unserer Begehung herrschte > 2.200 m LWS 2 und für die Südexposition eine Schwachschicht aus dem Frühwinter erst ab > 3.000 m vor, also ideale Verhältnisse für das Unternehmen.
Der Anstieg erfolgt vom Parkplatz am Lager Walchen im Wattental und der Aufstieg erfolgt über die Mölstalstraße, die im Winter geräumt wird und neben den Aktivitäten des Truppenübungsplatzes als Rodelbahn dient.
Lange zieht sich der Aufstieg über die unteren Almen, bis zur Kehre auf 1.720 m Höhe, bis die Spuren in den Wald führen und ein eher flacher aber landschaftlich reizvoller Aufstieg durch alte Zirben- und Lärchenbestände führt.
Gegen Ende des Aufstiegs im Wald, kurz vor dem Hochleger der Mölsalm taucht die Aufstiegsspur aus dem Wald hervor und führt über ein kurzes freies Stück einschleifend auf die Mölstalstraße hinauf.
Auf der Freifläche und im weiteren Verlauf der Mölstalstraße bis zum Roßboden empfängt den Begehr im Hochwinter meist ein kräftiger, eiskalter, thermischer Wind talauswärts, der auch bei dieser Begehung die ersten Erfrierungserscheinungen der Saison an den alten Fingern des Verfassers verursachte.
Dieser Wind hält meist bis über den Roßboden an und verschwindet in der Sonne – daher handelt es sich um Thermik aufgrund von Dichteunterschied, nicht um den klassischen Föhn.
Entsprechend froh ist der Tourengeher um das Erreichen des Militärhüttchens P22 (865), da ab dort über den Roßboden Sonneneinstrahlung herrscht und der beißend kalte Wind einschläft.
Querfeldein traten wir den kleinen Höhenverlust von wenigen Metern in die seichte Grube des Roßbodens an und hielten uns eher südwestlich, im Aufstiegssinn links vom Bacheinschnitt. Dort wo der Bach nach Nordwesten umbiegt taten wir das selbe und steuerten in recht gerader Linie den Talschluß mit den großen Felssturzblöcken an, die am Fuß des Aufstiegs zur Südwestkante der Naviser Sonnenspitze liegen.
Der Aufstieg dorthin erfolgt unter leichter Steigung von etwa 10% (100 Hm über 1.000 m Horizontalstrecke). Diese Steigung reicht bei den meisten Schneearten für eine Abfahrt ohne großartiges Anschieben.
Hätten wir den Roßboden im Aufstieg genauer studiert, dann hätten wir klugerweise die rechte Seite des Bachlaufes für den Aufstieg gewählt, um schon eine Spur für die Abfahrt vorbereitet zu haben. Diese Erkenntnis reifte leider erst beim großräumigen Überblick des Roßbodens bei der späteren Wahl der Abfahrt vom Joch aus.
Mit sanften Formen steigt der Roßboden gegen das Talende an und nachdem diese Strecke so gut wie nie begangen wird durchquerten wir eine völlig unberührte Hochfläche mit glitzernder Schneedecke. Die einzig erkennbare Spur war jene eines Schneehasen vor dem Anstieg auf das Joch, das nicht das Mölser Joch ist, sondern gut 300 m nordwestlich davon liegt.
Der Aufstieg auf das Joch ist ein Nordanstieg mit moderater Steigung < 35° Hangneigung und findet bei LWS 1 oder 2 durch entsprechende Routenwahl ohne wirkliche Lawinengefahr statt.
Durch die nordseitige Exposition hatten wir das Vergnügen von Pulverschnee bis zur Kuppe. Auf der Jochhöhe fanden wir natürlich wieder windgepresste Scheeoberflächen vor.
Am Joch angelangt erfreute uns zunächst das atemberaubende Gelände der Tuxer und des großen verschneiten Kessels der Knappenkuchln mit einem gewaltigen Blick im Hintergrund auf die hohen Zillertaler Dreitausender in etwa 15 km Entfernung.
Wie zu erwarten änderte sich die Schneebeschaffenheit nach Umrundung der Südostkante der Naviser Sonnenspitze drastisch.
Durch die Steilheit des Geländes und den stumpferen Sonnenwinkel bildeten sich frühjahrsähnliche Schneeverhältnisse aus und nachdem der letzte Schneefall bereits viele Tage zurücklag hatte sich die Schneedecke teilweise sehr kompakt verfestigt mit oberflächlicher Aufweichung zu feuchtem Altschnee gegen die Mittagszeit hin. Die Bedingungen waren somit günstig, den Steilaufstieg in der Südflanke zu unternehmen.
Mit dem Gipfelkreuz im Blick zirkelten wir unter angenehmer Routenwahl durch die Felssturzblöcke hindurch, bis etwa in 2.460 m Höhe der fast völlig freie Steilaufstieg in Angriff genommen werden konnte.
Auch auf diesem Anstieg war es notwendig die Spur erträglich um die Steinbrocken zu legen, da die Schneehöhe im Steilstück sich noch als dürftig erwies.
Das steilste Stück im Aufstieg befindet sich unter und links vom markanten Felsvorkopf unterhalb des Gipfelkreuzes auf dem Felsturm.
An diesen Stellen erreicht der Aufstieg die Höchstneigung von knapp über 40°. Die Talseite des Vorkopfes ist flach ausgerundet und eignet sich für eine letzte Pause etwa 40 Hm unterhalb des Grates.
Wir umrundeten den Vorkopf links über eine schmale Rinne, die mit ein paar Spitzkehren durchstiegen wird und querten auf die Flachstelle auf der Hinterseite des Vorkopfes, um von dort aus die letzten Höhenmeter zum Grat in Angriff zu nehmen.
Von der Flachstelle aus bietet sich auch ein toller Blick auf das Gipfelkreuz am Felsturm der Naviser Sonnenspitze.

bereits über der Flachstelle des Felsvorkopfs am Weg zum Gratkamm (schöne Kalkmarmorbänder im Felsturm der Naviser Sonnenspitze
Just die letzten 5 Hm in der Südflanke waren bereits aper und wir mußten die Schi abschnallen, um sie am Grat für die letzten Höhenmeter zum Schidepot zwischen den beiden Gipfelkreuzen wieder zu verwenden.
Der isoliert stehende Felsturm der Naviser Sonnenspitze weist an seinem Fundament markante Schichten von gelbem Kalkmarmor auf, deutlich zu unterscheiden vom Hauptgestein dem grauen Quarzphyllit.
Recht spät für die lange Tour erreichten wir gegen 13 Uhr den Gipfel, der uns deshalb allein beschieden war. Etwas früher sind an diesem Tag ein paar Tourengeher von Navis aufgestiegen, wie im Gipfelbuch zu lesen war und allgemein wurde sie in diesem Frühwinter noch wenig bestiegen.
Vor einer leichten Brise wieder kalten Südwinds suchten wir unterhalb des geodätischen Gipfels zur kurzen Rast Windschatten und entdeckten dabei eine im Notfall komfortable höhlenartige Vertiefung direkt unter dem Gipfelfelsen. An ihrem Mundloch rastet man einigermaßen windgeschützt.
Die Abfahrt wählten wir wegen wenig Schnee in der Südflanke über den Normalweg Richtung Naviser Jöchl.
Im steilen Bereich mußten wir für 50m Weg die Schi abschnallen und über ein paar apere Felsstellen tragen. Unten auf der ebenen Fläche wendeten wir uns wieder in Richtung Mölsjoch und fuhren mit wenig Höhenverlust östlich zurück zum Südhang an dem wir aufgestiegen sind.
Für die Abfahrt durch die felsigen Hänge unterhalb des Steilhangs benutzten wir die Aufstiegsspur, die wir entsprechend angelegt hatten und langes Überlegen über die beste Route überflüssig werden ließ.
Zurück am Joch konnten wir angenehm feststellen, daß die Schi kaum Blessuren erlitten hatten. Die Abfahrt vom Joch auf den Roßboden erfreute uns im oberen Teil mit pulverigem Schnee.
Die beste Wahl für eine lange Fahrt mit wenig Gegenanstieg vor der Militärhütte erschien uns in der Querung der Südostflanke der Naviser Sonnenspitze und, den Schwung ausnützend, eine geradlinige Fahrt bis auf den Rücken, der den Mölsbach westlich begrenzt.
Dort hielten wir nochmals an, um die beste Route für wenig Gegenaufstieg zu wählen. Die Begrenzungen des Mölsbachs verebnen sich in diesem unteren Teil und er kann in gerader Linie überfahren werden, um mit Schwung auf die Gegenseite aufzufahren. So blieben uns etwa fünf Meter Höhendifferenz zum Weg und zur weiteren Abfahrt, die mit Tretteln leicht zu überbrücken waren.
Somit kann der Roßboden als durchaus attraktives Abfahrtsgelände ohne Gegenanstieg für die Tour angesehen werden und möglicherweise hätten wir in der Aufstiegsspur eine genügend feste Spur gehabt, um die fehlenden fünf Meter Gegenaufstieg mit der Fahrtenergie zu überwinden.
Die restliche Ausfahrt aus dem Mölstal unternahmen wir großteils auf der Rodelbahn.
Für die schöne Tour mit rassigem Steilaufstieg benötigten wir 5:30 Stunden, incl. etwa 35min Gipfelaufenthalt. Der gesamte Aufstieg beträgt 1.225 m und die Streckenlänge bis zum Gipfel etwa 8,5 km.
Mils, 19.12.2020
- auf der Mölstalstraße kurz nach dem Lager Walchen
- Sebastian im tollen Zirbenwald im Mölstal
- Skiroute am Wanderweg zum Mölser Hochleger
- Rückblick auf den Waldaufstieg
- Waldaufstieg kurz vor dem Mölser Hochleger
- Einmündung Waldweg auf die Mölstalstraße
- links Naviser Sonnenspitze, rechts Seekarspitze
- Sebastian im kalten Wind
- Hochleger der Mölsalm
- am Beginn des Roßbodens, wir nehmen die linke Seite des Bachs für den Aufstieg
- herrliche Landschaft am Ende des Mölstals
- im unteren Roßboden
- die Jungen folgen von der Militärhütte nach
- im Roßboden, rechts der Bacheinschnitt
- Rückblick auf die erste Etappe am Roßboden
- unberührte Natur am Roßboden
- Fotomotiv
- Aufstieg zum Bodenende
- im hinteren Teil des Roßbodens
- das Ende des Talkessels erreicht
- Aufstieg auf das Joch
- toller Hang, nicht steil
- über einen Buckel führt die Route in eine leichte Mulde
- atemberaubende Landschaft am Ende des Mölstals
- gleich nach der Mulde auf das Joch
- Manuel mit spiegelverkehrtem Hintergrund im hintersten Mölstal
- am Joch, bzw. Kamm nach Navis
- bereits wieder im windbeeinflussten Gelände am Kamm
- erstmals das Gipfelkreuz am Ziel sichtbar
- atemberaubende Landschaft der Tuxer
- Blick nach Südosten: v. li. Mölser Sonnenspitze, Tarntaler Köpfe und Lizumer Sonnenspitze sowie Geier und Gefrorene Wand Spitze
- Blick ins Gschnitztal mit den Tribulaunen, Feuersteinen und Wilder Freiger
- Blick nach Süden mit Gfrorener Wandspitze, Olperer, Fußstein und Schrammacher
- der Aufstieg über den Südhang beginnt
- zunächst steigen wir über die Ausmuldung weiter nordwestlich
- Rückblick auf den untersten Teil nach dem Joch
- ein Rücken leitet auf die Südflanke hinüber
- schönes Aufstiegsgelände
- unterer Teil des Südhangs der Naviser Sonnenspitze
- Rückblick auf den unteren Aufstiegsteil
- im Mittelteil wird noch weiter nordwestlich querend aufgestiegen
- der Südhang liegt vor uns und wird direkt in Spitzkehren aufgestiegen
- Blick Richtung Naviser Jöchl, unserer späteren Abfahrtsroute
- die Jugend im unteren Teil des Steilhangs
- der obere Teil des Steilhangs vom Felsvorsprung aus gesehen
- Sebastian und Manuel beim Spitzkehrentraining
- Verschnaufpause im Schutze des Felskopfes etwa 50m unterhalb des Gratkamms
- schöner Felssockel des Gratturms der Naviser Sonnenspitze
- Aufstieg auf den Felsvorkopf; hier etwa die steilste Stelle
- Sebastian kurt vor der steilsten Stelle
- bereits über der Flachstelle des Felsvorkopfs am Weg zum Gratkamm (schöne Kalkmarmorbänder im Felsturm der Naviser Sonnenspitze
- letzte Meter über apere Stellen ohne Schi
- Manuel und Sebastian auf der Flachstelle des Felsvorkopfs
- traumhafte Kulisse im Aufstieg
- am Gratkamm zum Gipfel der Naviser Sonnenspitze
- letzte Meter am Südanstieg
- vor dem Schidepot
- am geodätischen Gipfel der Naviser Sonnenspitze
- grandiose Aussicht auf Tuxer und Zillertaler
- Sebastian und Manuel auf der Naviser Sonnenspitze
- beide Gipfelkreuze der Naviser Sonnenspitze, 2.620 m
- Selbstauslöseraufnahme auf der Naviser Sonnenspitze
- Abfahrt Richtung Naviser Jöchl
- im Steilabschnitt mit kurzem Tragen der Schi
- Abfahrt auf die Flachstelle östlich vom Jöchl
- auf der Flachstelle Richtung Steiabschnitt geblickt, Sebastian fährt gerade ab
- Abfahrt ohne viel Höhenverlust nach Südosten Richtung Joch
- Rückblick auf die Aufstiegsroute
- Rückblick auf die Abfahrt
- am Joch angelangt, letzter Rückblick
- Abfahrt in die Flanke unterhalb der Steilhänge der Naviser Sonnenspitze
- mit viel Schwung geht es hinab in den eher flachen Roßboden
- der Schwung genügt, um bis zum leichten Buckel zu kommen
- gut ausgewählte Abfahrt – ohne Schieben am letzten Buckel angekommen
- die letzten fünf Meter am Gegenhang zu Tretteln
- schöne Abschlußansicht bei der Ausfahrt aus dem Mölstal – rechts die Naviser Sonnenspitze
- Route Naviser Sonnenspitze aus dem Wattental
- Aufstieg über Roßboden und Gipfelhang Naviser Sonnenspitze
- Profil Aufstieg über den Roßboden
- Abfahrt durch den Rossboden
- Profil unterster Teil Roßboden