Zu einer phantastischen und leichten Rundtour läßt sich der im Bericht über die Seebergspitze erwähnte weiterführende Grat zur Seekarspitze mit Rückweg über Gaisalm- und Mariensteig ausbauen. Das Unternehmen avanciert dann schon zu einer halbwegs alpinen Runde im ersten Teil und zu einem Ausdauertraining über die nicht zu vernachlässigenden An- und Abstiege auf den Steigen entlang des Seeufers. Bei klarer Sicht im Herbst ein farbenprächtiges Erlebnis.
Aufbauend auf vorgenanntem Bericht (Begehung Mai 2019) soll im vorliegenden Bericht nun die weiterführende Strecke von der Seebergspitze zur Seekarspitze, hinab zur Seekaralm sowie über den Südzipfel von Achenkirch am westlichen Seeufer zurück nach Pertisau beschrieben werden.
Die in o. g. Bericht erwähnten „moderaten“ Parkgebühren in Pertisau haben sich mittlerweile zu acht Euro für den Tag (> 4 Stunden) überinflationiert.
Nach Betrachtung der umliegenden Gipfel des Karwendels im Westen und des Rofan im Osten sowie dem Großglockner in 88 km und dem Großvenediger in 64 km Entfernung im Südosten, kann der Abstieg von der Seebergspitze beginnen.
Im Herbst sollte man – je nach zu erwartender Schneelage auf der Schattenseite – mit Ausrüstung nicht geizen, auch wenn sie zusätzlichen Ballast im Rucksack bedeutet. Das Fehlen von Ausrüstung kann eine herbstliche Tour an Stellen zwangsbeenden an denen man vereiste Stellen nicht erwartet, bzw. können solche Stellen zu riskanten Situationen führen, wenn sie ohne Ausrüstung begangen werden, meist weil man den vielleicht längeren Rückweg nicht mehr antreten will.
An der Seeberg Nordflanke besteht so eine Situation, die aber im Voraus abgeschätzt werden kann, eben weil es sich zum Teil um eine Nordflanke handelt. Diese ist recht steil, jedoch für den Geübten auch bei Schneeauflage nicht schwer zu begehen. Und im Zweifelsfall wäre der Rückweg ein leichter.
Ebenfalls besteht diese Situation beim Abstieg von der Seekarspitze, jedoch ist dieser etwas flacher und wenn der Abstieg von der Seebergspitze möglich war, sollte dieser Abstieg kein Problem bedeuten.
Der Abstieg führt im unteren Teil durch interessantes Gratgelände, in dem quasi zwischen den aufgestellten Platten in leichter Weise abgeklettert wird. Bald wird die Einsattelung zwischen den beiden Gipfeln erreicht (1.908 m), mit 180 Hm Abstieg.
Jenseits des Sattels geht es auf dem Steig gleich wieder auf einen Gratbuckel etwa 30 m bergauf und wieder ein paar Meter abwärts, bevor der Steig südlich einer niederen Plattenkalkmauer zunächst geradeaus zur nächsten Steigungsstufe führt, die dann mit moderat steiler Flanke auf die bis zum Gipfel fast gleichbleibende Kammhöhe führt. Der Anstieg in diesem Teil beträgt etwa 80 Hm.
Während dem Anstieg wechselt der Steig seine Richtung rechts (östlich) nach links in ausgeprägte Platten – schön anzusehen -, über die einige leichte Stufen wieder auf den Grat hinweg führen.
Mit wenigen kleinen Höhenverlusten durch Gratscharten führt der Kamm dann über etwa 40 Hm an den Gipfel der Seekarspitze heran. Der schöne leichte Grat ist vollbracht.
Von der Seekarspitze aus beeindruckend anzusehen ist der Kamm des Fohnsjochs mit seinen Erhebungen, vom Ausstreichen des Jura im Süden der Hohen Gans bis zum Juifen, sowie seinen Ausläufern Beispielsweise der Hochplatte im Vorkarwendel.
Des Nachmittags im Spätherbst beginnt die Seekarspitze einen gewaltigen Schatten über Achenkirch zu werfen, der vom Gipfel aus sehr markant die Gestalt des Berges ins Tal projiziert.
Ungern verläßt man angesichts der Stimmung die Seekarspitze, allein der weite Rückweg, den man an ihr noch gar nicht erreicht hat, und die nahende Dunkelheit bedingen das Losreißen von der scheinbar statischen Kulisse.
Hinab ins nördliche Dunkel führt ein anfänglich schneebedeckter Steig mit genügend Stapfspuren, sodaß der Abstieg schnell erfolgen konnte. Der Wendepunkt, der den Rückweg einleitet befindet sich immerhin 1.100 m tiefer und von dort trennen weitere 7,5 km mit jeder Menge Aufstiegsmeter am See entlang vom Ziel.
Nach dem Eintauchen in den Schatten, ab der Seekarspitze ständiger Begleiter bei der Beendigung der Runde im Spätherbst, ändert sich auch schlagartig die Temperatur. Im Laufschritt abwärts wirkte der Auskühlung entgegen und war notwendig, um das Ziel nicht bei völliger Dunkelheit zu erreichen.
Eine knappe Stunde später erreichte der Verfasser einen unbenannten Graben vor der Koglalm, bei der die Schotterstraße zur Seekaralm erreicht wurde und sich ein phantastischer Rückblick auf die Seekarspitze bietet.
Dem Graben anschließend müssen einige Höhenmeter überwunden werden, bevor der Hochpunkt am westlichen Rand der Koglalm erreicht wird. Man betritt das Almgelände aber erst 100 m im bereits wieder abschüssigen Teil des Schotterwegs nach rechts über einen Steig der schöner und direkter ins Tal führt als der Schotterweg.
Er nennt sich Koglalmsteig und führt an einer Steilfläche zur Rechten vorbei an der die Bauernhäuser in der Tiefe im sogenannten Hinterwinkel in Achenkirch eindrucksvoll eingesehen werden können.
Bei der zweiten Querung des Steiges über den Schotterweg könnte man meinen, daß der Steig dort zu Ende ist, jedoch nach einigen Metern am Schotterweg findet der Geübte Bergler den schmalen Ansatz, der die Fortsetzung des Koglalmsteigs ist, der dort nicht mehr begangen wird.
Wagt man das Abenteuer und steigt dort ab, spart man ein gutes Stück am Schotterweg, der sich gegen die Fortsetzung des oben genannten Grabens hinzieht. Am Ende des verfallenden Steigs kommt man an einer Wegverbreiterung an, ein Holzlagerplatz möglicherweise.
Nach ein paar Hundert Metern, wo der Wald lichter wird, kann über Almgelände abgestiegen werden und die Strecke etwas verkürzt werden, jedoch etwas mühsam, den tiefen Rinderspuren im weichen Almboden ausweichend.
Schlussendlich kommt man kurz vor dem Hinterwinkel wieder auf den Schotterweg und zweigt am Spitz rechts auf den Gaisalmsteig ab.
Die geodätischen Daten für die beiden schönen Steige (ab der Gaisalm in Richtung Pertisau nennt sich der Steig auf den gelben TVB Wegweisern Mariensteig) werden in allen Berichten, die im Internet zu finden sind grob falsch angegeben (Länge und Aufstieg), selbst jene von alpinen Vereinen, und auf den Webseiten der Gemeinden Eben (für Pertisau) und Achenkirch findet sich keine offizielle Beschreibung.
Also muß man selber messen und dies hat der Verfasser über das „tirisMaps“ durchgeführt. Das Gefühl über die beiden – von ihrem gesamten Höhenunterschied – nicht zu unterschätzenden Steige hat ihn dabei nicht getäuscht, die Strecke erfordert eine ungeahnte Aufstiegshöhe von etwa 467 m.
Natürlich fällt die Steigarbeit im Laufe von mehreren Stunden Wanderung weder bei Atmung noch Kondition auf, im Gegensatz zur Begehung in kurzer Zeit, die im Fall dieses Berichts in 100 min (4,4 km/h) absolviert wurde.
Im Spätherbst wird eine nachmittägliche Wanderstrecke meist zum Wettlauf mit der Dämmerung und diese hat sich bei der hier beschriebenen Begehung am verbauten Seeufer nach der Abzweigung zum ehemaligen Ölschieferbergwerk breit gemacht.
Vorbei an der Prälatenbuche und der Schiffswerft der Achenseeschifffahrt an der Seepromenade endet die Runde am Parkplatz.
Die bärige Runde erstreckt sich über 1.800 Hm – wobei die Steige am Rückweg am Seeufer mit etwa 4671 Hm zu Buche schlagen – die Streckenlänge beträgt knapp 17 km. Man plane dafür – mit zügigem Schritt und kurzen Gipfelpausen – sechseinhalb Stunden ein, sonst mehr als sieben.
Mils, 21.11.2021
1 über das „Geografische Informationssystem des Landes Tirol – tirisMaps“ mit etwa 200 Wegpunkten nachgemessen ergibt sich für die 2.736 m (3d) lange Strecke vom Hinterwinkel bis zum Hochpunkt vor der Gaisalm eine zu ersteigende Höhendifferenz von 206 m, für die 330 m (3d) lange Strecke vom Hochpunkt im Abstieg bis zur Gaisalm eine Höhendifferenz von 29 m im Aufstieg und für die 4.325 m (3d) lange Strecke von der Gaisalm über den Mariensteig bis zum Parkplatz Pertisau eine Höhendifferenz von 232 m im Aufstieg.
Die gesamte Strecke vom Hinterwinkel bis zum Parkplatz Pertisau beträgt also recht genau 7,4 km (3d) und die Höhendifferenz im Aufstieg von ~ 467 m.
Die Messung der Höhendifferenz im Aufstieg mit dem Tourenplaner von Outdooractive ist aufgrund der ungenügenden Feinheit der Geländedaten völlig unpräzise, so wie die meisten Berichte im Internet, die man mit – teilweise bedenklich falschen – Angaben von 10 Hm bis 220 Hm angegeben findet.