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Schitour Rappenspitze, 2.223m

Im letzten Abdruck der Saison sollte der schon lange gehegte Wunsch, die Schitour auf die Rappenspitze, unternommen werden. Die Rappenspitze stellt eine der anspruchsvolleren Schitouren von Pertisau aus dar. Zum Zwecke der Erkundung als Schitour habe ich sie bereits im Herbst als Bergtour von Stans aus überschritten.

Rappenspitze, 2.233m

Gegen Ende April findet sich bis auf 1.250m kein Schnee mehr, weshalb ab dem Parkplatz am Eingang ins Karwendel bis weit über die Falzthurnalm Schi und Tourenschuhe getragen werden müssen.
Als Hilfe könnte man die rund 3km bis zur Falzthurnalm mit dem Radl fahren, was den Anstieg schon um eine halbe Stunde verkürzen würde. Ich habe allerdings die Tragevariante gewählt.

ohne Radl muß die Ausrüstung bis zum Schnee geschultert werden

Durch den ausgeprägten Nordhang hatte ich die Schneegrenze etwas tiefer eingeschätzt, die außergewöhnlich waren Temperaturen duch den April hindurch hatten jedoch ganze Arbeit geleistet und ich erschrak förmlich, als ich von unten bis weit hinauf ins Legertal keine durchgehende Schneefläche erblicken konnte.

endlich Schnee auf ca. 1.250m

Durch den Waldweg bei der Falzthurnalm hinauf konnten Spuren des wütenden Winters beobachtet werden – nicht nur kleinere Bäume wurden sein Opfer, selbst große alte Nadelbäume wurden entwurzelt und blockierten den Waldweg.
Oberhalb der Forststraße im oberen Teil des Waldes tauchten dann plötzlich Schneeflecken auf, die immer größer wurden und sich bald zu einer gangbaren Gesamtheit ausbildeten, auf einer Höhe von 1.250m.

Aufstieg neben der Lawine

Vor mir muß schon lange niemand mehr aufgestiegen sein, denn es gab kaum Anzeichen einer Aufstiegsspur und keinerlei Abfahrtsspuren. Im Aufstieg links befanden sich nicht besonders alte Reste einer Grundlawine, die teilweise gut die Breite des halben Tales beanspruchten.

der schöne Kamm über die Schneeköpfe zum Falzthurnjoch

Oben, am Übergang in die flacheren Almwaldpassagen nahm ich die mittelbreite Rinne zum Aufstieg, nicht den durch Lawinenreste verlegten Sommerweg. Die Rinne hat eine ähnliche Gefälleausprägung wie eine Sprungschanze und ist in der Abfahrt schön zu fahren.

Im Almgelände der Dristlalm

Durch etwas flachere und recht lichte Waldpassagen mit naturbelassenem Baumbestand und daher teilweise recht altehrwürdigen Nadelhölzern wird die Freifläche der Dristlalm erreicht.

es wird ein schöner Tag

Ein verstecktes Kleinod auf 1.645m. Die Alm mit ihrer wenig flachen Almfläche ist eingebettet zwischen Hirschensteigkopf, Dristkopf und Dristlköpfl im Übergangsgrat zu den Hochflächen der Naudersalm, einem augenscheinlichen Gebiet der Reliefüberschiebung des Karwendels.

Dristlalm auf 1.645m

Oberhalb der Dristlalm führt der Aufstieg bis auf rund 1.750m durch einen lichten Lärchenwald zum Dristlköpfl, der in der Abfahrt wunderbar zu durchfahren ist. Der Dristlköpfl mit 1.827m wird allerdings nicht erreicht, vorher geht es schon wieder abwärts.

Aufstieg zum Hochpunkt der Vorberge – im Hintergrund die Rappenspitze bereits sichtbar

Nach dem Hochpunkt wird das Almgelände verlassen, der Verbindungsgrat zur Kette wird betreten. Ungefähr 40Hm Abstieg (bzw. Abfahrt bei genügend Schnee) zum Brunntal stehen auf genügend breitem Gratrücken bevor.

das Brunntal mit dem steilen Kar – Schlüsselstelle der Tour

Der Übergang vom Ende des Abstieges bis zu den freien Flächen des Brunntales erfolgt unterhalb der Felsen durch lichten Baumbestand.

kurzer Abstieg am Verbindungsgrat

Der Übergang besteht aus einem leichten Auf und Ab, er ist teilweise recht steil aber dafür nicht besonders lang.

Aufstieg im Kar im Brunntal

Am Ende des Überganges wartet das Brunntal gleich mit einer steilen Freifläche auf, in der Tage zuvor Gleitschneelawinen (wie ich später identifizieren konnte) abgegangen sind. Ich durchquerte die bereits verfestigten Lawinenreste und versuchte an deren Rand so hoch wie möglich aufzusteigen, um den Hang möglichst weit oben zu queren. Die Schneequalität war grenzwertig, trotz klarer Nacht hatte es auf 1.850m nur oberflächliche nächtliche Verkrustungen der Vortagesschmelze gegeben.

sie schattigen Teile habe ich für den Aufstieg ausgesucht

Mein Ziel war es den freien Hang so rasch als möglich zu durchqueren und die Felspartien im Süden, die noch weitgehend im Schatten lagen, zu erreichen sowie knapp unterhalb dieser aufzusteigen.
Das Vorhaben gelang ohne große Zwischenfälle, jedoch ließ wider Erwarten die Schneequalität knapp unterhalb der Felsen nach. Also stieg ich einige Meter tiefer in gut 35° geneigtem Gelände mit etwas angespannter Stimmung weiter auf den höheren Teil des Kares zu und erreichte wieder bessere Schneequalität für den folgenden Abschnitt.

Aufstieg im Kar im Rückblick

Der Neigungsschatten des kleinen Felssporns mittig im Kar wurde unterhalb für Spitzkehren genutzt und oberhalb wieder zum Hinausqueren auf die noch schattigen Hangpartien zum Nauderer Kar hinauf.

der obere Teil des Kares

Oben, im Nauderer Kar hatte die Sonneneinstrahlung und Tageserwärmung den Schnee bereits völlig aufgeweicht und alle flachen Partien wurden zum schweißtreibenden Erlebnis. Dies veranlasste mich auch den Rücken zum Larchkarlkopf ab dem Übergang vom Kar für den weiteren Aufstieg zu nehmen, anstelle durch das Nauderer Kar zur Ostflanke des Rückens weiter zu gehen. Ich vermutete dort bessere Bedingungen als im flachen Nauderer Kar und der völlig sonnenzugewandten Flanke auf den Rücken zum Gipfelaufschwung.

bereits im flachen Nauderer Kar

Der Aufstieg über den harmlos aussehenden Aufschwung auf den Rücken war aber alles andere als eine Besserung der Verhältnisse, im Gegenteil. Durch die exponierte Lage erwies sich der Aufstieg, der auch wesentlich steiler ist, als er von unten aussieht, dermaßen weich, daß auf manchen Schritten der Schi bis zum Knöchel versank. Ganz oben am Übergang mußte ich stapfen, da kaum Fortkommen möglich war.

sehr warm schon und weicher Schnee

Der Mühe Lohn bestand in dem gut gangbaren flachen Teil des Rückens bis zum Gipfelaufschwung, bei dem ich Schidepot machte, denn die Ostflanke der Rappenspitze war völlig aper und trocken. Von dort stehen noch ca. 100Hm zum Gipfel an.

eindrucksvolle Wechten immer noch vorhanden

Über den ausgeaperten Sommerweg ging es hinauf zum Gipfel, den ich um 11:10 erreichte.

die Rappenspitze – man sagte mir Fotos mit Personen müssen sein…

Der phantastische Frühlingstag lies wieder einmal in ein prächtiges Panorama schauen. Im Westen die im Sommer und Herbst schöne Überschreitung vom Staner Joch bis zur Rappenspitze mit Blick – rechts im Bild – zur Glocknergruppe.

Blick nach Osten zum Staner Joch

Im Süden der gewaltige Grat von der Fiechterspitze bis zum Hochnissl und links dahinter die Zillertaler mit dem Olperer als höchsten Gipfel, alles traumhafte Touren, hier am Blog zu finden.

der Süden – Auslauf der Vomperkette von Fiechterspitze bis Hochnissl

Die höchsten und verstecktesten Karwendelgranden an diesem Tag sehr scharf zu sehen im Westen. Vom viel besuchten Kletterberg der Lamsenspitze über den anspruchsvollen Skitourenberg des Hochglück, die schöne Grubenkarspitze im Tiefsten des Roßloches, die gewaltig schwarzen Laliderer Wände, der Birkkarspitze und der noch schöneren spitzen Nachbarin, der Kaltwasserkarspitze bis zum imposant freistehenden Sonnjoch ganz rechts reichte der Blick.

Nauderer Kar mit Dristkopf und Achensee im Hintergrund

Nach Norden ein farblich krasser Gegensatz mit dem weißen Nauderer Kar zu Füßen der Rappenspitze, dahinter die schon angeaperte Dristlalm sowie in naher Ferne der grüne Achensee.

Gipfelaufbau der Rappenspitze

Angetrieben durch die Verschlechterung der Verhältnisse im Brunntalkar gönnte ich dem Auge keinen längeren Blick auf die Alpenschönheiten, sondern machte mich nach gut einer Viertelstunde wieder auf den Rückweg. Um halb zwölf war es höchst an der Zeit von 2.100m abzufahren.

Abfahrtsspuren über die Flanke vom Rücken und im Kar zu sehen; man beachte die bereits eingeebnete Aufstiegsspur rechts

Die Flanke in das Nauderer Kar hinab war schon sehr tief aufgeweicht und unten wurde es schwer auch weiter angelegte Schwünge zu drehen.
Mit so viel Schwung als möglich versuchte ich dem Gehen im flachen Kar zu entrinnen was weitgehend gelang. Nur wenige Meter bis zum Übergang ins steile Kar benötigten Grätschschritte.

spannende Abfahrt ins steile Kar

Die sinnvollste Route über das steile Kar hinab erschien die Aufstiegsspur zu sein. Also legte ich die Schwünge entsprechend und die Verhältnisse hielten sogar dem Druck der Schwünge stand, sodaß der erste Teil der Abfahrt fast wie eine optimale Firnabfahrt zu werten war.

die Querung – hier hätte ich besseren Schnee erwartet

Die Querung unterhalb der Felsen von der Kaserjochspitze herab erfolgte dann wieder in wenig tragfähigem und aufgelockertem Schnee. Die Einflüsse durch Tropfwasser von den Felsen oberhalb dürfte der Grund für die schlechte Schneequalität gewesen sein.

am Ende der Abfahrt im Kar im Brunntal angekommen – man beachte den trügerischen Wiesenhang

Unterhalb der Querung, im freien Wiesenhang, den ich am meisten fürchtete, wurde der Schnee aber wieder besser und die Konsistenz ließ schöne Schwünge in der Falllinie zu.

Rückblick auf den ersten Teil der Querung zum VerbindungsrückenNach der Gleitschneelawine und dem restlichen Teil des steilen Hanges war ich doch recht froh am Weg zur Querung angelangt zu sein und die Wiesenhänge hinter mir gelassen zu haben. Gleitschneelawinen auf steilen Wiesenhängen waren im heurigen Winter eine der Gefahrenquellen Nummer eins.

Querung unterhalb der Felsen

Gegen Ende der Querung erschien es praktisch die Schi am Rucksack zu tragen und zu Fuß die aperen und die zwar schneebedeckten, aber schlecht gangbaren Stellen zu überqueren. Ebenfalls am teilweise ausgeaperten Gratrücken zum Hochpunkt des Überganges zur Alm.

Verbindungsrücken zur Dristlalm

Hinab durch die herrlichen Lärchen zur Alm konnte noch halbwegs gut gefahren werden, wenngleich Schwünge schon einiges an Kraftanstrengung kosteten und vornehmlich im Steilen angelegt wurden. Eine Rast auf der Alm kam daher wie gerufen.

Rückblick auf die Abfahrt

Zwei junge Burschen ohne Gamaschen saßen schon mit recht durchweichten Bergschuhen auf der Bank vor der Alm denen ich einen Gipfelschnaps ausgab. Man unterhielt sich bevor ich versuchte auf der Bank einzudösen.

Gelände der Dristlalm

Die Einstrahlung war jedoch so groß, daß das Vorhaben wegen durchnässtem Leibchen und dem Interesse an den Lockrufen der Kröten nach zehn Minuten aufgegeben wurde.

die Amphibien erwachen

Das befinden sich doch glatt auf 1.650m Höhe eine Unzahl an Kröten in den kleinen Pfützen rund um die Alm und nicht nur dort, weit ab von Wasser, auf Schneeflächen tummelte sich das Getier, zu einer kleinen Dokumentation anregend:

So schön die Stunde auch war, nach einer dreiviertel Stunde brach ich wieder zur Abfahrt auf – der Weg zum Parkplatz war noch lange und es gab noch weiteres zu tun.

Herzl oder Afrika?

Als schönsten Teil der Abfahrt durch das Legertal empfand ich die Rinne und die folgenden 100Hm. Zum einen war dort schöner Firn und lichter Wald mit großen freien Flächen.

die Rinne zum Legertal

Weiter unten mußten die engen Waldpassagen bedient werden, wobei die Kombination aus Geschwindigkeit und Drehvermögen im weichen Nassschnee die übliche anfängerische Figur machte. Immer wieder abruptes Abbremsen und wenden fast im Stehen wurde notwendig.

von der Rinne ins Legertal geblickt

Einigermaßen angestrengt erreichte ich wieder die Stelle, an der die Abfahrt plötzlich nicht mehr möglich war und suchte nach den deponierten leichten Bergschuhen im Gebüsch.

fast am Ende der Abfahrt

Mit den nun am Rucksack verstauten Schi und Schuhen ging es hinab zur Falzthurnalm und den langen Weg hinaus zum Parkplatz, gesamt in etwa 300Hm und knapp eineinhalb Stunden, wie auch für den Aufstieg bis dorthin.

so geht es den langen Weg hinab zum Parkplatz

Der Zeitbedarf incl. den Fußmärschen vom Parkplatz zur Falzthurnalm und zurück betrug gut sieben Stunden mit einem viertelsündigem Gipfelaufenthalt und einer Dreiviertelstunde auf der Dristlalm.
Die Strecke betrug sieben Kilometer bei 1.350m im Aufstieg und die reine Aufstiegszeit dreieinhalb Stunden.

Mils, 21.04.2018