Eine klassische Frühjahrstour führt vom kostenlosen Parkplatz Toldern/Schmirn auf die Wildlahnerscharte und den Falscher Kaserer, wie sich der kleine Gipfel neben der Bergstation des Schleppliftes der Hintertuxer Gletscherbahnen nennt.
Um gleich allen falschen Angaben im Internet zu entgegnen, der Parkplatz liegt auf 1.515m, der Falsche Kaserer hat eine Höhe von 3.254m und die Route weißt kaum einen einzigen Meter Zwischenabfahrt auf. Der Höhenunterschied beträgt also 1.739m.
Das Wildlahnertal ist ähnlich kupiert wie die klassischen Talaufstiege im Stubai, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt. So erfreut man sich nach den ersten 380Hm nach der kleinen Hütte eines ausgedehnteren eher flachen Stückes bevor es westseitig durch eine Rinne in der nächsten steilere Stufe zum sich weitenden Tal empor geht.
Am heutigen Tag in diesem außergewöhnlich schlechten Winter um – 7:35 gestartet – war ab dem Parkplatz eine ca. 100Hm messende Tragestrecke erforderlich. Man steckt sie allerdings leicht weg. Weiter oben mußte man nur noch weitere ca. 25m abschnallen und tragen. Die Abfahrt am Weg ist allerdings schon nur mehr die Pflugbreite der Schi breit, eine weitere Woche wird das weißgraue Bandl aber nicht mehr halten.
Ab der kleinen Hütte herrschen aber noch tief winterliche Bedingungen, die Schneequalität ist gut, von rechts (westlich) sind schon ein paar ältere Lawinen abgegangen, die bei der Talausfahrt nicht übel zu queren sind. Übrigens präsentierte sich der Gesamte Aufstieg ab dem Anschnallpunkt als gefroren und fest.
Nach der zweiten Steilstufe empfing man heute leichte bis mittelstarke Windböen mit abwechselnder Windstille dazwischen, also ein recht angenehmer Aufstieg für die eigene Vorstellung nach dem unglücklichen Wetterbericht.
An Sonne allerdings mangelte es kräftig, das wäre für den Vormittag auch anders vorausgesagt gewesen. Dafür wiederum profitierte man hinsichtlich der Lawinenwarnstufe. Keine Sonneneinstrahlung ließ den oberen Teil der Tour (ab ca. 2,200m) nicht zu Firn auftauen und im unteren Teil waren die Verhältnisse bei der Abfahrt vor13 Uhr schon perfekt frühjahrsartig „schmierig“.
Eine große Anzahl an Tourengehern verließ den Aufstieg zur Linken, um den Kleinen Kaserer zu besteigen und so befand ich mich mitten im weiten oberen Wildlahnertal total alleine und genoss die Stille. Der Aufstieg ist mir von Blicken hinab vom Sommer vom Valsertal auf den Olperer bekannt und ich freute mich aufs Wiedersehen – der Olpererferner ist immer eine Freude anzusehen.
Quer von Osten herab zieht der Wildlahnergrat und wenn man ihn von der Kuppe aus, an dem der unterste Teil des Gletschers beginnt ansieht, dann kann man sich vorstellen warum die Namensgebung so bizarr ausfiel – wilde Lahnen mögen hier durchaus herabstürzen.
Der Gletscher wird im Winter eher in seiner Mitte begangen, die Aufstiegsspuren waren teilweise sichtbar und die logische Route konnte man bereits von unten erkennen. Von links, eben vom Wildlahnergrat sind über den Winter einige unangenehm zu gehende Lawinen heruntergegangen, wogegen die Mitte des kleinen Gletschers eine breite gut zu begehende Zunge bildet.
Man möge seine Harscheisen nicht zuhause vergessen, die Steilheit und die Oberflächenbeschaffenheit der Schneedecke mitten im Gletscher sind prädestiniert auch Hartgesottene weich zu klopfen, wenn sie ohne Harscheisen aufsteigen und nach bereits gut 1.300m Aufstieg kann doch durchaus es auch etwas bequemer sein (vielleicht werde ich auch nur alt?).
Der Gletscher stellt die dritte, steilste und längste Steilstufe dar, sie haben sich sozusagen von Beginn an selber gesteigert. Weiters ersehnt man am oberen Saum des Gletschers die vermeintlich „flache“ Strecke zur Wildlahnerscharte. Aber weit gefehlt, der Saum pflanzt sich nach dem Hauptteil des Gletschers weiter fort und endet nach lange nicht dort, wo man ihn immer wieder vermuten möchte.
Endlich aber taucht nicht nur optisch die Antriebsstation des Schleppliftes auf, sondern auch das ab dort durchgehende und mit der Annäherung lauter werdende Surren des Elektromotors.
das einzig Gute an dieser Station ist, daß man hinter dem Liftwart eine vor den Windböen etwas geschützte Position in den Bauten der Station einnehmen kann, um die Felle zu verstauen und sich für die letzten ca. 30Hm ab der Wildlahnerscharte auf den Falschen Kaserer auf 3.254m vorzubereiten.
Ein freundlicher Wink zum Liftwart – wenn er sich denn einmal aus der Konzentration löst und hinter sich blickt – signalisiert den Freund und ein Danke für den Schutz (man dürfte dort nicht stehen…).
Der Rundumblick war heute eben nicht so berauschend, aber nach der weiten Tour, satt über 3.000m erfreute er mich heute trotzdem. Dem zunächst freundlichen, dann zweifelhaften Wetter getrotzt, Vorhaben durchgezogen.
Nicht wenige Bergsteiger wollten doch tatsächlich auf den komplett und dauerhaft in Nebel gehüllten Olperer, mich konnte er heute in keiner Weise locken. Viele Versuche wurden aber auch am Übergang vom Gletscher zum Fels abgebrochen wie ich während des kurzen Aufenthaltes beobachten konnte.
Die Abfahrt über den Gletscher mußte ich ob der diffusen Verhältnisse sehr bedacht ausführen, Nebel zog auch kräftig durch – der April hat soeben begonnen. In fast Schrittgeschwindigkeit mußten manche Passagen befahren werden, besser wurde es ab dem Ende des Wildlahnergrates.
Die weitere Abfahrt war sehr akzeptabel und wie bereits erwähnt mit leichtem Firn auf meist tragfähigem Untergrund, ideal zum Hinabschwingen wie im Buche.
Die Aufstiegszeit bis zum Lift auf der Wildlahnerscharte betrug 3 3/4 Stunden, von dort zum kreuzlosen Gipfelchen des Falschen Kaserers knapp 10min. Höhenmeter: 1.738
Gesamtzeit mit Pausen und Abfahrt: 5 1/4 Stunden.
Mils, 01.04.2017