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Schitour Große Ochsenwand, 2.700m

In den bizarren Kalkkögeln bieten die aus dem Dolomit herausgebildeten Kare, Rinnen, Scharten und Tälchen einige rassige Schitouren, unter anderem die Besteigung der Großen Ochsenwand durch eine schmale steile Rinne. Wenige Berichte finden sich über den im oberen Teil durchaus schwierigen und nicht ungefährlichen Anstieg im Internet. Für diese Schitour muß, neben technischer Ausrüstung, auch Können im Schibergsteigen und eine kleine Portion Mut mit im Rucksack sein.

die Truppe auf der Großen Ochsenwand, 2.700m

Die Tour im Gesamten betrachtet ist im Frühjahr – bei Anreise mit dem Auto bis zur Kemater Alm – keine lange Tour, sie erstreckt sich nur über gut 1.000Hm und einer relativ kurzen Gehstrecke von etwas mehr als 4km. Sie ist eine technisch anspruchsvolle Schitour in teils sehr steilem Gelände und, speziell im Frühjahr, mit einem felsigen Teil am Gratrücken von einer Scharte bis zum Gipfel, der am besten ohne Schi zurückgelegt wird, will man nicht ganz extrem vorgehen.

Start mit Schi auf ca. 1.700m

Der Start mit Schitourenausrüstung im bereits fortgeschrittenen Frühjahr erfolgt je nach Schneelage – in unserem Fall heute in etwa auf 1.700m über verfestigte, alte Lawinen, in Aufstiegsrichtung links neben der Adolf Pichler Hütte über die Gräben auf die flachere Talfläche in Höhe der Alpenklubscharte.

gewaltige Lawinen in den letzten Wochen

Mächtige Lawinen sind von den Reisen der Kalkkögel in den letzten Wochen abgegangen – diese Erkenntnis wird beim akrobatischen Aufstieg gewonnen.

die Großen Erhebungen der Kalkkögel

Die heute vorgefundene Schneequalität war wegen der wolkenbedeckten Nacht auch auf der Höhe von 2.100m recht mäßig und – das kann vorweg genommen werden – wurde auch nicht signifikant besser bis zum Gipfel.

der nette Kamm der das Senderstal im Westen begrenzt

Teilweise konnten wir über Felder mit gut verfestigtem Schnee aufsteigen, in dem die Steigspuren nur wenige Quadratzentimeter große Spuren hinterließen, der Großteil des Aufstieges auf aufgeweichtem Schnee bestand aber nicht aus dem klassischen grobkörnigen Firn sondern aus einer Art schmierigem Sommerschnee. Beide Arten sehr feucht und gut gangbar.

wir umgehen die Lawine unterhalb mit geringem Höhenverlust

Im Anstiegshang zwischen Riepenwand und den westlichen Ausläufern der Großen Ochsenwand waren die Verhältnisse recht gut und wir legten für die unbekannten, kommenden Partien in der schmalen Rinne vorsorglich die Harscheisen an.

Stimmungsbild am 05.05.2108 um 07:30 Uhr

Den schönen Hang stiegen wir genussvoll weiter, Hilli als Vorsteiger angesichts der tollen Steigbarkeit über die weichen bis halbharten Hangpartien in fühlbarer Hochstimmung und zusätzlich voll in seinem Element, der klassischen Frühjahrstour.

dem Christian taugt’s!

Ab und zu keimte während des ca. 250Hm Anstieges zur schmalen Rinne die Hoffnung auf einen blauen Himmel auf, jedoch wurde uns dieser Wunsch heute nicht auch noch erfüllt.

ein schöner Aufstieg zur Scharte

Es zogen zwar immer wieder Wolkenfelder durch, die im Kielwasser klare Luft hinterließen, jedoch war dies nur ein Spiel von wenigen Minuten bis die nächste Zelle jeglichen Sonnenschein verdeckte.

die Eindrücke – unvergesslich!

Kurz vor der Scharte zwischen Riepenwand und Großer Ochsenwand beginnt die Schlüsselpassage des Anstieges. Eine schmale Rinne zieht sich linkerhand knappe 100Hm zu einer Scharte zwischen dem westlichen Vorbau der Großen Ochsenwand und seinem Gipfelgratrücken hinauf.

gewaltig eindrucksvoller Blick nach Norden

In der schmalsten Passage hatten wir bei der herrschenden Schneelage heute eine Breite von eineinhalb Schilängen zu durchsteigen – entsprechend viele Spitzkehren mußten hier angelegt werden.

am Beginn der Scharte angelangt

Als Vergnügen empfand ich zunächst den Anstieg durch die schmale Gasse mit den arg zersplitterten Felsbegrenzungen zu beiden Seiten. Der Anstieg zur jeder Seite nach der Spitzkehre eine kurze Angelegenheit und bereits zurück auf die andere Seite. Abwechslung soviel wie den gesamten Winter nicht.

Ui, ab nun Dauergrätschen!

Leider machten sich meine bereits recht mitgenommenen Felle in der feuchten Umgebung mit lösen vom Belag bemerkbar und als ich bei einer nicht sauber gestiegenen Spitzkehre den Clip hinten heruntertrat war die Misere perfekt – das Fell bis zur Bindung löste sich.

anregend geht es hinauf

Nun, ich hätte arge Schwierigkeiten gehabt Fell und Belag zu trockenen und weiterzusteigen. Aber die Kollegenschaft hatte Notfallmaterial mit und Evis Isolierband hielt bis ganz oben hin (auch eine Überlegung solche Sachen mit dabei zu haben). Bei einer Alleinunternehmung hätte ich hier höchstwahrscheinlich abbrechen müssen.

Klassisch trichterartig wird die Rinne oben breiter und – als Abschlußprüfung – erreicht sie dort vor der Scharte ihre maximale Steilheit, die ich mit ca. 40° einschätze.

Ballett „Schwanensee“ oder „Der Widerspenstigen Zähmung“?

Die Felle so halbwegs wirksam prüfte ich den Sitz jeden Schrittes, um nicht in fatale Situationen zu kommen. Der Aufstieg durch den steilsten Teil beträgt glücklicherweise nur wenige Meter und die Haftung der Felle vor der Bindung hielt wie Dreiwettertaft.

Hilli führt sie und steigt souverän durch

Einigermaßen erleichtert konnten dann die letzten Meter durch die Scharte auf den Gratrücken durchstiegen werden, da bereits aper mit den Schi in der Hand.

ja, auch der Autor hat sie mit Fellproblemen erfolgreich durchstiegen

Am Gratrücken angekommen machten wir das Schidepot und stiegen die letzten etwa 100Hm unter leichtem Südostwind teils in aperem, teils auf Schneeflächen zum Gipfel der Großen Ochsenwand hinauf.

am Gratrücken gen Nordwesten

Die Hänge hinab zur Schlicker Alm stehen noch weitgehend unter Schnee und sind trügerisch steil. Bei vereisten Verhältnissen im Winter ist hier höchste Vorsicht geboten. Wir konnten mit den weichen Schneeverhältnissen aber leicht hindurchqueren.

Restaufstieg teils im Schnee, teils am Fels

Den Gipfel der Großen Ochsenwand ziert ein wirklich einzigartiges und malerisches Gipfelkreuz, das hoffentlich noch lange dort zu bewundern sein wird. Dies fällt mir jedes Mal erneut auf dem schönen Gipfel auf.

Große Ochsenwand, 2.700m

Leider ist das Gipfelbuch bereits im Herbst vollgeschrieben gewesen und so konnten wir keinen sinnvollen Eintrag machen.

Stimmung in den Kalkkögeln: Kleine Ochsenwand, Steingrubenkogel, Hochtennspitze und Malgrubenspitze

Der Blick heute, gen Süden wie schon öfters in diesem Frühjahr, von Nebel, verhüllten Dreitausendern im Stubai und in den Zillertalern und generell mit dichtem und hohem Wolkenstock eingeschlossen.

der Südwesten; ganz rechts der Habicht

Gegen Nordwesten, im Außerfern müßte die Wettersituation wesentlich besser gewesen sein, wolkenloser Himmel konnte in einigen zig Kilometern Entfernung gesichtet werden.

die mächtige Riepenwand – ein Ziel für den Sommer

Die Freude am Gipfel wurde durch wechselnde Stimmungsbilder der herumziehenden Wolken und Nebelfetzen gesteigert – auch nicht perfektes Wetter kann schön anzuschauen sein, vor allem, wenn es wechselnde Situationen zeichnet.

Stubaier und rechts Sellrainer Berge

Nach 20 Minuten Rast am Gipfel der Großen Ochsenwand und dem Beschluß die Riepenwand im Sommer zu besuchen beschlossen wir die Talfahrt anzutreten und verließen den schönen Ort über den Gratrücken zur Scharte.

jede Scharte erfordert eine Entscheidung, wir haben uns für die Abfahrt rechts entschieden

Da eine Scharte aus zwei Flanken (und zwei Erhebungen quer dazu) gebildet wird hatten wir die Wahl der Abfahrt und – wie könnte es anders sein –wir nahmen die in Abstiegsrichtung rechte Flanke.

kurz vor dem Schidepot

Sie ist durchwegs breiter als die schmale Aufstiegsrinne und mündet schneller in einer breiten Reise, allerdings ist sie gefühlt noch etwas steiler als die Aufstiegsrinne, zumindest stellenweise.

eine lästige Passage noch

Die Abfahrt im weichen, schweren Nassschnee war gut möglich, wenngleich die Schwünge einigermaßen Kraftaufwand erforderten.

an der Kante – fertig zur Abfahrt

Alte Nassschneerutschungen und Gräben von Wasserrinnen bestimmten ein wenig die Routenwahl im oberen Teil.

der Martin packt es an

Zur allgemeinen Überraschung wurde die Schneequalität nach unten hin immer besser. Die letzten 100Hm konnten wir schöne Schwünge hinab in die Hochfläche vor der Adolf Pichler Hütte ziehen, bevor die beschwingte Fahrt auf der flacheren Strecke wieder schwerer wurde.

wie man sehen kann

Den Abschluss bildete die Bezwingung der Lawinenstriche unterhalb der Hütte – ein schweißtreibendes Unterfangen mit perfektem Training des Gleichgewichtssinnes und des Reaktionsvermögens:

Zum Parkplatz mußten die Schi wieder geschultert werden.

Endstation für die Schifahrt

Die Gesamtzeit betrug vier einviertel Stunden bei 1.035m im Aufstieg und die reine Aufstiegszeit knapp über drei Stunden.

Mils, 05.05.2018