Schlagwort-Archive: Serleskamm

Kesselspitze, 2.728m von Kampl

Im mittleren Teil des Serleskammes gelegen erhebt sich die Kesselspitze – vom Elferlift im Stubaital aus gesehen – als eine bemerkenswerte, abgerundete Erhebung im Kamm. Dabei sieht man von dort nur den Vorgipfel, der Hauptgipfel, oder besser beide höchsten Erhebungen befinden sich südöstlich dahinter und der östlichere der beiden trägt das Gipfelkreuz.

Kesselspitze, 2.728m

In ungewohnt tiefrotem Kalk (Kalke des unteren Jura – Adneter Schichten) steigt man die letzten Meter vom Vorgipfel – ich habe heute den direkten Übergang über den wenig ausgebildeten Grat genommen – zum Gipfelkreuz auf.
Wie der Gipfel so ist die gesamte Aufstiegsroute von Kampl über die Kesselmahd eine geologische Zeitreise über Jahrmillionen und selbst der geologisch unerfahrene Bergsteiger wird die Eindrücke der gewaltigen Sprünge von Gesteinsarten und -formen, Schichtungen, Korngrößen und Farben in dem vielfältigen Überlagerungsgebiet des Serleskammes gerne wieder mit ins Tal nehmen.

tiefe Schluchten trennen den Ausläufer auf dem der Aufstieg erfolgt vom Serleshauptkamm

tiefe Schluchten trennen den Ausläufer auf dem der Aufstieg erfolgt vom Serleshauptkamm

Im Anstieg bereits, hat man zur Linken gewaltige Felsausläufer aus Kalk mit senkrechten Abbrüchen von mehreren Hundert Metern und das Haupt ihrer kühnsten Türme zieren Latschen in verwegenen Formen. Eine verwegene Landschaft, die den Aufstieg über den zermürbend steilen Waldrücken gut erträglich macht, läßt man das Auge und die Sinne bestimmen und stellt das Training in den Hintergrund.

ab hier wird es eindrucksvoll

ab hier wird es eindrucksvoll

Von einem erfreulich nicht kommunal regulierten Parkplatz, oder besser längeren Parkstreifen, geht es von Kampl aus los. Gleich hinter der OMV Tankstelle führt die Straße – man respektiere das Geschwindigkeitslimit zum Wohle der Kinder der Anrainer – bis zum Fahrverbot und im oberen Teil kann man längs der linken Seite parken, ohne eine Regelung per Tafel anzutreffen.

Nach dem Ende der Asphaltstraße nimmt man – gut beschildert – den Aufstieg im Wald, der gleich richtig zur Sache geht. Rund 400Hm geht es durch den Fichtenwald bis zu einer ersten Rastbank neben einer Wasserfassung. Dieser Steig enthält erstaunlich viele Bänke und die letzte trifft man weit über 2.000m in bereits sehr alpinem Gelände an.

Abzweig, rechts geht es weiter

Abzweig, rechts geht es weiter

Der Aufstieg auf die Kesselspitze zweigt wenige Minuten nach besagter erster Bank rechts ab, links bzw. geradeaus geht es auf kühnem Steig zum Gasthaus Wildeben weiter. Der Verlauf des Steiges führt weiter an einer Doline (Karstvertiefung im Boden) vorbei zu einem Aussichtspunkt mit Bank an der man frei nach Goethe ohne weiteres den Augenblick einige Minuten verweilen lassen sollte. Am Kamm des Wald- und später Zunternrücken macht es Spaß dem recht steilen Steig zu folgen, zu sehen gibt es rundherum genug und die knorrigen Gesellen von exponierten Lärchen erscheinen in schier abenteuerlichen Ausbildungen.

ist dieser Blick nicht traumhaft?

ist dieser Blick nicht traumhaft?

Schärfer, und damit zum leichten Grat wird der üppig bewachsene Rücken dann einige Minuten Gehzeit ab dem markanten Kopf, oder flacherer Stelle, in der AV-Karte mit der Höhenangabe 2.043m. Ab dort besteht der Bewuchs nur mehr ausschließlich aus Zuntern und der Kamm nimmt zusehends mehr die Form des Grates ein. Allerdings ist der Grat auch in den wenigen Metern auf denen man trittsicher unterwegs sein sollte immer breit genug.

nicht schlecht oder?

nicht schlecht oder?

Am Grat endet irgendwann die Vegetation in einer gewissen Übereinstimmung von wenigen Dutzend Höhenmetern auch mit der Geologie. Vom Hauptdolomit tritt man in eine völlig andere Welt ein, für mich vollzieht sich der Wechsel in den Tonschiefer. Auch Höhe und Hangneigung dürften hierzu den Ausschlag geben. Die letzte Rastbank trotzt den Jahreszeiten, wir befinden uns auf rund 2.150m.

ein weiteres kleines Gratstück zur Vorsicht

ein weiteres kleines Gratstück zur Vorsicht

Die letzten kleinkörnigen Kalkschutthänge, die man so gut vom Serleskamm kennt – siehe auch Bilder der Tour auf den Sonnenstein – ziehen von der Verbindung des Kammes, der den Bergsteiger die letzten zwei Stunden beschäftigt hat herunter. Oberhalb finden sich vorwiegend wild zerborstene Tonschieferbänke, leicht gemischt mit Kalken bis zum Joch auf rund 2.580m, bevor sich im Anstieg zum Gipfelaufbau der Fels wieder zum Kalkstein ändert.

der Gipfelaufbau und die Aufstiegsroute nun im Wechsel zum Tonschiefer

der Gipfelaufbau und die Aufstiegsroute nun im Wechsel zum Tonschiefer

Der Aufstieg in dieser Flanke (obere Teil der Kesselmahd) erfolgte am heutigen Vatertag nach den vielen Regentagen in einer teilweise lettigen Erd-Gesteinsmasse, die zähplastisch nachgab. Zudem sind noch zwei wenig mächtige Schneefelder zu durchqueren, bzw. zu umgehen, wenn man keine Überraschungen erleben will und die Umgehung erfolgt im lettigen Schuttgelände.

die beiden Schneefelder knapp unterhalb des Joches

die beiden Schneefelder knapp unterhalb des Joches

Im Abstieg habe ich die Schneefelder genommen, jedoch häufig auf die ungute Vereisung des Firns getreten, die man häufig rund um die herausstehenden Felspartien antrifft.
Die Hangneigung trägt dazu bei, daß man einiges „Zehenspitzengefühl“ mitbringen muß, um sicher zu steigen. In zwei bis drei Wochen ist dieser lästige Teil Geschichte.

das Joch erreicht

das Joch erreicht

Ab dem Joch (es ist der Übergang zum weiteren Grat zum Padasterjochhaus und zur Kirchdachspitze) wendet sich der Aufstieg wieder in genussvollere Abschnitte und die letzen paar Dutzend Höhenmeter auf den Vorgipfel neben/unter den mächtigen, tropfenden Kalkmauern machen wieder mehr Spaß.

Gipfelaufbau von Westen

Gipfelaufbau von Westen

Sie will in Serpentinen erobert werden, dachte ich als ich die Richtungsänderungen im letzten Teil mitmachte. Vor hier muß es grandiose Blicke ins Stubai geben kam mir in den Sinn, als ich in den leeren Nebel starrte.

Vorgipfel

Vorgipfel

Der obere Teil bis zum Vorgipfel ist nahezu schneefrei und ab diesem durchschreitet man noch ein letztes Feld am sanften Sattel zu den keck und schroff aus dem Grat herausragenden beiden Gipfeltürme der Kesselspitze.
Ich habe sie am Grat genommen, trotzdem als ich sah, daß zwischen beiden ein tieferer Abstieg nötig ist. Habe diesen durch Umgehung auf der Südseite liegen gelassen.

ein letzter sanfter Sattel

ein letzter sanfter Sattel

Ein schlichtes verzinktes Gipfelkreuz empfängt mich nach nicht ganz drei Stunden des Aufstieges. Wieder einmal Disput um Gipfelhöhen, dachte ich als ich die „2.733m“ mit roter Farbe auf roten Fels geschrieben las.

Touristen am Gipfelkreuz

Touristen am Gipfelkreuz

Da die Nebel aus Richtung Habicht enorm stärker zu werden schienen, trat ich gleich nach einem wenig erfolggekrönten Rundblick auf die Gipfel im Kamm und auf die weiteren gewaltigen Stubaier Gipfel in Richtung Süden, dem GB-Eintrag, einer Gedenkminute für alle Väter, die ihren letzten Aufstieg bereits genommen haben und der Erkundung des Normalweges wieder den Rückzug an.

Auf Wiedersehen Kesselspitze!

Auf Wiedersehen Kesselspitze!

Wie immer passiert es mir, daß das Wetter am Abstieg besser wird, als am Aufstieg. Und heute hat es mich am Aufstieg ganz schön getrieben. Also ergeben sich noch eindrucksvolle Stimmungen, die, mit der Kamera versucht einzufangen, nicht einen Bruchteil der natürlichen Wirkung wiedergeben.

Die Kalkkögel aus dem Unterstand

Die Kalkkögel aus dem Unterstand

Am Abstieg bedurfte ich dann am selben Wegabschnitt zum zweiten Mal für 15min der Regenhaut, eine Zelle über Neustift in Richtung Fulpmes hat mich erwischt.
Nach dem gelungenen Bergerlebnis konnte mir das aber so gut wie gar keine Schimpfwörter entlocken.

der Habicht läßt einen Blick zu, tief unten das schöne Pinnistal

der Habicht läßt einen Blick zu, tief unten das schöne Pinnistal

Hier noch ein Blick auf den langen Gratteil, da sind auch ein paar Meter etwas ausgesetzterer Stellen dabei.

eindrucksvoller Grat

eindrucksvoller Grat

Gesamt sind recht genau 1.700Hm zu meistern. Die Aufstiegszeit wird mit 4 Stunden angegeben. Man sollte des Sommers zeitig unterwegs sein, denn gut 1.000Hm vollziehen sich im sonnenbeschienen Wald bzw. Unterholz. Bei Schlechtwetter oder Gewitter werden die letzten 150Hm zum Joch sehr rutschig sein.
Wunderschöner Wald ab 1.400m und eine tolle Tour für jeden, der etwas „zahniges“ im Aufstieg auf wenig Streckenlänge sucht.

Mils, Vatertag 12.06.2016