Von Nord nach Süd aufsteigend überschritten bieten die vier Dreitorspitzen eine feine und leichte Grattour, die, bei perfektem Wetter, bilderbücherliche Aussichten beschert und dem Gratkletterfreund viel Freude in zumeist festem Fels des Wettersteingebirges bietet.
Die Eindrücke zusammengefasst muß der Grat als ein Geschenk betrachtet werden. Teilweise recht scharf und doch leicht zu begehen, mit schöner Anfangsflanke auf den ersten Gipfel mit ein paar klassischen Stilelementen der Kletterei – als befände man sich in einem Klettergarten. Kleine Prüfungen im schmalen Teil des Überganges und ein leichter Übergang auf den Endpunkt, die Leutascher Dreitorspitze, den höchsten der vier Gipfel.
Ja, die Dreitorspitzen sind auf der Karte betrachtet eigentlich vier Spitzen und ganz streng genommen kann man bei kritischer Betrachtung aus der Erscheinung der südlichsten, der Leutascher Dreitor-, oder Karlspitze, noch mehr und zwar in Summe sechs Spitzen herauslesen.
In natura können in der Leutascher Dreitorspitze ein Hauptgipfel, ein südlich vorgelagerter niedrigerer Vorgipfel und während der Überschreitung spürbar, ein nördlich gelegener und die brüchige Rinne bildender Nordgipfel erkannt werden.
Somit wären da: die Nordöstliche Partenkirchner Dreitorspitze, die Mittlere Partenkirchner Dreitorspitze, die Westliche Partenkirchner Dreitorspitze, und die drei Gipfelerhebungen der Leutascher Dreitorspitze mit der mittleren als Kreuzgipfel.
Wie auch immer die Nomenklatur ihren Niederschlag auf die ewigen Gipfel gefunden haben mag, die Überschreitung des sich nordöstlich bis südwestlich erstreckenden Teils des Wettersteinkamms ist ein bleibendes Erlebnis. Im Durchschnitt gesehen wird im zweiten Grad geklettert, mit ein paar kurzen Zügen die am dritten Grad kratzen oder ihn darstellen, je nach Aufstiegsvariante.
Von Parkplatz Puitbach aus nahmen wir diesmal das Steiglein direkt neben dem Bach, orografisch links (vom Parkplatz aus die Landesstraße links queren, nicht rechts zum Bauernhof). Der Steig mündet in den Verbindungsweg von Lehner und führt, nach einem Gatter, fast direkt zum Wegkreuz ins Puittal. Dadurch wird ein knapper Kilometer eingespart.
Der Aufstieg durch den Wald zum Puitegg und auf die Alm kann beim Bericht vom Öfelekopf nachgelesen werden.
Mit bestem Wetter erreichten wir das Gelände der Puitalm und zweigten am Fels nach rechts zum Söllerpass ab. In einer Wasserrinne im oberen Teil des Aufstiegs zog uns ein sonderbar unangenehmer Geruch in die Nase dessen Ursache wir beim Abstieg unweit unterhalb des Steiges als abgestürztes Schaf erkannten. Offenbar lag es schon Tage dort und beim Abstieg bemerkten wir ein paar Raben, die darum kreisten.
Am Leutascher Platt angekommen folgten wir den linken Markierungen weiter, obwohl das Platt zu eigenen Pfaden einladen würde. Daß es gut ist der Markierung zu folgen merkt man erst spät drüben am Fels unterhalb des Bayerländerturms, denn eine Route weiter rechts hätten wir einen zwar nur kleinen aber unnötigen Abstieg bei einer großen Vertiefung am Platt mitmachen müssen.
Der Steig nach links führt an die später in die andere Richtung überschrittenen Grate der Dreitorspitzen heran und im letzten Teil vor der Meilerhütte gibt es einen kurzen versicherten Steig über steil abbrechende Felsen.
Im frischen thermischen Wind des Joches der Meilerhütte leisteten wir uns die Füllung der Flaschen. Die Meilerhütte liegt auf 2.366m wo es in den Kalkalpen kein Wasser mehr gibt. Marschwasser gibt es also nur aus Mineralwasserflaschen, deren Verpackung nach dem Umfüllen von der Hüttenwirtin entsorgt wird.
Die Meilerhütte (benannt nach dem Tiroler Stifter Leo Meiler aus Leutasch) hat eine interessante Geschichte. Sie wurde von der DAV-Sektion Bayerland vor gut 100 Jahren erbaut und war zuerst eine sehr kleine Hütte auf Tiroler Seite, ehe sie im Bergsteiger boom der Dreißigerjahre allmählich zur heutigen Größe, wenige Meter entfernt auf der bayerischen Seite, ausgebaut wurde.
Ihr Aussehen von Norden und Westen ist interessant, sie ähnelt einer Burg.
Von der Meilerhütte hat man den Aufstieg zur Nordöstlichen Partenkirchner Dreitorspitze fast völlig im Blick und kann die Route über die Rinne mit den beiden Klemmblöcken erahnen.
Die tolle Überschreitung beginnt mit dem Aufstieg auf die Nordöstliche Partenkirchner Dreitorspitze, vorbei am Bayerländerturm. Der Einstieg in die Gratflanke befindet sich am Joch, der Hütte gegenüber beim Windrad.
Über die wiesenbewachsene Flanke erreicht man in wenigen Minuten den zunächst wenig scharfen Grat, der gut 100Hm zum Signalkopf hinaufführt.
Anschließend wird etwa 20Hm zur Verbindung von Bayerländerturm und Nordöstlicher Partenkirchner Dreitorspitze abgestiegen und über den kurzen Sattel in die Nordostflanke der Dreitorspitze eingestiegen.
Die Flanke steigt sich wunderbar und bereits in der Hälfte kann die Route zum Klemmblock erahnt werden. Der Klemmblock liegt zwischen zwei grundsätzlich glatten Felsen, die durch die häufige Begehung auch noch recht speckig wurde und wenig Reibungsflächen sowie Griffe bietet.
Die Überwindung der Stelle ist nicht sehr schwer, wenn der Ringhaken der Bergrettung als Griff dient. Im anderen Fall, durch „piazen“, ist die Stelle etwas mühsamer (der Zug vielleicht III) aber auch noch keine echte Schwierigkeit.
Oberhalb des ersten Klemmblockes geht es aufrecht im Kamin weiter bis unter den zweiten Klemmblock durch und dahinter in eine Scharte mit ringsum Rissen zwischen Kaminen und Türmen hinauf. Der Fels erfreut durch seine Festigkeit.
Wir entschlossen uns in einer Rinne südwärts weiterzusteigen und erreichten einen Haken mit Bandschlinge, bevor wir das Gipfelgelände betraten und über eine letzte Kletterstelle das Gipfelkreuz erreichten. Ein sehr schöner Aufstieg bis zur Nordöstliche Partenkirchner Dreitorspitze der das Herz erfreut.
Die Aussicht ist phantastisch, besonders jene nach Westen auf die Zugspitze und ihren eindrucksvollen sie begrenzenden Graten. Aber auch in die Gegenrichtung, zum Musterstein hin, tritt der atemberaubende Wettersteingrat so richtig in Erscheinung – eine beeindruckende Schneide, die unbedingt einer Erkundung bedarf.
Der Blick zur etwa 250m tiefer liegenden Meilerhütte zeigt ihre verwegene Lage sehr deutlich – als müßte sie sich wegen Wilderei verstecken; ein interessanter Stützpunkt.
Das Gipfelbuch ist am Einband vergoldet bedruckt und weist darauf hin, daß es sich um den Nordostgipfel (2.606m) handelt.
Im weiteren Gratverlauf erscheint der Mittelgipfel der Partenkirchner Dreitorspitze sehr nahe. Unweigerlich ist man versucht die Route ausfindig zu machen, sieht sie aber bei der Erstbegehung nicht wirklich. Das Ziel, die Leutascher Dreitorspitze scheint noch weit entfernt zu sein.
Angetrieben von der noch vor uns liegenden Überschreitung gönnten wir uns nur eine kurze Pause nach vier Stunden Aufstieg zum ersten Gipfel.
Der Abstieg über den Schuttpfad südlich des Gipfels endet bald leicht ausgesetzt in einer steilen Flanke und führt über ein zwei Rippen auf ein bald sichtbares Felsband, das teilweise begrünt ist, in eine Mulde zum Mittelgipfel heran.
Nach der Mulde führt aufwärtsgerichtetes Gehgelände auf ein kurzes Gratstück und über leichtes Klettergelände weiter auf den Mittelgipfel; das Band bleibt die einzige kleine Prüfung bis zum rundlichen Gipfel, der nur von einem Gipfelsteinmann geziert wird. Der Übergang dauerte nur etwa 20 min.
Der Übergang von der Mittleren auf die Westliche Partenkirchner Dreitorspitze beginnt zunächst mit einem kurzen Abbruch, der in festem Fels leicht geklettert werden kann und man direkt am tiefer liegenden Grat fortsetzt.
Eine etwas schärfere Gratstelle folgt am aufsteigenden Grat, der Rest ist meist Gehgelände mit kurzen Passagen mit Einsatz der Hände. Der Übergang dauert kaum eine Viertelstunde.
Die Westliche Partenkirchner Dreitorspitze ist die meistbesuchte der drei Spitzen. Ein versicherter Steig, der Barthsteig, führt von den Schuttreisen unterhalb des Grates über ein paar Kehren auf diesen Gipfel und somit die Westliche auch die einfachste aller Partenkirchner Dreitorspitzen.
Im Kletterfieber und angeregt von dem tollen Grat genehmigten wir uns lediglich eine Trinkpause auf der Westlichen Dreitorspitze, da jetzt der interessanteste Gratabschnitt vor uns liegen sollte.
Am Barthsteig etwa 50 m abgestiegen passiert jener unterhalb der gelben Felsen (im Rückblick) den Gratverlauf und man verläßt ihn am breiten schuttigen Grat in Richtung Süden, während er sich nach Norden fortsetzt.
Am Grat steigt man nun über Stufen abwärts bis zu einer leichten Scharte als Tiefpunkt und auf diesem Teil sind die interessantesten Kletterstellen im Abstieg zu begehen. Sie sind alle durchwegs leicht, eine schlecht einsehbare Stelle sind wir im Zickzack auf einem schuttigen Band auf der Westseite umgangen.
Der Abstieg beginnt im Gehgelände und führt am breiten Grat über den ersten Kopf auf die nächst tiefere Scholle hinab. Am Ende bricht die Scholle mit leichtem Abstieg auf die nächste Ebene ab und führt über ein paar kleine Erhebungen auf einen größeren Kopf mit großem Steinmandl. Am Weg dorthin eine schöne Kletterstelle über gelben, aber festen Fels hinab.
Anschließend erfolgt der Abstieg zur tiefsten Einschartung am Grat und dort folgen die schönsten Teile am Grat.
die interessantesten Stellen der Überschreitung liegen nun voraus
Gleich am ersten Abbruch fand Simon die Umgehung des direkten Gratstückes über etwa vier Meter Höhe als einfacher und wählte den Weg über das Band im Zickzack hinab.
Im Rückblick gesehen wäre auch der direkte Verlauf gut möglich gewesen. Manchmal brechen Stellen leicht negativ ab, d. h. der nächste Tritt bleibt dem Auge verborgen und Suchen mit dem Vorderfuß ist angesagt. Dieses Spielchen ersparten wir uns an dieser Stelle.
Die nächste interessante Stelle folgt sogleich und man nimmt sie auf ihrer Ostseite. Etwa fünf Meter sind dabei im festen Fels abzuklettern und das Gelände findet sich dort an beiden Seiten etwas ausgesetzt, eine schöne Stufe für den Gratkletterfreund.
Unterhalb dieser Stelle müssen noch ein paar Meter abgeklettert werden, dann ist der tiefste Punkt erreicht und über einen zunächst schärferen Teil führt Grat in allmählich sich ausbildenden Gehgelände auf den nächsten runden Gratbuckel hinauf.
Wir haben den schmalen Teil auf einem Band auf der Ostseite genommen. Nach kurzer Strecke bedarf man auch der Hände nicht mehr.
Am Gratbuckel befindet sich wieder ein großer Steinmann, so wie überhaupt auf der gesamten Strecke dann und wann ein kleinerer zu finden ist. Die Hilfe der Steinmandeln am direkten Grat ist zum allergrößten Teil nicht wirksam, weil die Route ohnehin logisch ist.
An diesem Punkt beginnt der leichteste Teil der Überschreitung, der, bis auf eine Stelle nach der sofort folgenden Einsattelung, eigentlich nur mehr Gehgelände darstellt. Bei der Flanke auf den nördlichen des Doppelgipfels der Leutascher Dreitorspitze benutzt man zwar noch die Hände, eine Kletterei im eigentlichen Sinn erfolgt dort aber nicht.
Jenseits der Einsattelung führt ein Vorkopf mit schrägen Platten auf den Hauptkopf hinauf, der an seiner Südseite steil über plattiges Gelände abbricht. Die Stelle wird über etwas kleingriffiges Gelände im festen Fels abgestiegen und war sozusagen die letzte Kletterei vor der Leutascher Dreitorspitze. Man könnte sie an ihrer Ostseite auf schuttigem Band umgehen aber wir fanden, daß sie oben herum schöner zu begehen war.
Etwa 60Hm sind von dort auf der Nordflanke des ersten der Doppelgipfel noch aufzusteigen. Am Hochpunkt besteht ein guter Überblick über die gesamte Überschreitung. Zum Kreuzgipfel der Leutascher Dreitorspitze hin trennt eine Einsattelung von der auch die berühmte brüchige Rinne auf das Platt hinunterzieht, über die auch unser Abstieg erfolgte.
Wir verweilten nicht lange am nördlichen Gipfel sondern stiegen zum Kreuzgipfel auf, der anstelle Leutascher Dreitorspitze auch „Karlspitze“ genannt wird. Welche Bewandtnis dieser Alternativnamen hat, konnte der Autor noch nicht ergründen.
Die Leutascher Dreitorspitze ist mit 2.682 m die höchste aller Dreitorspitzen und bereits vom Tal aus ein markanter Punkt im Wettersteinzug.
Leider fehlt das Gipfelbuch, dafür wurde der Versuch unternommen die Kreuzabspannung als Faradayschen Käfig auszubilden und das Erdungsband ist nicht (mehr) im Fels verankert – es hat bessere Zeiten gesehen.
Allseitig besteht ein toller Ausblick auf die Umgebung und bis weit in das Karwendel hinein. Am unserem Tag konnte mit Leichtigkeit und freiem Auge das Überschalljoch erkannt werden und durch die Falkengruppe hindurch die Hochiss im Rofan in immerhin fast 49km Entfernung.
Richtung Südwesten ein spektakuläres Bild mit dem nahegelegenen Schüsselkarbiwak, das als roter Punkt am Grat eindrucksvoll wirkt und dahinter die Miemingerkette sowie weiter westlich der fortführende Wettersteingrat bis hin zum Zugspitzmassiv.
Die beiden markanten Spitzen link neben dem Wettersteingrat sind die Ehrwalder Sonnenspitze und dahinter die Namloser Wetterspitze (37,5 km entfernt). Mit dem Glas konnten wir direkt hinter dem Grünsteingipfel den Muttekopf bei Imst bzw. die Feuerspitze im Arlberggebiet der Lechtaler, in 62 km Entfernung erkennen.
Die Überschreitung könnte noch um den letzten Gratteil vom Gipfel Richtung des südostseitig weiterführenden Grates erweitert werden. Hierzu muß in die Scharte mit einem weiteren Vorgipfel abgestiegen werden.
Das Gelände hinab zur Scharte wies einige junge Brüche auf und erschien uns wenig erstrebenswert, ebenso das abschüssige Band, das wir, weil mit viel Schutt gefüllt, ebenfalls nicht als einen sonderlich erstrebenswerten Abstieg empfanden.
Über die brüchige Rinne nördlich vom Kreuzgipfel abzusteigen war zwar auch kein Vergnügen, aber so schlimm wie sie in so manchem Bericht dargestellt wird erschien sie nicht. Natürlich geht einiger kleinstückiger Schutt mit, aber der Großteil der Rinne (im schmalen Teil) weist festen Untergrund auf und die Seitenflanken sind kaum brüchig.
Unten am Schuttkegel wählten wir den direkten Abstieg in der Reise und weiter zur Abbruchkante in das Puittal. Die Strecke ins nicht markiert, dann und wann trafen wir auf Steigspuren und auch auf ein nochmals aufsteigendes Gratstück mit einer Schönen Aussicht auf das Puittal.
Unweigerlich begegnet man dann dem Steig vom Söllerpass zur Meilerhütte, bzw. auf den Söllerpass direkt und steigt den Steig nach Leutasch ab.
Die Grattour über die Dreitorspitzen erstreckt sich über 14,5 km Strecke, 1.790 Hm im Anstieg und wir benötigten dafür achteinhalb Stunden.
Alternativ kann über das schöne Bergleintal abgestiegen werden, eine Beschreibung davon ist beim eingangs gesetzten Link vom Öfelekopf zu finden. Die Tour wird damit um etwa eine dreiviertel Stunde länger.
Mils, 31.08.2019