Bekannt ist die Schitour auf die Grünbergspitze vom Navis- und vom Arztal aus, man kann sie aber auch vom Voldertal aus unternehmen und erlebt bei dieser Variante phantastische Schihänge hinab nach Steinkasern. Im Frühjahr ist sie besonders reizvoll und eine weitgehend einsame Landschaft ab der Vorbergalm wartet ihrem Besucher meist mit unberührten Hängen auf, die nach dem Hochwinter kaum mehr begangen werden. Das Tragen der Ausrüstung bis knapp nach die Vorbergalm dient dem geistigen Handschlag mit der Natur und garantiert ganz nebenbei eine gegen null gehende Besuchsfrequenz. Nach dem Räumen des Weges kann der lange Anmarsch durch die Fahrt bis zum Parkplatz Nösslach verkürzt werden.
So wie mit vielen Taleinfahrten ist es dieser Tage auch mit der Einfahrt ins Voldertal ein Kreuz. An und für sich wären die Regeln klar und können auch auf Hermanns interessantem Blog Das Voldertal studiert werden, die Realität ist in der Zeit in der noch nicht der Andrang des Sommers herrscht aber meist eine andere. Was macht man um 6:30 Uhr, wenn der Mautautomat noch immer mit einer Winterhaube gegen Erkältung geschützt und funktionsunfähig ist und man alle Tourenplanung und -vorbereitung auf den Erwerb der Einfahrtsberechtigung bei diesem stummen Gemeindebeamten gesetzt hat?
Die Antwort ist einfach: der Tiroler fährt in das Tal ein, weil er nichts falsch gemacht hat und die Berechtigung ja erwerben wollte. Rein rechtlich sähe das anders aus erhielte man Kenntnis über die Ungehörigkeit; man hat die Berechtigung zur Einfahrt nicht erworben. Aber auch für diesen Lapsus ist dem Tiroler ein Kraut gewachsen: ein Gentleman genießt, schweigt und vertraut auf Gott. So der Autor, zumindest die nächsten Wochen über.
Die Fahrt auf dem durch Forstarbeiten stark beanspruchten Weg gelingt mit bayerischem Vierradantrieb plangemäß und der Unterbodenschutz erfährt mit biologischen Materialien eine gewisse Renaissance bis zum Parkplatz Nösslach.
Mit der Freude die erhebliche Distanz von Volderwildbad bis zum Tourenziel entscheidend verkürzt zu haben traten wir den Fußmarsch zur Vorbergalm an, bei der die Tour unter Schi vorausgesagt worden wäre.
Gefrorener Boden schon auf 1.450 m in Nösslach verhieß optimale Bedingungen für das Vorhaben und so marschierten wir nach einer großen Gesellschaft ins Tal, die jedoch die einzige an diesem Tag bleiben sollte.
Während die Vorderen das Rosenjoch ansteuerten, wie nach dem Klausboden an den angeregten Unterhaltungen ober uns im schönen Zirbenwald zur Gwannschafalm zu hören war, führte unser Weg über das flache Stück der Klause weiter taleinwärts bis zum Anstieg nach Steinkasern.
Der prächtige Talkessel nach dem Klausboden ist jedes Mal erneut ein Erlebnis und so auch dieses Mal. Durch Blockgestein von der westlichen Talseite herab und dem rauschenden jungen Voldertalbächlein, das sich aus einzelnen Quellen erst bei Steinkasern gebildet hat, führt der Anstieg in mäßiger Steigung gegen die Almgebäude, deren unübersehbares Hoheitszeichen das auf weite Distanz sichtbare kleine Holzkreuz auf dem großen Rutschblock darstellt. Dahinter bauen übergreifende Hangrippen den steil werdenden Talkessel auf, der bereits unter energiereichem Frühjahreslicht erstrahlt.
Im Anstieg zu den Almgebäuden kann man im Hochwinter bei Föhn über das Naviser Jöchl sibirische Kälte und einen unwirtlichen Aufstieg ohne jeglichen Schutz erleben, wie wir bei der Schitour auf die Seekarspitze erfahren haben.
Diesmal war Westwind vorausgesagt, und, auf 2.000 m in Steinkasern noch weit unter seiner Angriffsfläche, erfreuten wir uns der Windstille sowie angenehmer Temperatur im Aufstieg.
Der Hang rechter Hand kurz nach Steinkasern wurde bei einer Trinkpause als Aufstieg ausgewählt. Der Hang führt – wie wir später feststellten – in ein Kar zwischen der Grünbergspitze und dem Rosenjoch, von dem unterhalb des Gipfels zu einem kleinen Sattel vor dem Gipfelaufbau gequert werden kann.
In der Flurnamenerhebung von TIRIS wird er als „Rauchseite“ bezeichnet. Ob dadurch ein Zusammenhang mit den Köhlereien besteht, die Hermann in seinem Bericht Die Köhlereien im Voldertal bespricht, konnte der Autor nicht recherchieren, die Möglichkeit, daß es sich bei der Namensgebung auch um die „raue“ Seite des Tales handeln könnte – sie ist steiler und schroffiger als die in Blickrichtung zum Joch linke Talseite – wäre durchaus möglich.
Von Steinkasern bis zum Gipfel trennen den Tourenfreund noch erhebliche 790 Hm und von unserem Standplatz der Trinkpause aus noch gut 700 Hm, die wir nun über die Rauchseite angingen. Im unteren Teil bleibt die Hangneigung unter 35°, im oberen Teil wird diese über eine kurze Strecke leicht überschritten.
Oberhalb der Rauchseite flacht der Hang zu einem mäßig steilen und fast 800 m langen Kar ab, in dem ein schöner Aufstieg mit tollen Blicken auf die Gegenseite im Tal das Auge erfreut. Eine Geländestufe zur nächsten Karebene wird im letzten Dritten überwunden.
Durch eine engere Stelle zwischen einer Gratausläuferrippe und den Schuttreisen vom Rosenjoch herab erreichten wir eine Biegung, an der die Route von Südwest auf über Süd wechselt. Im Verlauf dieser folgt die nächste Geländestufe, nach der unterhalb des Gipfelaufbaus auf dessen Südseite gequert wird.
Mittlerweile frischte der Westwind auf, der ohne Winterkleidung nicht zu ertragen war.
Im Tal gegenüber befindet sich die Naviser Sonnenspitze, auf die sich vom Lager Walchen im Wattental eine interessante Schitour unternehmen lässt, wenn genügend Schnee liegt.
Die Einflüsse der Wetterfront, die an den Tagen zuvor das Land überquerte waren auch im Triebschnee zu beobachten. In den steileren Partien der Geländestufe hatten wir gegen die unangenehmen Abrutschungen der Schi zu kämpfen, die meist die Nachfolgenden nach dem Zweiten einer frisch angelegten Spur betreffen.
Martin und Evi waren bereits weit voraus und teilweise deckte der Wind die Spur mit Triebschnee fast wieder völlig ein.
Nach der Querung unterhalb des Gipfels folgen etwa 60 Hm Anstieg auf das Sattelchen vor dem Gipfel (es handelt sich dabei nicht um den großen Sattel zwischen Grafmartspitze und Grünbergspitze, gegen den beim Aufstieg von Navis aufgestiegen wird).

Manuel vor dem tollen Grat auf der Gegenseite mit Seekarspitze, Naviser Sonnenspitze und Naviser Jöchl
Der Restaufstieg beträgt vom Sattelchen aus nur mehr 40 Hm, die im großen Bogen über meist freigeblasene Wiesen- oder Felsflächen erfolgen.
Ab dem Sattelchen ist man dem Wind frei ausgesetzt. Bei unserer Begehung erwies sich dieser dermaßen kalt und stark, daß der Gipfelaufenthalt lediglich ein zu ein paar Fotoszenen taugte und wir uns in die einzige Deckung gegen Westwind, einer Felsmulde unterhalb des Gipfelplateaus der Grünbergspitze, zurückzogen.
In dieser ließ es sich mit Sonne wunderbar aushalten, wenn auch die Finger nicht vollends auftauten. Eine Temperaturmessung mit der Bergsteigeruhr zeigte gegen elf Uhr minus zehn Grad – wir schrieben den achten Mai.
Zwei weitere Besucher erhielt die Grünbergspitze an diesem Tag vom Arztal aus, deren Rast sehr kurz ausfiel, womit wir für das Gipfelfoto völlig allein auf der sonst gut besuchten Grünbergspitze standen. Die große Gruppe, die am Parkplatz Nösslach vor uns aufbrach erreichte das Rosenjoch etwa zur selben Zeit wie wir gut 700 m entfernt feststellen konnten.
Zur Abfahrt wählten wir den steilen Hang am Verbindungsgrat zum Rosenjoch. Die geeignetste Stelle befand sich fast im Grattiefsten nach einem Felskopf. Im Gratverlauf vorher war der Hang aufgrund der Steilheit nicht einsehbar und aufgrund der Einwehungen war auch noch unsere Wahl mit Vorsicht zu genießen und einzeln abzufahren.
Lockerer Triebschnee mit leichtem Schmelzdeckel, in dem es sich wunderbar drehen lies, beherrschte den ersten Teil bis zur Biegung, wo wir die Aufstiegsspuren erreichten. Im zweiten Hang merkten wir den allmählichen Übergang zu feuchtem Schnee.
Vor einer steilen Rinne, etwa auf 2.450 m stellten wir weitgehend tief durchnässten Firnschnee fest, der im steilsten Stück bei jedem Schwung viel Höhenverlust auslöste.
In dieser Art blieben die Schneeverhältnisse über die restliche Abfahrt bis sich die Hangneigung deutlich unter 30° verflachte.
Die gesamte Abfahrt gereichte jedenfalls zu großer Freude, denn abgesehen von genussvollen Schwüngen bietet die stufenförmige Topographie des Hangs Abwechslung und in der Gesamtumgebung eine bärige Kulisse.
Das Highlight eines vermeintlichen Gletschers in den Schrofen, vor dem der letzte Hang abgefahren wird, kann von Talboden aus bestaunt werden. Es handelt sich hierbei höchstwahrscheinlich um eine breit gefächerte Quelle.
Im flacheren Teil, vor und nach der Vorbergalm, konnte der spitzere Strahlungswinkel den Schnee nicht so stark erweichen, was uns eine griffigere und doch schön schmierige Oberfläche bescherte.
Ein kleines Päuschen in Steinkasern gönnten wir uns nach dem tollen Erlebnis auf die Grünbergspitze, bis der stärker aufkommende Föhn uns zur Talausfahrt vertrieb.
Unter Schi mit mehrmaligem Abschnallen konnten wir bis kurz vor die Vorbergalm fahren.
Die tolle Frühjahrstour mit Wintertemperaturen in Kammnähe und am Gipfel haben wir in 5:50 Stunden bewältigt, mit einem Gipfelaufenthalt von 40 min und 10 min in Steinkasern.
Der Aufstieg ab dem Parkplatz Nösslach beträgt 1.360 m und die Streckenlänge 7,3km.
Mils, 08.05.2021
- Abmarsch vom Parkplatz Nösslach
- Martin und Evi gut gelaunt
- nach dem Einbinden des Steigs in den Weg zur Steinkasernalm
- Klausboden – rechts über die Brücke zweigt der Anstieg zum Rosenjoch ab
- in Gelände der Steinkasernalm
- sonnige Blicke auf die Steinkasernalm
- sonniger Aufstieg durch die Steinkasernalm
- Steinkasernalm gegen Seekarspitze
- Grünbergspitze nach Steinkasern – den Hang rechst, die Rauchseite haben wir als Anstieg ausgewählt
- Talkessel des Voldertals
- zuerst mit moderater Steigung
- dann steiler über die Rauchseite
- nach oben hin flacht die Rauchseite ab
- im flacheren Teil des Aufstiegs zur Grünbergspitze
- Rückblick auf die Rauchseite
- nächste Geländestufe in der rechten Bildhälfte
- Martin und Evi in der nächsten Geländestufe
- Manuel vor dem tollen Grat auf der Gegenseite mit Seekarspitze, Naviser Sonnenspitze und Naviser Jöchl
- Martin hat die Geländestufe schon fertig gespurt und quert unterhalb dem Gipfel nach Süden
- Aufstieg auf das Sattelchen vor dem Gipfelaufbau
- Rückblick auf die Aufstiegsroute mit Rosenjoch im Hintergrund
- Grünbergspitze am Aufstieg zum Sattelchen
- Restaufstieg vom Sattelchen aus gesehen
- Manuel erreicht den Sattel
- Martin und Evi in der windgeschützten Felsmulde
- Grünbergspitze, 2.790 m
- Manuel am Weg zum „oheiln“
- Tiefblick auf Steinkasern
- Aussicht nach Süden kurz vor dem Gipfel – in der rechten Bildhälfte die hohen Tuxer Gipfel
- Tuxer Hauptkamm in den Zillertaler Alpen
- unsere gemütliche Felsmulde aus farbenfrohem Quarz- und Chloritphyllit
- auch von Navis könnte man die Schitour noch unternehmen, zumindest schon weit vor der Seaplnalm
- Aussicht gegen die herrschenden Windrichtung – auf Seabelesspitz und Pfoner Kreuzjöchl
- die heute überaus kalte Grünbergspitze
- Abfahrt vom Kamm – oberster Hang
- Lockerschneeverhältnisse nach Neuschnee im Mai
- Evi braust hinab
- Rückblick auf den obersten Hang mit Triebschneeeinwehungen
- hoch erfreut über die tolle erste Abfahrt
- Suche einer Fotoposition entlang der Aufstiegsspur
- zeitlose Augenblicke im Voldertal
- Frühjahrsfreuden
- bärige Flanken mit steilen Rinnen hinab nach Steinkasern
- die phantastische Stufe im Rückblick
- der unterste Hang mit dem imposanten Eisfall
- letzter Stopp in Steinkasern – eher zum Genuss als zur Rast
- aus dem Voldertal geblickt
- Rückblick auf Steinkasern
- am Klausboden werden die deponierten Straßenschuhe eingesammelt
- Ende der Abfahrt vor der Vorbergalm
- Rückblick auf den noch beachtlich bedeckten Almweg
- das Abenteuer hat einen grandiosen Tag geformt
- Vorbergalm mit Rosenjoch im Hintergrund
- Anstieg Grünbergspitze vom Voldertal oberer Teil
- Anstieg Grünbergspitze vom Voldertal unterer Teil
- Schitour Grünbergspitze vom Voldertal