Zwischen dem südlichsten Zemm- und Floitengrund im Zillertal verbirgt sich die nördlich um den Schwarzenstein angeordnete flächenmäßig größte zusammenhängende Restmasse an Gletschereis im Hauptkamm der Zillertaler Alpen. Schwarzenstein- und Floitenkees zusammen bilden ab dem Schwarzensteinsattel nach Süden etwa eine Eisfläche von 2,4 km², die sich vom Schwarzensteinsattel auf mehrere Kare westlich und östlich davon verteilt. Der beste Ausgangspunkt für die Besteigung des Gletschers und des Schwarzensteingipfels besteht über die Berliner Hütte im Zemmgrund.
Der Anstieg auf den Schwarzenstein kann mit dem Radl ab dem Parkplatz Breitlahner in einem Tag erfolgen. Es empfiehlt sich jedoch eine Nächtigung in der traditionsreichen Berliner Hütte und die Ausdehnung der Tour auf weitere Ziele im Einzugsbereich, vornehmlich auf die Hornspitzen. Befindet man sich erst einmal in atemberaubender Gletscherwelt, dann wäre eine Tagestour eine Verschwendung des Anstiegs.
In diesem Sinne hatten wir die Anfahrt zur Berliner Hütte mit einem Stromradl geplant, um am selben Tag noch den Großen Mörchner sowie am Folgetag die am leichtesten zu erreichende Dritte Hornspitze und vielleicht noch eine weitere der vier mitzunehmen. Bei diesem Vorhaben waren am ersten Tag 2.175 m Aufstieg zurückzulegen, am Folgetag 1.275 m.
Trotz der Erleichterung des Aufstiegs über die ersten 540 Hm mit dem Stromradl sowie der Hinterlegung von nicht benötigter Ausrüstung in der Berliner Hütte vor dem Anstieg auf Schwarzenstein und Großer Mörchner stellt Weite und Höhe der Tour ein nicht wenig anstrengendes Vorhaben dar.
Der zweite Tag bietet mit der geringeren Aufstiegshöhe und dem langen Marsch zurück zum Radl einen guten Tagesabschluß, sodaß die Rückkehr ins Inntal am frühen Abend erfolgt und damit ein Wochenende ohne zu große Strapazen vernünftig genützt wird.
Ein früher Start im Inntal wird jedoch durch die Eincheckzeit in die Berliner Hütte erforderlich, wenn das Programm des ersten Tages durchgezogen werden will. Der Hüttenwirt erwartet die Ankunft nicht später als 18 Uhr, sodaß mit der errechneten Anfahrt bis zum Parkplatz Breitlahner aus dem Raum Innsbruck und den Anstiegszeiten eine Abfahrt von nicht später als 5:45 Uhr in Erwägung gezogen werden muß. Hierbei ist es wesentlich, ob die Auffahrt in den Zemmgrund mittels Wadlradl oder Stromradl erfolgt.
Der Aufstieg rein zu Fuß wurde nicht zuletzt aufgrund der langen Strecke von 6,7 km von Herwig abgelehnt und höchstwahrscheinlich hätte der Große Mörchner ausgelassen werden müssen, um noch halbwegs rechtzeitig zum Einchecken zu kommen. Ebenfalls wäre am zweiten Tag nur noch der Aufstieg auf die Dritte Hornspitze – der Berliner Spitze, wie sie auch genannt wird – möglich gewesen sowie eine bereits nächtliche Ankunft zuhause. Der Abmarsch am zweiten Tag hätte auch früher als um 6:45 erfolgen müssen, also das Frühstück ausgelassen werden.
Im Bewußtsein die bestmögliche Planung durchgeführt zu haben trafen wir uns am Samstag bei bestem Wetter ohne ein Wölkchen am Himmel in der Morgendämmerung zur Abfahrt. Die gute Seite des frühen Aufbruchs ist die noch kaum befahrene Landesstraße ins hinterste Zillertal, wo wir das altehrwürdige Gasthaus Breitlahner kurz vor 7 Uhr früh erreichten und uns die morgendlich aus dem Zemmgrund ausziehende Thermik mit einer frischen Brise erwartete.
Der Parkplatz (Münzen nicht vergessen!) zeigte sich erfreulicherweise halbvoll, jedoch wußten wir auch, daß der Samstag den klassischen An- und Abreisetag darstellt und noch einiges an Besucherfrequenz zu erwarten sein kann. Jedenfalls radelten wir mit wenig Blick auf die Schotterstraße dafür umso mehr Acht auf die Möglichkeiten der Motorunterstützung durch das Stromradl frohen Mutes los. Mit der Frage „host du koan Turbo?!“ fast wie im Flug überholt von einem Profi am Stromradl probierte der Verfasser die Höchststufe der Motorunterstützung, schaltete jedoch gleich wieder von leuchtrot auf violett zurück, denn ein Moped wollten wir wirklich nicht mieten.
Der Genuss des verpönten Fahrzeugs ergab sich für uns beim zweiten Anstieg der Geländestufe nach der Schwemmalm bis hinauf zur Grawandhütte. An der Schwemmalm radelt man viel zu schnell am alpinen Grauerlen-Auwald vorbei, der dort einen der größten seiner Art darstellt und der vor kurzem mit einer Nachbepflanzung mit Grauerlen gestärkt wurde. Der Anstieg über diese Geländestufe zieht über 2,3 km und 300 Hm durch den Wald, vorbei an Grünerlen am Wegsaum, wobei es nach der Grawandhütte unvermindert steil bis zum Gatter am Ende der Grawandalm weitergeht.
Bei diesem Gatter (1.800 m) endet auch die Fahrt mit dem Radl, ein Durchkommen durch das Gatter mit demselben ist nicht möglich. Atemberaubend erscheint das Tempo mit dem diese erste Strecke mit dem Stromradl bewältigbar ist – in einer halben Stunde wurden 6,7 km und 540 Hm bewältigt.
Schlagartig ändert sich dort auch die Topographie. Das Tal wird schmal und die Felsflächen ändern sich hin zu glatten steil nach Nordost ziehenden Platten, die im Bereich des Weges gut aufgeschlossen und teilweise geankert vorgefunden werden. Es handelt sich hierbei um Gesteine der Greiner-Mulde, von denen der sogenannte Garbenschiefer (siehe Bildergalerie) auch schön zu sehen ist.
Nach dem kurzen engen Abschnitt wird die Greinermulde verlassen und das Tal weitet sich an der Nordwestgrenze der Waxeggalm. Der Weg wird flacher und am Rand der Waxeggalm befindet sich eine Stauanlage, die den Zemmbach aufstaut und einen Großteil seiner Wässer über einen Verbindungsstollen durch den Greinerkamm zum Schlegeisspeicher ableitet. Am Schlegeisspeicher kann der Einlauf über dem Wasserspiegel eindrucksvoll beobachtet werden. Die Waxeggalm wird über die Brücke an der Wehranlage, oder nach der Alpenrosenhütte über den Zemmbach erreicht.
Kurz vor der Ankunft an der Wegbiegung vor der Stauanlage wird ein phantastischer Blick auf die Gletscher des Hauptkamms der Zillertaler Alpen frei. Zuerst rücken die Dritte und Vierte Hornspitze ins Auge, sowie weiter südlich der mächtige Turnerkamp. Wer am Morgen an der Wehranlage ankommt und sich einen prüfenden Blick auf den Staubereich sowie auf die Stärke des Zemmbachs herausnimmt und denselben am Abend – bei uns war das der darauffolgende Tag – wieder beobachtet wird erstaunt über die Anschwellung durch die Schmelztätigkeit der Bestrahlung der Gletscher sein.
Vorbei an der gerade vom Sonnenlicht erfasste Alpenrosenhütte nimmt der Anstieg Abschied vom Fahrweg und weicht dem breiten und – wie im Zillertal häufig zu sehen – charakteristisch ausgebauten Fußsteig zur Berliner Hütte. Man hatte sich vor gut 100 Jahren noch sehr viel angetan Zustiege zu den Hütten mit meist großen Felsplatten aus der Umgebung herzurichten, um unter angenehmem Tritt aufzusteigen. Ähnliche Bemühungen werden auch im unteren Teil am Steig auf das Furtschaglhaus vorgefunden.
Eine Dreiviertelstunde benötigten wir vom Gatter auf die Berliner Hütte, sodaß wir dort um 8:30 Uhr ankamen. Der Anstieg vom Parkplatz Breitlahner bis zur Berliner Hütte war damit in eineinhalb Stunden bewältigt.
Im Trockenraum neben dem großen, schön holzvertäfelten Speisesaal der Hütte konnten wir nicht benötigte Utensilien wie Hüttenschlafsack, Waschzeug, Powerpack für das Handy sowie den Gipfelapfel für den Folgetag zurücklassen und uns gleich auf den Weg zum Schwarzenstein machen.
Mit unmerklich leichterem Rucksack stiegen wir nun unter merklicher Sonneneinstrahlung auf den nordöstlich der Hütte führenden Steig auf. Dieser Steig führt auch – vorbei am schönen Schwarzensee über die Mörchenscharte in den Floitengrund. Vom Kar aus gelangt man auch über die Melkerscharte in die Gunggl, einem Hochtal südwestlich von Ginzling.
Der Abfluss des über dem Schwarzensee liegenden Eissees auf 2.674 m stellt den Ursprung des Zemmbaches dar. Die beiden Seen konnten wir jedoch am Anstieg zum Schwarzenstein nicht erblicken, daß die Abzweigung nach Südosten bereits eine Gländestufe vor dem Schwarzensee liegt. Selbst vom Schwarzensteingipfel aus sind die gut eingebetteten Seen nicht einzusehen.
In idyllischer Umgebung wanderten wir über den mäßig ansteigenden Steig hinter der phantastisch gelegenen Berliner Hütte gen Gletscher. Wer sich ein wenig für Alpingeschichte interessiert wird in der Hütte finden, daß der Ötztaler Bergpfarrer Franz Senn maßgeblich an der Gründung der Alpenvereinssektion Berlin beigetragen hat. Durch wohlhabende Mitglieder der Sektion konnte die Berliner Hütte bereits 1879 eröffnet werden.
Durch den stetig steigenden Zulauf wurde sie mehrmals erweitert und hatte zur Jahrhundertwende sogar einen ein eigenes Postamt – von den großen schönen Räumen und dem Stiegenhaus mit Luster ganz zu schweigen. Heute zeichnen die Hütte die Kochkünste des Hüttenwirts aus, in deren Genuß wir am Abend kamen.
Unser Anstieg bis zum Wendepunkt nach Südosten verlief unterhalb des Saurüssels mit dem Aufstieg auf eine breite Rippe vor dem weiten Mörchnerkar zum Eisrand des heutigen Schwarzensteinkees.
Ein langer und zeitlich nicht zu unterschätzender Anmarsch zuerst über Wiesenschrofen, später fast ausschließlich über optisch ansprechende geschliffene Biotitgneis- und Granitflächen mit schönen Einschlüssen. Von der Hütte bis zum Eisrand waren wir gut drei Stunden unterwegs.
Das nur im Ansatz steilere Schwarzensteinkees setzt auf etwa 3.000 m an und verflacht nach den ersten 100 Hm über eine lange Strecke zur leichten Steigung gegen den Gipfel hin.
Der geografische Schwarzensteinsattel wird dabei durch eine Rechtswendung leicht links liegen gelassen. Am flachen Teil des Gletschers stellten wir kaum gefahrbringende Spaltenbildung fest, weshalb wir am Rückweg ohne Steigeisen und Seil. Lediglich mit einem gewissen Abstand untereinander den Gletscher überquerten, um den Großen Mörchner zu erreichen.
Auf der Höhe des Schwarzensteinsattels erreichten wir eine atemberaubende Sicht nach Ost und West, schier über den ganzen Hauptkamm hinweg.
Die Entfernung vom flachen Gletscherteil zum Gipfel möge man ebenfalls nicht unterschätzen, vor allem wirken sich hinsichtlich der Gehgeschwindigkeit die etwas bremsenden Steigeisen, der tief aufgeweichte Firn und nicht zuletzt die Höhe von über 3.100 m aus. Vom Beginn der Flachstrecke zum Gipfel waren wir ein Stunde unterwegs.
Zuletzt fällt am Aufstieg zum hoch gelegenen Felsansatz eine langgezogene Firnrippe an, auf deren Kamm die Begehung erfolgt, um so den Schrund auf der steilen Nordflanke unterhalb des Gipfels zu umgehen.
Diese Firnrippe, die den Anschein macht von leeseitigen Schneeablagerungen durch den Südwind gebildet worden zu sein, stellt eine willkommene und bequeme Möglichkeit dar den Schwarzenstein leicht zu erreichen.
Unter der Rippe vollzieht sich auch ein weiterer Gesteinswechsel, der in den wunderschönen hellen und feinkörnigen Felsblöcken am Grat vom letzten Firnfeld der Rippe auf den Schwarzenstein sichtbar wird.
Es handelt sich bei den wild aufgeschachtelten Felsblöcken am kurzen Grat um unverwitterten Biotitgranit, Granodiorit und Tonalit. Der kurze Übergang über die Felsstrecke sorgte für große Freude nach der eintönigen Firnstrecke.
Am Gipfel des Schwarzensteins trafen wir nach einer Aufstiegszeit vom Gasthaus Breitlahner von recht genau sechs Stunden ein.
Gerastet haben wir nie wirklich, an der Hütte etwa 15 min Aufenthalt für das Verstauen von Ausrüstung und für das Anlegen der Steigeisen sowie für andere stationäre Handlungen weitere 15 min verbraucht, sodaß unser reiner Aufstieg mit fünfeinhalb Stunden berechnet werden kann.
Das Panorama am Schwarzenstein kann als ein erstklassiges bezeichnet werden. Nach Osten hin findet sich der zentrale Stock des Großen Löfflers, der unseren Gipfel um 10 m überragt.
Weit im Hintergrund befindet sich die Wildgerlosspitze in 22,6 km Entfernung. Die schöne Reichenspitze ist vom Schwarzenstein aus leider vollständig hinter dem großen Löffler verborgen, man sieht sie aber noch am Ende der Firnrippe, bevor der Felsübergang am Grat in Angriff genommen wird.
Schöne Tiefblicke bestehen auf den saftiggrün gefärbten südlichen Landesteil ins Ahrntal. Die Anstiege auf den Hauptkamm erfolgen von dort aus meist wenig über Eisflächen, die Vergletscherung der Südseite des Hauptkamms fand wegen der der sonnenzugewandten Lage nur in geringem Umfang statt.
Aus diesem Grund wurde der Hauptkamm mit dem beginnenden Alpinismus großteils vom Süden erobert, was auch die Schwarzensteinhütte erklärt, die lediglich etwa eine Stunde unterhalb des Gipfels liegt, mit nur 350 Hm Aufstieg.
Im Norden gegenüber befindet sich der Große Mörchner, ein unvereister Gipfel schön geformt sowie weiter nördlich im Kamm die noch begehrenswertere Zsigmondyspitze, ein bizarres und nicht leicht zu erreichendes Ziel im Mörchenkamm.
Gegen Westen wird das erste Drittel des Hauptkamms eingesehen. An dessen Beginn der Dreitausender befindet sich auch gleich der höchste Gipfel der Zillertaler Alpen, der Hochfeiler (3.509 m), der zwischen den beiden wichtigsten und schönsten Gipfeln in diesem Abschnitt, Turnerkamp zur Linken und Großer Möseler zur Rechten hindurch lugt.
Der mächtige Große Möseler stellt mit seiner Erhebung von 3.480 m den zweithöchsten Gipfel im Zillertaler Hauptkamm.
Über den Westen hinaus prangt der Tuxer Hauptkamm mit seinen mächtigen Gipfeln von denen zunächst der Kraxentrager erwähnt werden muß, der den Status Dreitausender nur um 2 m verfehlt. In weiterer Folge erfährt der Kamm einen gewaltigen Aufschwung, dessen erste Zier, der Schrammacher, über das atemberaubende Stampflkees erreicht wird und auf dem ein alpinhistorisch interessantes altes Gipfelbuch gerettet wurde.
Sodann wäre der König der Gipfel im Tuxer Hauptkamm, der berühmte Olperer zu nennen, der den dritthöchsten Gipfel der Zillertaler Alpen darstellt. Seine Ersteigung wird vom Valsertal über die Geraer Hütte sowie vom Zamsergrund über die Olperer Hütte durchgeführt.
Abschließend, im Reigen der größten Erhebungen im Norden, muß der Hohe Riffler genannt werden. Ein Dreitausender, der vom Schigebiet der Hintertuxer Bergbahnen aus ein schönes Schitourenziel darstellt und für Verwegene auch vom Kaserer Winkel im hintersten Schmirntal erreichbar.
Eine knappe halbe Stunde Gipfelrast gönnten wir uns vor dem Aufbruch zum zweiten Ziel des Tages, dem Großen Mörchner. Um halb zwei Uhr schulterten wir die Rucksäcke und traten die Gratstrecke zur Firnrippe an. Nachdem die kaum geneigte Gletscheroberfläche nach unserer Einschätzung geeignet war den Übergang über die Schwarzensteinscharte ohne Steigeisen und Seil anzutreten hielten wir nur einen gewissen Abstand ein und überquerten den Gletscher.
Zuerst entlang der zahlreichen Spuren im tief aufgeweichten Firn, dann über Blankeis. An keinem Wegstück fanden wir breite Spalten vor. Einige tiefere Spalten trafen wir an, jedoch wiesen diese weniger als Mannesbreite auf.
Den Gipfelaufbau des Großen Mörchners steuerten wir in der Meinung sehr direkt an, daß der Übergang vom Eis zum Fels auf dieser zu unternehmen sei und wurden belehrt, daß sich zwischen Eis und Fels eine breite Mulde befindet, die auf direkter Route begangen werden kann. Diese Mulde ist bis zur Annäherung an sie nicht sichtbar. Sie erfordert eine nordöstliche Umgehung in ihrem Flachteil, wo das Eis zum Fels hin flach ausläuft.
Auf der Gegenseite, im Fels, muß zuerst durch einen kurzen Abstieg die bedrohlich brüchige Felsflanke zurückgelassen werden, bevor schräg einwärts querend ein etwas weniger zerrissener Teil der Flanke begangen werden kann, der auf die Südflanke des Großen Mörchners führt.
Der geodätisch gemessene Aufstieg vom Schwarzensteinsattel auf den Großen Mörchner beträgt 150 Hm. Durch die Überquerung der Mulde werden etwa zusätzlich knapp 50 Hm notwendig. Die Mulde erweckt den Anschein, daß sie durch starke Abstrahlung von Wärme der Südflanke des Gipfelaufbaues gebildet wird.
Das Eis hält dabei einen definierten Abstand von den Felsflächen, der nicht durch andere Einflüsse erklärt werden kann. Im Tiefsten der Mulde treffen sich abfließende Wässer des Gletschers und Felsabbruch und bilden eine wilde Landschaft. Der untere Teil der Mulde eignet sich vorzüglich zum Abstieg, auch wenn er schuttübersät einen bizarren Eindruck erweckt.
Es sei hier vorweggenommen, daß der gesamte Anstieg bis zum Gipfel durchwegs auf Blockwerk stattfindet, mit einigen kurzen Passagen auf erdigem Terrain, das manchmal Steinmandln bzw. Steigspuren aufweist.
Eine kurze Passage etwa nach dreiviertel des Aufstiegs führt über eine ebenfalls kurze, steilere Felsstrecke, in der leichte Kletterei vonnöten ist. Nach dieser flacht das Gelände abrupt ab und führt über mit plattigem Bruch übersätes Terrain zum Gipfel.
Wir wählten eine Route eher rechts (östlich) auf der Südflanke und fanden Steigspuren denen wir folgen so gut sie sichtbar waren. Durch die Felsstrecke führen mehrere Anstiege, es ist dabei völlig egal welche man nimmt. Ein Steinmann oben an der Kante mit dem Neigungswechsel weist in etwa die beste Richtung. Man muß ihn nur sehen können.
Der unspektakuläre Gipfel des Großen Mörchners bietet wenig Unterschied in der Sicht gegenüber jener auf dem Schwarzenstein. Allerdings gibt es wahrscheinlich kaum eine schönere Sicht auf den Schwarzenstein als vom Großen Mörchner aus. Alleine dieses Motiv ist es wert den Aufstieg zu unternehmen.
Einige Gipfel sind jedoch zu nennen, die wir vom Schwarzenstein aus nicht sehen konnten. Zu nennen sind: die schöne Reichenspitze im östlichsten Kamm der Zillertaler Alpen, Namensgeberin der Reichenspitzgruppe sowie der Zillerkopf zu Beginn der Gruppe im Nordwesten und de Rauchkofel im Süden.
Durch das Wolkenfenster konnte auch ein toller Blick auf den Hochgall in der Rieserfernergruppe eingefangen werden. Auch der Großvenediger in der Ferne konnte fotografisch erwischt werden.
Tief unter dem Großen Mörchner zwischen dem Großen Löffler im Südosten breiten sich die Reste des ehemalig mächtigen Floitenkees` aus und beim Anblick der Reste bleibt einem eine gewisse Enttäuschung über den Lauf der Dinge nicht vorenthalten.
Im Norden des Großen Mörchners ziehet der schneidige Grat zum Kleinen Mörchner sowie weiter zur bizarren Zsigmondyspitze, ein berühmter Kletterberg in den Zillertaler Alpen, dessen Normalanstieg bereits schwierige Stellen enthält. Im Westen des Mörchenkamms bietet sich ein schöner Blick auf den Ochsner, ein Dreitausender oberhalb der Berliner Hütte.
Ein schöner Blick ergibt sich auch auf den Floitenkamm mit dem imposanten Floitenturm und dem mächtigen Dristner, der gegen Mayrhofen den Kamm ins Tal abbrechen läßt. Im südlichen Teil des Kammes besteht der Blick auf den Gigalitz, die Lapenscharte und die Greizer Spitze.
Am Abstieg erhob sich die Frage, ob die unterste Flanke durchgehend bis in die Mulde begehbar sein würde. Bereits beim Aufstieg konnten wir einen zu steilen Felsabsatz der Südflanke des Großen Mörchners im untersten Teil erkennen, der nicht ratsam schien. Also stiegen wir eher links im Abstieg in die Schuttgefüllte Mulde hinab.
Vom Boden der Mulde boten sich schöne Blicke auf die Eismassen des Schwarzensteinkees` die durch ihre Neigung schöne Spalten bilden.
Den äußerst nördlichen Teil des Kees betraten wir nach dem Ende der Mulde in Richtung des Normalweges hin. Spalten bestehen dort kaum und die Eisdicke dürfte weniger als zwei Meter betragen.
Man kann diese Reste mit etwas Vorausschau und entsprechender Routenwahl gefahrlos begehen.
Firnfelder führen bis weit hinab in Richtung des Normalanstiegs und in der Rückschau erwecken diese den Eindruck extra für uns zum bequemen Abfahren auf Bergschuhen nicht ausgeapert zu sein.
Nach wenigen Minuten über Felsblöcke und Gletschergeschiebe erreichten wir den Normalweg wieder.
Am Weg dorthin entdeckten wir noch einen für die Umgebung untypische Gesteinsbrocken, der den Eindruck von Eisenerz auf granitischem Grundgestein macht, bewachsen mit Hämatitrosen.
Hier sei ein Dank schon jetzt an jenen Leser ausgesprochen, der diese Bestimmung bestätigt oder korrigiert.
Nach diesem schönen Fund und zurück auf dem Steig mußten wir mit erhöhtem Tempo absteigen, um die Eincheckzeit nicht zu versäumen. Wir wollten ja nicht die Letzten sein, die von den Hunden gebissen werden.
Der Abstieg vom Mörchnerkar war uns ja vom Aufstieg her als lange Strecke bekannt, weswegen wir Trödeleien an diesem schönen Sommernachmittag hintanstellten und lediglich noch ein paar Bilder der phantastischen Landschaft im Nachmittagslicht anfertigten.
Deutlich vor 18 Uhr noch erreichten wir die Berliner Hütte, die angenehmer Weise an diesem Wochenende nicht zu sehr ausgebucht war. Wir erhielten mit noch zwei Bergsteigern ein 10 Personen Zimmer und hatten somit ein leichtes Leben mit genügend Platz für unsere Utensilien.
Nach einer zwei mal eine Minute Dusche, streng gemessen über den Münzautomat durften wir uns auf den schönen hohen Speisesaal mit der alten Holzvertäfelung freuen. Da wir nicht zum Bergsteigeressen angemeldet waren gab es für uns ein spitzenmäßiges Gulasch mit Serviettenknödel.
Der Plan für den Folgetag wurde nach den soeben gewonnenen Erkenntnissen mit der Dritten Hornspitze festgelegt, sowie, bei rechtzeitigem Erreichen derselben eine zusätzliche Besteigung einer weiteren Hornspitze.
Für die Besteigung der beiden Gipfel haben wir gesamt mit allen Pausen 10:30 Stunden benötigt. Dabei wurden 2.175 Hm Aufstieg zurückgelegt, 540 Hm davon mit dem Stromradl und 1.635 Hm zu Fuß. Der Abstieg zur Berliner Hütte betrug 1.485 Hm. Die Streckenlänge betrug gesamt 26,3 km, davon 6,7 km mit dem Radl, 19,6 km zu Fuß.
Mils, 10.08.2024