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Nördliche Jägerkarspitze über Rigelkargrat – Mittlere Jägerkarspitze

Die Stille in der zweiten Kette ist ein phantastisches Erlebnis und auf unserem Aufstieg zur Nördliche Jägerkarspitze über Rigelkargrat – Mittlere Jägerkarspitze konnten lediglich Vogelgezwitscher und dann und wann kurz ein Flugzeug gehört werden.

ein toller Tag beginnt, hier Blick nach Süden auf die Nordkette

ein toller Tag beginnt, hier Blick nach Süden auf die Nordkette

Die heißesten Tage im noch kurzen heurigen Sommer fielen zu unserer Freude auch einmal genau auf das Wochenende. Kein Gewitter sollte sich in der afrikanischen Hitze bilden können, also optimale Verhältnisse eine lange Tour zu unternehmen.

hier beginnt der Steig ins Gleirscher Rigelkar, links geht es auf den Hohen Gleirsch hinauf

hier beginnt der Steig ins Gleierscher Rigelkar, links geht es auf den Hohen Gleirsch hinauf

Ein mächtiges Kar, ja fast talartig ausgedehnt liegt vor dem Bergsteiger, der sich nach dem verstauen des Radls in der Nähe des Möslalm auf den anregenden Steig durch den Wald ins Gleierscher Rigelkar macht.
Die Waldstufe ist recht rasch genommen und oben, wo es etwas flacher wird, breitet sich vor den Augen die untere Stufe des langen Kares aus, in diesem Teil noch dicht mit Zuntern bewachsen.

der schön ausgeschnittene Teil endet bald, der Steig ist jedoch gut gangbar, auch wo nicht ausgeschnitten wurde

der schön ausgeschnittene Teil endet bald, der Steig ist jedoch gut gangbar, auch wo nicht ausgeschnitten wurde

Vor kurzer Zeit hat man den ersten Teil des Steiges großzügig ausgeholzt, die Breite dürfte gut zwanzig Jahre halten, bevor sich die Latschen ihr Terrain zurückerobert haben.
Die Freude über den lichten Steig währt aber nur kurz, nach wenigen Gehminuten ist die Ausholzstrecke vorbei und man findet den Steig in dichtem Latschenbewuchs wieder.
Es bleibt so bis zur Latschengrenze, ist aber gut erträglich, weil der Steig sich mehr nach Osten, auf die rechten Karhänge wendet und über lange Strecken durch Reisen durchzogen ist, die keinen Bewuchs aufweisen.

der Anstieg wird etwas steiler

der Anstieg wird etwas steiler

Am Ende der dichten Latschenvegetation, ca. auf 1.900m gibt es nochmals eine Stufe auf den Karboden zu erklimmen, der dann flach in das lange klassische Kar mit der, dem Karwendel typischen, Reisenlandschaft hineinzieht.

Rückblick auf die Erlspitze

Rückblick auf die Erlspitze

Am Ende des Karbodens, nach zahlreichen umgangenen Dolinen, liegt dieser Tage noch ein längeres Schneefeld, das wir gerne in Anspruch nehmen, um ein angenehmeres Fortkommen als in den kleinblockigen Reisen zu haben. Es steigt sogar noch in eine angenehme Höhe, sodaß wir fast bequem eine gute Höhenlage als Ausgangspunkt zu unserem Vorhaben erreichen können.

die letzten Bergwiesen im Rigelkar

die letzten Bergwiesen im Rigelkar

Unser Vorhaben ist es, die Innere Rigelkarspitze als Ausgangspunkt für die Gratüberschreitung zur Nördlichen Jägerkarspitze zu nutzen. Die Idee dazu ist leicht erklärt. Die Rinne, die üblicherweise als Normalvariante des Aufstieges zu den Jägerkarspitzen verwendet wird, hat in der Literatur eine äußerst schlechte Kritik hinsichtlich der Felsqualität und auch hinsichtlich Steinschlags.

ein gewaltiges. langgezogenes Kar

ein gewaltiges. langgezogenes Kar

Also suchten wir nach einer Variante und das Blättern im Karwendelführer brachte uns auf die Variante über die Innere Rigelkarspitze, sowie weiter, auf den Verbindungsgrat zur Nördlichen Jägerkarspitze.

das Rigelkar mit abgehender Rinne ganz hinten beim kleinen Schneefeld als normaler Anstieg

das Rigelkar mit abgehender Rinne ganz hinten oben beim kleinen Schneefeld als normaler Anstieg

Nun, die dreieinhalb Zeilen des Anstieges zur Inneren Rigelkarspitze im Führer erschienen uns bei der Planung als geritzte Sache, ebenso die Schwierigkeitseinstufung, die Natur jedoch lehrte uns beim Anblick der Südwand jedoch anderes, sie zeigte eine Rinne, eher eine Schlucht, die über grüne Wiesenböden und einem Schlenkerer erreichbar zu sein scheint, die jedoch alles andere als mit I zu begehen anmutete und recht steinschlaggefährdet aussah.

ist das die Rinne in der Südwand der Inneren Rigelkarspitze? Wir erachteten diese Rinne limks als steinschlaggefährdet und wollten es auf der anderen Seite probieren

ist das die Rinne in der Südwand der Inneren Rigelkarspitze? Wir erachteten diese Rinne links als steinschlaggefährdet und wollten es auf der anderen Seite probieren

Also versuchten wir unser Glück etwas weiter östlich, wo sich eine Klamm aufzutun schien, die aber von unserem Standort aus nicht einsehbar war. Also stiegen wir, nun mühsam, weil das Schneefeld zu Ende war, höher und entdeckten eine noch viel ungangbarerer Schlucht. Recht enttäuscht mußten wir feststellen, daß unsere Planung nicht hinzukriegen sein würde, aber, die Hoffnung nicht aufgebend stiegen wir nun weit unterhalb des Grates weiter, um vielleicht doch noch einen Einstieg zu finden.

wir erachteten diese Variante als gangbar

wir erachteten diese Variante als gangbar

Ein weiterer Versuch knapp unterhalb der steilen Felsstufe im Rigelkar scheiterte ebenso, aufgrund von splittrigem Fels, mit vielen Schluchten durchzogen und mit dermaßen schuttreichen Bändern, daß die Unternehmung Rigelkarspitze abgeblasen werden mußte.
Also durch die grausige gelbbraune Rinne am hintersten Karboden rauf, stiegen wir enttäuscht, aber nicht entmutigt über die Felsen der Steilstufe weiter.

aus der Traum, ungangbar und zu brüchig

aus der Traum, ungangbar und zu brüchig

Am Ende der Steilstufe suchten wir nochmal nach einer Möglichkeit den Rigelkargrat zu erreichen und nun, sapperlot!, tat sich direkt über den Felsen der Steilstufe der Blick nach links zu einer kleinen Scharte auf, die leicht über eine kleine geschwungene Rinne zu erreichen zu sein scheint.

beim Queren der Felsrippen kommt uns nochmals die Idee den Rigelkargrat an passender Stelle zu erreichen und es klappt auch

beim Queren der Felsrippen kommt uns nochmals die Idee den Rigelkargrat an passender Stelle zu erreichen und es klappt auch

Für dieses Glück querten wir keuchend das lästige Reisengelände knapp oberhalb den Felsen der Steilstufe und erreichten festen Fels, zwar mit viel Schutt, aber mit guten griffen und Tritten. Dieser Punkt liegt, zurückgerechnet, ca. auf 2.375m (Anmerkung: durch das starke Hochdruckwetter stellten wir am Gipfel fest, daß die Vector um 90Hm zu wenig anzeigt)
Nun konnten wir schon erkennen, daß wir den Aufstieg zum Grat diesmal gefunden haben und die fortgeschrittene Geländehöhe ließ auch nur mehr ca. 100Hm in der Rinne bis zum Grat zur Bewältigung über.

auf der Scharte angelangt

auf der Scharte angelangt; unten im Schutt sieht man noch unsere Steigspuren zur Rinne

Überglücklich standen wir nun in einer kleinen Scharte und hatten das, lt. Führer IIer Gratgelände vor uns. Die ersten 20Hm erklimmt man direkt, ohne Umgehung, über ein, zwei scharfe Zacken und das war eigentlich auch schon die einzige Schwierigkeit in dem ab dort recht sanften Gratverlauf.

die ersten Meter am Grat; anfangs recht zackig, wird schnell besser

die ersten Meter am Grat; anfangs recht zackig, wird schnell besser

Wir hielten uns mit reicher Karwendelerfahrung stets am Grat, um so am besten fortzukommen und hatten wirklich großen Genuß dabei.

einige kleine Schärtchen sind zu bewältigen

einige kleine Schärtchen sind zu bewältigen

Die grausige Rinne des Normalaufstieges erblickten wir des Öfteren rechterhand und freuten uns richtig, diese nicht genommen haben zu müssen. Für uns ist der Rigelkargrat oberhalb der Steilstufe nun die Normalvariante des Aufstieges.

die Normalvariante des Aufstieges; man kann sich vorstellen wie brüchig und mühsam die Strecke sein muß

die Normalvariante des Aufstieges; man kann sich vorstellen wie brüchig und mühsam die Strecke sein muß

Nach gut zwanzigminütigem Aufstieg am Grat erreichten wir den Gipfel der Nördlichen Jägerkarspitze.

eingetroffen auf der Hinteren Jägerkarspitze

eingetroffen auf der Nördlichen Jägerkarspitze

Eine Gipfelbuchschachtel im Steinhaufen verriet, daß die Begehung dieses Gipfels eine seltene Angelegenheit sein muß. Wir trugen uns auf den losen Zetteln ein und verließen sie nach kurzer Pause und Genuß des Blickes nach Norden, nach Osten auf den Halleranger und in die Tiefen des Hinterautales.

der älteste Teil des Gipfelbuches mit Eintragungen aus 1985; nur mehr Zettel seitdem, dafür schöne Schachteln

der älteste Teil des Gipfelbuches mit Eintragungen aus 1985; nur mehr Zettel seitdem, dafür schöne Schachteln

Den Abstieg kann man an der Kante, die steil zur Verbindungsscharte mit der Mittleren Jägerkarspitze abfällt nicht gut einsehen und deshalb weichten wir auf schmale Bänder im brüchigen Fels der Westseite des kurzen Grates zur Scharte aus.

unser Aufstiegsgrat

unser Aufstiegsgrat

Somit erreicht man den obersten Teil der grausigen Rinne, die vom Kar heraufzieht. Wir mußten dabei feststellen, daß die Rinne wirklich nicht erstrebenswert ist und waren froh sie nicht kennengelernt zu haben.

Rückblick von der Scharte aus zur Nördlichen Jägerkarspitze; nicht ganz einfach der Abstieg, westlich geht es gut, östlich gar nicht; man sieht einen frischen Bruch, den sind wir unten umgangen

Rückblick von der Scharte aus zur Nördlichen Jägerkarspitze; nicht ganz einfach der Abstieg, westlich geht es gut, östlich gar nicht; man sieht einen frischen Bruch, den sind wir unten umgangen

Der Blick über die Scharte eröffnet ein nettes, kurzes, horizontal geschichtetes Band mit etwas Schutt darauf, aber recht breit und mit einem Steinmandl am westlichen Ende verziert. Ein Gustostück auf der Überschreitung der beiden Jägerkarspitzen, es weicht einer ungangbaren Steilwand mit ca. 15m Höhe auf der südlichen Begrenzung der Scharte aus und erfreut mächtig.

das tolle Band in Frontalansicht

das tolle Band in Frontalansicht

Den weiteren Verlauf des Aufstieges kann man nicht einsehen und begeht das Band erwartungsvoll. Dahinter geht es – in wenigen Minuten – in leichtem Gelände auf die Mittlere Jägerkarspitze weiter.

dieses schöne Band muß man nach der Scharte gehen, hinten ein Steinmandl

dieses schöne Band muß man nach der Scharte gehen, hinten ein Steinmandl

Vorher passiert man den berühmten Barthgrat, den man ehrfürchtig vom Gipfel aus und vom Abstieg von der Südlichen Jägerkarspitze aus betrachten kann.
Ein schönes, schlichtes Gipfelkreuz mit Gipfelbuch des Höttinger Berg- und Schisportvereines ziert die Mittlere Jägerkarspitze und wir stellten beim Eintrag fest, daß just ein paar Stunden, oder kürzer, vor uns drei Bergsteiger die Ersten in 2015 am Gipfel waren. Alle Einträge davor endeten im Oktober 2014. Neun Monate hatte der Berg seine Ruhe.

schönes Gipfelkreuz der Mittleren Jägerkarspitze

schönes Gipfelkreuz der Mittleren Jägerkarspitze

Nach einer Pause und dem Ablichten aller umgebenden Felsriesen incl. mehrfacher Abschnitte des Barthgrates brachen wir wieder auf um den letzen Gipfel des Trios, die Südliche Jägerkarspitze in Angriff zu nehmen.

Katzenkopf mit Barthgrat

Katzenkopf mit Barthgrat

Der Übergang gestaltete sich in Einklang mit dem Führer leicht und in wenigen Minuten erreichten wir den mit zwei Stangen gezierten Gipfel.

auch die Gönner sollen erwähnt werden, tolles Gipfelkreuz und -buch!

auch die Gönner sollen erwähnt werden, tolles Gipfelkreuz und -buch!

Der Blick mit dem Glas auf den schwierigen Teil des Barthgrates ist hier wegen des stumpferen Winkels noch wesentlich besser und man kann erahnen, welche Entschlossenheit der junge Barth gehabt haben muß, in zu begehen. Gleiches wird dem Grat noch durch uns widerfahren, vereinbarten wir.

Gipfel der Südlichen Jägerkarspitze

Gipfel der Südlichen Jägerkarspitze und im Hintergrund die Mittlere Jägerkarspitze

Der Abstieg erfolgt nun fast direkt am Grat der südlich steil hinunterzieht und die Tendenz, nach Osten, in die karartige Mulde zu wechseln läßt man lieber bleiben. Häufige Steinmandln weisen den Weg am Grat recht gut. Dieser Teil ist nicht schwer, jedoch muß man ihn mit einem gerüttelt Maß an Konzentration begehen.

Passagen bei denen man schon konzentriert steigen muß

Passagen bei denen man schon konzentriert steigen muß

Nach gut 200Hm, einem alten Seil zur Opferschlinge zum Abseilen über eine westseitige Felsstufe gedacht und bei den nun beginnenden grünen Einlagerungen an Bergwiesen im noch steilen Fels kann man etwas östlich abweichen und im angenehmeren Wiesengelände weiter abwärts steigen.

eine alte Opferschlinge

eine alte Opferschlinge

Unten auf ca. 1.950m „in den Flecken“ angekommen sahen wir tief unten und weit westlich die Möslalm, sowie einen schwach ausgeprägten Steig, der über die beiden Tobel südwestlich in die Latschen hinabzieht.

am unteren Ende der Wiesen in den Flecken mit Blick zur Mösl Alm, die Mühlwände brechen vor den Latschen steil ab, die Felsen sind ungangbar

am unteren Ende der Wiesen in den Flecken mit Blick zur Mösl Alm, die Mühlwände brechen vor den Latschen steil ab, die Felsen sind ungangbar

Um ein Haar hätten wir diesen zwecks Abkürzung genommen und waren dann, als wir später auf dem Forstweg talauswärts der Möselalm zustrebten sehr froh, daß wir das nicht getan haben. Dier Steig endet nämlich unweigerlich über den sehr hohen senkrechten Mühlwänden. Hier kann es keinen Abstieg geben, sondern nur einen mühsamen Wiederaufstieg in die Flecken.

einmal mehr der berühmte Barthgrat

einmal mehr der berühmte Barthgrat

Also nahmen wir die lange – meist pfadlose – Route nach Osten zum Gelände „bei der Porten“ und erreichten das Steinportal auch instinktiv etwas oberhalb mit gutem Blick auf den anschließenden Jagdsteig in das Jägerkar. Die Pfeis erscheint zum Greifen nahe (Luftlinie 3,6km), so weit östlich führt der Steig.

natürlicher Steintunnel in den Porten

natürlicher Steintunnel in den Porten

Den Naturliebhaber freut es jedes Mal aufs Neue, wenn er Launen der Natur und der Erosion betrachten kann und so mußten gleich mehrere Fotos des natürlich entstandenen Steinportales mit Gewölbewirkung her. Ein Gruß der Natur und ein gelungener Abschluß einer tollen Tour.
Der nachfolgende Abstieg am Jagdsteig ist mit viel Blumen und v. a. Almrosen durchzogen und hebt die Laune nach der tollen Runde nochmals kräftig an.


Der Steig endet unterhalb des Jägerhochstandes an einer Stelle der Straße im Samertal, die von einer Mure betroffen war die erst kürzlich neu gebaut werden mußte und sie nennt die AV-Karte „bei der Sag“.

das Jägerkar

das Jägerkar

Blick von den Porten zum Jagdsteig

Blick von den Porten zum Jagdsteig

Nun ging es noch knappe 3,3km in leichtem Gefälle hinab zur Möslalm zu Bier, Graukas und Kaiserschmarrn. Und während man bei der netten Wirtin jausnet hat man einen Logenplatz auf den Katzenkopf.
Eine Bergfahrt der Sonderklasse.

den Katzenkopf umrundet...

den Katzenkopf umrundet…

Mit dem Radl ist man – trotz Gegenanstieg – wegen der Abfahrt zur Brücke über die Isar – in gut 30min am Parkplatz in Scharnitz. Für die Fahrt in die Gegenrichtung am Morgen braucht man rd eine Stunde mit Rucksack und Bergschuhen.
Zeitbedarf: ab Scharnitz mit dem Radl ins Rigelkar, die Gipfel, der Abstieg bis zur Möslalm in Summe recht genau 8 Stunden. Eine halbe mehr von der Möslalm bis zum Auto.
Aufstieg gesamt: rd. 1.800Hm

Jägerkarspitzen 04-07-2015

Jägerkarspitzen 04-07-2015

Mils, 04.07.2015